Kirche in Gatersleben Kirche in Gatersleben: Rettung für beschädigte Altarfigur

gatersleben/MZ - „Maria hat ein neues Knie“, freut sich Pfarrerin Friederike Holtz und schmunzelt: „Es ging ganz ohne Krankenkasse, aber mit der Unterstützung vieler Spender.“ 800 Euro hatte die Kirchengemeinde von Gatersleben nämlich für die Rettung der hölzernen Altarfigur zusammenbekommen. Gesammelt bei Gottesdiensten, dem lebendigen Adventskalender und der Dachziegel-Aktion, bei der sich die Leute auf der Innenseite des neuen Kirchdaches verewigt hatten (die MZ berichtete). Dazu kamen dann noch einmal 2 500 Euro, die von Lutz Kühne von der in Gatersleben ansässigen Allianz-Versicherung gespendet wurden.
Dafür konnte die Kirchengemeinde die zur Kreuzigungsgruppe des Gaterslebener Stephani-Altars gehörende Maria nun restaurieren lassen. „Seit Herbst war sie weg, jetzt ist sie zurück“, erzählt Friederike Holtz und weiß, dass die Erfurter Restauratorin Christine Machate, die noch viele andere Aufträge hatte, erst im März mit den Arbeiten beginnen konnte. „Aber bei uns drängte es ja nicht so.“
Doch nun kann Maria wieder himmelsgleich schauen. Was nicht einfach war, gesteht die Pastorin. Denn der Holzwurm - auch bekannt als Gemeiner Nagekäfer - hatte seinem Namen alle Ehre gemacht und wirklich gemeine Fraßschäden an der Figur hinterlassen. „Sie war so holzwurmzerfressen, dass eine normale Festigung der Fassung nicht möglich war“, denkt Pastorin Holtz an das Holzmehl und die vielen Löcher. „Das Holz war wie ein Schwamm, auf den man nichts draufpinseln konnte“, vergleicht sie das.
Die Nagekäfer waren auch daran schuld, dass das Knie der Maria völlig lädiert war, Zeigefinger und Daumen der rechten Hand fehlten, Stücke des hölzernen Saumes abgeplatzt waren und die Farbe abbröckelte. Dazu kamen Unmengen von Schmutz. Die gesamte Altarfigur war eingestaubt und spinnwebenverhangen, der Kopf von Vogelkot verätzt.
Zusätzlicher Schutz gegen erneuten Holzwurmbefall
Diese Schäden hatte die Restauratorin akribisch aufgelistet. In einer Dokumentation, die sie der Kirchengemeinde mitgegeben hat. Darin sind auch die Arbeitsschritte der Säuberung und Restaurierung aufgeführt und Vorher- und Nachher-Fotos angehängt. So weiß Friederike Holtz zum Beispiel, dass - da alle herkömmlichen Verfestigungsmethoden nicht fruchteten - mit Paraloid B72 das stabilste Harz seinen Einsatz fand. Das wurde in das zerfressene Holz hineingespritzt, die Fassung damit unterfüttert, damit der Werkstoff umfassend gehärtet und somit konserviert werden konnte.
Zudem soll Maria bald einen Ausflug nach Kleinwanzleben unternehmen. „Dort wird die Kirche gegen Holzwürmer begast, da bringen wir die Figur - dazu zwei Schränke und zwei Bibeln mit Holzdeckel - gleich mit hin“, meint die Pfarrerin, die angesichts des extremen Holzwurmbefalls auf Nummer sicher gehen will.
Da die Gaterslebener Kirchengemeinde mehr Spenden für die Rettung der Maria bekommen hat, als nötig war, ist nun noch Geld über. Das soll, so informiert Pfarrerin Friederike Holtz, für die Restaurierung des Altars genutzt werden. „Nicht sofort“, meint die Pfarrerin.
Aber die Reinigung und die Konservierung des Holzes sind auch hier dringend nötig. „Gerade an der Kanzel blättert es schon ganz schön“, weiß Pfarrerin Holtz und erzählt von abgehender Farbe, staubigen Schichten und einer unfachmännischen Übermalung aus vergangener Zeit. (gin)
Auf Seite 2 lesen Sie, warum Marias Kleid nun grün, anstatt wie ursprünglich rot, leuchtet.
Gewand in neuer Farbe
Doch nicht nur der Holzwurmschutz spielte bei der Restaurierung der Altarfigur eine Rolle. „Da wir so viel Geld zusammenbekommen haben, wurden auch gleich die fehlenden Holzteile ersetzt“, zählt die Pfarrerin Hand und Saum, vor allem aber das Knie der Maria auf. „Die Farbe hat man an diesen Stellen so ergänzt, dass man es sieht, das ist gewollt“, weiß Friederike Holtz und ist von den erhaltenen Farbschichten, die durch die Reinigung wieder zum Vorschein gekommen sind und förmlich leuchten, ganz begeistert. „Man sieht einen deutlichen Unterschied“, nickt sie angesichts des nun wieder weißen Kopftuches und des satten Grüns des Kleides.
Das war übrigens nicht immer so, hat Restauratorin Christine Machate bei ihrer Arbeit entdeckt. Denn einstmals war Maria in ein rot gelüstertes Kleid gewandet und hatte einen güldenen Umhang. „Rot gelüstert, das bedeutet, dass drunter Gold war, das mit Rot übermalt wurde“, erklärt die Pfarrerin und findet: „Das sah schick aus!“
Dass aus dem Goldrot Grün wurde, macht die Gaterslebenerin auf das 19. Jahrhundert fest. „Wahrscheinlich war da die alte Farbe schon ziemlich abgeblättert.“ Deshalb will die Kirchengemeinde die neue Farbgebung vorerst auch nicht ändern.
„Wir lassen es erst einmal so, sonst müsste man ja alles neu machen“, meint Pfarrerin Holtz und lacht: „Man muss den kommenden Generationen ja auch was an Aufgaben überlassen.“
