Irischer Künstler Collin Crotty Irischer Künstler Collin Crotty: Von Dublin nach Aschersleben

Aschersleben - Mal kurz etwas besorgen und deshalb mit dem Fahrrad schnell nach Hettstedt - oder am Abend mit den Künstlerkollegen an den Badesee in Frose. Wenn Colin Crotty in Aschersleben und Umgebung unterwegs ist, dann gehört es inzwischen dazu, sich in den Sattel des Drahtesels zu schwingen. Die meiste Zeit verbringt er gegenwärtig allerdings in einem Atelier der Kreativwerkstatt des Bestehornparks. Colin Crotty gehört zu den vier bildenden Künstlern, die im Rahmen eines Kunststipendiums über mehrere Wochen in Aschersleben arbeiten.
Menschen stehen im Mittelpunkt
Auf eine Glasscheibe, die dem in Dublin lebenden Iren als Palette dient, hat er zahlreiche Kleckse der Ölfarbe gedrückt. Wenn die auf der Scheibe noch leuchtenden Farben den Weg auf den Bildträger, meist mit Leinwand bespannte Holzrahmen, gefunden haben, dann verwandeln sie sich in ein eher gedecktes, grau meliertes, aber umso spannenderes Leuchten. Daraus entwickeln sich schließlich Szenen, in deren Mittelpunkt junge Menschen stehen. Jugendliche in Umgebungen gestellt, die sich der Künstler aus seinem eigenen Erleben und Beobachten zusammenbaut. Und fast immer steht dabei die Zeit des Erwachsenwerdens im Kontext zu gesellschaftlichen Entwicklungen. „Meine Bilder sind meist Kompositionen aus Situationen, die an verschiedenen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden haben“, erklärt der 41-jährige Crotty. Dabei bevorzugt er nicht nur die Ölmalerei als Ausdrucksmittel, sondern auch die eher kleinen Formate.
Aschersleben dient als Inspiration
Auch in Aschersleben ist er in Sachen Inspirationen längst fündig geworden. Es gäbe hier viel zu entdecken, wenn man nur mit offenen Augen unterwegs ist. Auch, wenn er und seine Künstlerkollegen schnell festgestellt hätten, dass am Abend in Aschersleben ganz schnell Ruhe ins gesellschaftliche Leben der Stadt einkehre. Zumindest im Vergleich mit seiner Wahlheimat Dublin ist das für ihn eine neue Erfahrung.
Als Colin Crotty erfährt, dass Aschersleben als älteste Stadt des Landes Sachsen-Anhalt gilt, horcht er auf. Da kann er gut mithalten, denn auch sein Geburtsort - Waterford - wird oft als älteste Stadt Irlands bezeichnet. Zumindest lässt sich deren Stadtgeschichte bis zur Ankunft der Wikinger zurückverfolgen.
... ist 1974 in Waterford, Irland, geboren. Er studierte an Kunsthochschulen in London und Cork und stellt seit Jahren in zahlreichen professionellen Institutionen Irlands und Großbritanniens aus. Er lebt in Dublin und arbeitet als Dozent am Crawford College of Art and Design Cork.
Der Künstler konzentriert sich in seiner Kunst besonders auf die Adoleszenzphase und beschäftigt sich mit dem Prozess des Erwachsenwerdens im Lichte gesellschaftlicher Veränderungen. Die zeitgenössischen Szenen seiner Malerei auf öffentlichen Plätzen, Parks und anderswo haben eine künstlerische Verbindung zur Bildgattung der „Fête galantes“ des 18. Jahrhunderts in Frankreich.
In Aschersleben möchte er sich während seines Stipendienaufenthalts insbesondere durch die hiesigen Parklandschaften inspirieren lassen.
Kunstinteressenten und neugierige Ascherslebener haben in der nächsten Woche übrigens die Gelegenheit, einen Blick auf die aktuellen Arbeiten von Colin Crotty zu werfen. Am 20. August stehen nämlich die Türen der Ateliers im Ascherslebener Bestehornpark von 12 bis 18 Uhr den Besuchern offen. Nicht nur Colin Crotty, auch die Amerikanerin Laura Bruce, der Ungar Róbert Batykó und David Benforado aus Griechenland präsentieren im Rahmen dieses Tages des offenen Ateliers ihre Arbeiten und wollen mit den Besuchern ins Gespräch kommen.
Passenderweise findet am selben Tag in der benachbarten Grafikstiftung Neo Rauch auch der erste von vier Grafiktagen statt. Dabei handelt es sich um Tagesworkshops, in denen sich die Teilnehmer unter Anleitung von Künstlern dem Thema „Bildgeschichten“ widmen. Inhaltlich geht es um das zeichnerische Gestalten sowie die Umsetzung mit grafischen Mitteln, teilt die Stadtverwaltung mit.
Zum Abschluss ihres Aufenthalts in Aschersleben geben die vier renommierten Künstler noch einmal während der „Langen Nacht der Kultur“ am 5. September in einer gemeinsamen Ausstellung einen Einblick in ihr mehrwöchiges Schaffen in der ältesten Stadt Sachsen-Anhalts. (mz)