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«In jeder Ecke bellt es anders»

Von Jochen Miche 18.02.2005, 20:38

Giersleben/MZ. - Frau Clauhs bringt täglich außer sonntags vielen Familien in Giersleben die "Mitteldeutsche Zeitung". Aus diesem Grunde steht sie so zeitig auf, lässt den Wecker schellen, der auch ihrer Nachbarin sagt: Es gibt was Neues zu lesen.

Die MZ-Zustellerin absolviert zunächst eine Runde gemeinsam mit ihrer Tochter Gieslinde Schunke. Die 46-Jährige bringt mehr als doppelt so viele Zeitungen an den Mann beziehungsweise die Frau wie sie selbst. "Sie hat die Außentour, durchs Unterdorf und hinter der Schranke lang. Da ist es an manchen Stellen duster und ganz unheimlich - da lasse ich sie doch nicht allein gehen", beteuert Frau Clauhs, die mit ihren 67 Jahren ausgesprochen rüstig wirkt.

"Ich gehe bei Wind und Wetter los", sagt sie und ergänzt: "Seit ich die MZ austrage, war ich noch nicht einmal krank. Die frische Luft härtet ab." Nach der ersten Stunde in Begleitung ihrer Tochter - einer nimmt die linke, der andere die rechte Straßenseite - geht sie ab halb fünf Uhr auf die eigene Tour. Die ersten Zeitungen versenkt sie in der Hecklinger Straße in den Briefkästen. "Ich mag aber eher die Zeitungsröhren. Das geht schneller." Vor allem, wenn noch Post vom Vortag aus den Kästen quillt, wird es schwierig, die MZ vor dem Wetter geschützt zu verstauen.

Es freut sie, dass die Straßen gut beleuchtet sind. "Vor ein paar Jahren - das war noch vor unserem jetzigen Bürgermeister - brannte plötzlich nur noch jede zweite Lampe. Da bin ich aber runter auf die Gemeinde und habe gesagt: Leute, das wird aber nichts! Und sie haben es wieder ordentlich gemacht."

Sie zieht ihren Wagen durch die Siedlung, Garten- und Friedensstraße, als ein Hund anschlägt. "In jeder Ecke bellt es anders", sagt sie, als gleich darauf ein anderer Vierbeiner kläfft. Wirklich gebissen habe sie jedoch noch kein Hund. Auch während der zehn Jahre, als sie für die Post Briefe und Pakete austrug. "Was habe ich da noch mit den Leuten geschnattert", erinnert sie sich lachend. Heute begegnet sie oft wochenlang keinem Menschen auf ihren zwei Frühtouren. Erst wenn sie Kataloge austrägt, kommt es hin und wieder zu einem Schwatz.

Auf die Frage, warum sie noch als Zustellerin arbeite, antwortet sie: "Weil es Spaß macht und ich das Geld brauche. Und außerdem hat meine Oma - Ida Baumann - immer gesagt: Wer rastet, der rostet." Gegen halb sechs, am Ende ihrer zweiten Tour - sie hat gerade die Linden- und die Kantstraße hinter sich -, freut sie sich allerdings doch auf das Frühstück. Wenn es hell wird, geht es noch mal los, bepackt mit Quelle-, Neckermann und sonstigen Katalogen. Nach dieser dritten Tour merkt Magda Clauhs allerdings doch ihre Knochen.

Spätestens beim Weckerklingeln am nächsten Morgen gegen viertel vier weiß ihre Nachbarin, Gretchen Knecht: Magda zieht wieder los.