1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Aschersleben
  6. >
  7. Humanitäre Hilfe in Quedlinburg: Humanitäre Hilfe in Quedlinburg: Durchblick für Afrika

Humanitäre Hilfe in Quedlinburg Humanitäre Hilfe in Quedlinburg: Durchblick für Afrika

Von Anne Schneemelcher 10.02.2015, 11:46
Stefan Pingel erklärt seiner Auszubildenden Ronja Kühne in seinem Geschäft in Quedlinburg wie er mittels eines Refraktionskoffers zuerst die Sehschwäche beider Augen ermittelt, bevor er dann passende Brillen für die Patienten in Namibia auswählt.
Stefan Pingel erklärt seiner Auszubildenden Ronja Kühne in seinem Geschäft in Quedlinburg wie er mittels eines Refraktionskoffers zuerst die Sehschwäche beider Augen ermittelt, bevor er dann passende Brillen für die Patienten in Namibia auswählt. C. wohlfeld Lizenz

Quedlinburg - „Brillen für Namibia“ lautete ein Aufruf in einer Fachzeitschrift für Optiker.

Der Artikel ließ Stefan Pingel nicht los. Er setzte sich mit den Verantwortlichen in Verbindung und wollte wissen, was dahintersteckt. Was mit einem Spendenaufruf für Sehhilfen begann, endet für den 44-Jährigen in wenigen Tagen mit einem Flug in die Hauptstadt Windhoek. Dort im Krankenhaus liegen bereits mehrere tausend gebrauchte Brillen aus Deutschland bereit. Aufgearbeitet, gerichtet und nach Stärke sortiert - mit den Gläsern ihrer Vorbesitzer.

Brillen verteilen und Augen überprüfen

Pingel wird zwei Wochen lang die Augen der Afrikaner überprüfen und die gespendeten Brillen verteilen. Selbst, wenn die Stärke nicht exakt passt, weiß der Optiker, der seit 1998 ein Optikergeschäfte am Kornmarkt in Quedlinburg führt, dass die Betroffenen eine Verbesserung merken werden. „Für die Menschen dort ist es normal, die Welt so zu sehen, wie sie sie gerade sehen. Ich denke, da werden schon Aha-Effekte kommen“, sagt er.

Gerade für Handarbeiten und andere handwerkliche Tätigkeiten sei es wichtig, gut sehen zu können, so Pingel. Doch die meisten Afrikaner können sich keine Brille leisten, selbst, wenn ein Augenarzt diese verschreibt. Abgesehen von den Kosten einer Brille ist es in dem dünn besiedelten Land nicht einfach, einen Optiker in erreichbarer Nähe aufzusuchen.

Das „Eye-Camp-Projekt“

Aufgeregt ist der gebürtige Brandenburger auch. Denn das ganze Drumherum ist ein einziges Abenteuer. Angefangen bei den Organisatoren: „Das ist eine wirklich kuriose Konstellation, die vermutlich aus einer Urlaubsbekanntschaft hervorgegangen ist“, sagt er. Ein Ehepaar aus der Nähe von Meißen ist Pingels Ansprechpartner. Da die Ehefrau in einem Reisebüro arbeitet, stellt das Paar den Flug bereit. Sie haben auch den Kontakt zu Helena Ndume hergestellt. Sie ist die Augenärztin, die Pingel in Namibia unterstützen wird. Ndume leitet die Abteilung Augenheilkunde im Windhoeker Zentralkrankenhaus.

Ob Kinder- oder DDR-Gestell, ob Sonnenbrillen mit oder ohne Stärke - Hauptsache, die alten Sehhilfen nicht wegschmeißen. Die Brillen, die Optiker Stephan Pingel in Namibia an Menschen mit Sehschwäche verteilt, kommen aus Deutschland und sind gebraucht und alt. Ein Optiker-Kollege arbeitet die gespendeten Sehhilfen auf und notiert die Glasstärken an den Gestellen. Somit können die Brillen dann an ähnlich schwachsehende Menschen weitergegeben werden.

In Namibia leben laut Angaben des Auswärtigen Amtes 2,3 Millionen Menschen (Stand November 2014). Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt unter der internationalen Armutsgrenze. Die Hauptstadt Windhoek ist das wirtschaftliche und politische Zentrum des Landes. Mit etwa 320.000 Einwohnern ist sie außerdem eine der größten Städte von Namibia. Der Name des Staates leitet sich von der Wüste Namib ab.

Wer noch alte Brillengestelle besitzt, kann diese bei „M&G Augenoptik“ am Kornmarkt 7 in Quedlinburg abgeben. Die Sehhilfen werden dann aufgearbeitet und nach Namibia geschickt für die nächste Hilfe-Aktion.

Sie hat in Deutschland Medizin studiert und ruft seit ihrer Rückkehr nach Afrika zu Spenden auf. Vor vielen Jahren hat sie das „Eye-Camp-Projekt“ ins Leben gerufen. Die Initiative versucht, durch kostenlose medizinische Eingriffe Sehschwächen zu heilen. „Die Ärzte dort haben ganz andere Dinge zu tun, als Sehtests durchzuführen“, sagt der Optiker. Pingel weiß nicht mal, ob ihn jemand vom Flughafen abholt. „Ich habe gehört, dass zurzeit keine Autos dort fahren, weil es kein Benzin gibt.“

Ein Gutes Gefühl anderen zu helfen

Gern hätte er Kollegen mit auf seine Reise genommen, doch die sind im letzten Moment abgesprungen. Pingel macht keinen Rückzieher: „Es ist ein gutes Gefühl, anderen dabei zu helfen, dass es ihnen ein wenig besser geht.“ All die Berichte über Ärzte, die bei der Ebola-Seuche geholfen haben, haben ihn bestärkt, das allein durchzuziehen. Auch, weil sein Abenteuer nicht über eine Organisation veranstaltet wird, sondern privat. Fremd ist Pingel das Land aber nicht. Voriges Jahr machte er mit seiner Freundin dort Urlaub. Hinzu kommt, dass es die personelle Situation im Februar zulässt. „Die einzige Leidtragende ist meine Freundin, denn die kommt nicht mit“, sagt er. (mz)