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Hochwasser in Lödderitz Hochwasser in Lödderitz: Neue Stärke für den Wall

Von marko jeschor 08.06.2013, 16:06
Günther Ribbe (l.) von der Freiwilligen Feuerwehr Aschersleben hielt einen kurzen Plausch mit dem Bundesverteidigungsminister.
Günther Ribbe (l.) von der Freiwilligen Feuerwehr Aschersleben hielt einen kurzen Plausch mit dem Bundesverteidigungsminister. Marko Jeschor Lizenz

lödderitz/MZ - Günther Ribbe hatte gerade die nächste Schubkarre voll Sandsäcke abgeliefert und war zum Sammelpunkt zurückgekehrt, als sich der ältere Herr, um den sich Feldjäger und Medienleute tummelten, zu ihm umdrehte. Wo er herkomme und was er gemacht hätte, wenn er nicht hier am Deich gewesen wäre, wollte der Herr von Ribbe wissen. Der Kamerad der Freiwilligen Feuerwehr Aschersleben schaute einigermaßen verdutzt und antwortete entsprechend knapp: Aus Aschersleben. Geschlafen, weil er aus der Nachtschicht gekommen wäre.

Der Herr war Thomas de Maizière. Der CDU-Bundesverteidigungsminister war Freitagmittag nach Lödderitz (Stadt Barby) gereist, um sich vor Ort die Arbeiten zum Schutz der Elbdeiche anzuschauen. Der Minister besuchte dabei überraschend auch den Abschnitt, an dem Kameraden aus Aschersleben, Hoym, Frose und Nachterstedt seit einigen Tagen unzählige Sandsäcke fast ununterbrochen schleppten, um das Gebiet vor den Wassermassen zu schützen. „Hier zu helfen, ist wichtiger als mit Minister zu sprechen“, sagte Ribbe, nachdem Thomas de Maizière weitergezogen war.

In dem Biospährenreservat zwischen Breitenhagen und Groß Rosenburg türmen sich an den Feldwegen riesige Sandberge. Die Vögel zwitschern aus den Baumkronen ihre Lieder, es riecht nach feuchtem Gras. Tiefe Spurrinnen von Fahrzeugen der Bundeswehr weisen den Weg zur vordersten Front. Dort fließt das Wasser der Elbe kaum merklich am Deich entlang, keine zwei Meter von den Helfern, die den grünen Wall etwa 15 Zentimeter auftürmen. Man möchte den Campingstuhl ausklappen und die Angel auswerfen. So idyllisch ist es hier. Das Wasser sei in den vergangenen Tagen nicht weiter gestiegen, berichten Helfer. Und obwohl die Atmosphäre durchaus entspannt ist, gibt es keine Entwarnung. Tatsächlich ist der Kilometer lange Deich an dieser Stelle der Elbe aufgrund des großen Drucks bereits ziemlich aufgeweicht. An einigen Stellen hinter dem Damm steht schon das Wasser. Die Idylle trügt. Sandsäcke sollen dem Wall neue Stärke verleihen. Einer der Kameraden, die kräftig zupacken, ist Felix Berthold aus Hoym. Vor zwei Tagen noch legte er seine Prüfung zum Zugführer in Magdeburg ab, am Freitag nun gab es den ersten Einsatz in der neuen Position. Der 25-Jährige koordinierte die mehr als 25 Kameraden aus dem Altkreis Aschersleben direkt am Deich. „Motivieren und zupacken“, so beschrieb der Feuerwehrmann seine Aufgabe. Seit den frühen Morgenstunden erhöhten er und anderen Helfer von Feuerwehr, Bundeswehr, Technischem Hilfswerk und Bürgern aus der Region den Deich auf mehreren hundert Metern. Schubkarre für Schubkarre wuchs die Festung. Das machten sie so gut, dass Oberleutnant Christian Wolter von der 2. Kompanie des Panzerponier-Bataillons aus Havelberg voll des Lobes war. „Wir arbeiten hier wirklich sehr gut zusammen.“ Das habe er auch schon anders erlebt, ergänzte der Soldat mit Blick auf die ersten Einsätze in Halle.

Als Thomas de Maizière die Kameraden besuchte, war Ascherslebens Stadtwehrleiter Christoph Voigt längst wieder verschwunden. Der krisenerprobte Voigt war am späten Vormittag zum Abschnitt zwischen Breitenhagen und Groß Rosenburg gekommen, um eine gute Nachricht zu überbringen. Er hatte endlich einen Radlader aufgetrieben. Der wurde zwar hier am Elbdeich gebraucht, wurde bis dato aber an einer anderen Stelle eingesetzt. Mit dem schweren Gerät konnten die vielen Tonnen Sandsäcke endlich schneller zu den Stellen an vorderster Front gefahren werden. Während die meisten Kameraden nach maximal 24 Stunden ausgewechselt werden, ist Ascherslebens Stadtwehrleiter seit Beginn des Katastrophenfalls in der technischen Einsatz-Zentrale in Groß Rosenburg. Von dort aus werden die vielen tausend Helfer sowohl der Materialtransport koordiniert. Seitdem bekam Voigt nach eigener Aussage nur wenige Stunden Schlaf. Wer ihn nicht kennt, merkt ihm das nicht an. „Ich wollte mich Donnerstagabend gerade hinlegen, da kam eine Meldung aus Gottesgnaden“, erzählt er. Dort hatte man den Kampf gegen das Wasser verloren. Der Calbenser Ortsteil wurde von den Wassermassen heimgesucht. Voigt kam gerade noch so zum Duschen.