So retten Sie Leben Herzwoche am Ameos-Klinikum Aschersleben: Notfallmediziner zeigen Handgriffe bei Reanimation

Aschersleben - „Die Hände auf die untere Hälfte des Brustbeins legen und dann in den Brustkorb reindrücken. Nicht auf Anschlag – fünf bis sechs Zentimeter. Und das 100 bis 120 mal pro Minute. Nach zwei Minuten abwechseln!“ Dr. Stephan Singöhl, Chefarzt der Notfallmedizin am Ascherslebener Ameos-Klinikum, zeigt an einer Puppe, wie eine Reanimation gemacht wird.
Rund 30 Ascherslebener sehen zu, und viele von ihnen probieren es anschließend selbst aus. „Wenn man die Möglichkeit hat, dann sollte man helfen“, weiß Eva Hermann, die das erste Mal eine Herzdruckmassage übt. Sie war eine der Teilnehmerinnen eines Vortrags zum Thema „Notfallversorgung und Reanimation“, zu dem das Klinikum im Rahmen der zweiten Herzwoche in Sachsen-Anhalt eingeladen hatte.
Rund 30 Besucher kamen zum Vortrag „Notfallversorgung und Reanimation“
Dass sich das Klinikum neben dem Herztag im Herbst auch an der Herzwoche aktiv beteiligt, das sieht Dr. Wolfgang Franz, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, als wichtig an. „Die Patienten kommen deutlich zu spät ins Krankenhaus“, hat er erfahren.
Dadurch gebe es eine höhere Sterblichkeit, begründet er die Notwendigkeit, stärker in die Öffentlichkeit zu gehen. Deshalb wollen die Ärzte den Menschen Angst nehmen. Sie wollen dafür sorgen, dass möglichst viele wissen, was zu tun ist, wenn neben ihnen ein anderer bewusstlos umfällt und keinen Puls mehr hat. Dann besteht nämlich Lebensgefahr, erklären sie.
Jedes Jahr erleiden in Deutschland 65.000 Menschen den plötzlichen Herztod, berichtete Dr. Franz zuvor in einem Vortrag. Zwar sei die Zahl der Todesfälle nach einem solchen plötzlichen Herztod von 70 Prozent vor 20 Jahren auf 40 Prozent gesunken, doch es gibt noch Verbesserungsbedarf.
65.000 Menschen sterben pro Jahr am plötzlichen Herztod
In Sachsen-Anhalt gebe es eine große Dichte an Kliniken mit Notfallaufnahmen. Doch bis zum Eintreffen von Rettern vergeht Zeit. Oft zu viel Zeit. In jeder Minute, in der nach einem Herzstillstand keine Herzdruckmassage erfolgt, sinke die Überlebenswahrscheinlichkeit um zehn Prozent, erklärten die Mediziner.
„Wichtig ist, etwas zu machen. Man kann nicht so viel falsch machen. Nur nichts tun ist falsch!“ Erster Schritt muss immer das Absetzen eines Notrufes sein, betonte er.
Dr. Stephan Singöhl informierte über die Ursachen und Risikofaktoren des plötzlichen Herztodes. Der Verschluss eines Herzkranzgefäßes, Herzgefäßerkrankungen und Arteriosklerose treten auch bei jüngeren Menschen auf. Das Risiko liegt bei den über 50-jährigen Männern schon bei neun Prozent, bei Frauen bei fünf Prozent. Mit 70 Jahren steige das Risiko auf 60 und 50 Prozent.
Mediziner rät zu gesundem Leben: Kein Übergewicht, kein zu hoher Blutdruck
Er ging auf Diagnostik und Therapie ein. Er riet zur Vorbeugung durch normales Körpergewicht sowie gut eingestellten Blutdruck und Blutzucker. Herzkammerflimmern sei durch Elektroschocks reversibel. Doch wenn nach zehn Minuten nicht mit der Wiederbelegung begonnen wird, sei der Patient tot.
„Jeder sollte drücken“, unterstrich Dr. Singöhl. Und wer nicht drückt, obwohl es ihm zuzumuten ist zu helfen, der macht sich wegen unterlassener Hilfeleistung strafbar und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr Gefängnis oder einer Geldstrafe verurteilt werden. Darum sei die erste Handlung eine Prüfung, ob der Patient reagiert.
Dann muss der Notruf abgesetzt werden. Und schließlich sollte mit durchgedrückten Armen auf den Brustkorb gedrückt werden. Schnappatmung und Seufzen bedeuten, dass der Mensch Hilfe braucht, betonte Singöhl. Mit Puls- und Atemkontrolle sollte keine Zeit vergeudet werden, riet er. Wer die Herzdruckmassage toleriert, der braucht die Hilfe, unterstrich der Notarzt.
Chefarzt Singöhl: Niemand muss Angst haben vor AED-Defibrillatoren
Er ging auch auf die sogenannten AED-Defibrillatoren ein, die in manchen Einrichtungen zur Wiederbelebung an den Wänden hängen. Vor diesen sollte niemand Angst haben, denn sie sagen an, was zu tun ist. Auch Angst vor Rippenbrüchen sollte niemand haben, da diese wieder heilen. „Aber er stirbt, wenn Sie nicht drücken.“
Mit der Resonanz zeigten sich die Ameos-Mediziner zufrieden. „Wir wollen im September die Woche der Wiederbelebung machen.“ Mit dem ASB soll auf dem Ascherslebener Markt auf das Thema aufmerksam gemacht werden. Wie wichtig das ist, hat nicht nur Eva Hermann erfahren. Auch eine andere Besucherin erklärte, dass ihr Mann erst kürzlich reanimiert werden musste und dank der schnellen Hilfe lebt. (mz)