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Hecklingen pendelt über dem Abgrund

Von Detlef Valtink 20.07.2008, 15:16

Hecklingen/MZ. - Das Prozedere ist einfach und simpel: Möchte ein Schuldner seine Schulden abbauen, muss er mehr Geld in der Tasche haben, als er verpflichtet ist, Rechnungen zu bezahlen. Erst wenn es ihm gelingt, Gewinne zu erzielen, ist er auch in der Lage, Schulden abzubauen. Um sich in diese Lage zu versetzen, ist es erforderlich, die Einnahmen zu steigern und die Ausgaben zu mindern. Im Notfall kann auch noch das Tafelsilber verschleudert werden. Doch das hat Hecklingen nicht.

Weder Stadtwerke noch große kommunale Wohnungseinheiten oder gar Burgen oder Schlösser, mit deren Verkauf Haushaltslücken geschlossen werden könnten. Die geplanten und bereits durchgeführten Grundstücksverkäufe sind angesichts des immensen Schuldenberges nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Was die Stadt aber mehr hat, als ihr lieb ist, sind gesetzliche Zahlungsverpflichtungen, insbesondere mit den Umlagezahlungen an den Abwasserzweckverband "Bodeniederung" (AZV), mit dem Kapitaldienst der Darlehen für Straßenbaulasten und einer seit Jahren stetig steigenden Kreisumlage. Nach vorsichtigen Planungen wird Hecklingen im Jahr 2015 ein Schuldenberg von rund 13 Millionen Euro angehäuft haben. Und das könnte nur die Spitze des Eisberges sein, da derzeit völlig offen ist, welche zusätzlichen Belastungen auf die Mitgliedskommunen des AZV noch zukommen. Denn mit der angestrebten Auflösung des AZV und dessen anschließender Liquidation stehen noch einmal zehn Millionen Euro Schulden bis Ende des Jahres 2008 im Raum, die durch die Mitgliedsgemeinden des AZV gedeckt werden müssen.

Allein für die Jahre 2007 bis 2015 hat die Stadt Hecklingen nur für Umlagen an den AZV rund vier Millionen Euro abzuführen. Mit den Zahlungen seit 1999 wird sich der Umlagebeitrag bis zum Jahr 2016 auf rund 9,7 Millionen Euro belaufen, ein Jahresdurchschnitt von rund 541 000 Euro. Damit büßen die Hecklinger wie auch die anderen Mitgliedskommunen des AZV für die Fehler der Vergangenheit. Der AZV hatte es "versäumt", die "richtigen" Gebühren anzusetzen und einzufordern, um kostendeckend zu arbeiten.

Das dicke Ende für die Fehler kam schnell. Schulden in Millionenhöhe, die auch durch mehrfache Teilentschuldungen des Landes nicht aufgefangen werden konnten, drücken jetzt auf die Defizite im Haushalt des AZV. 57 Millionen Euro hatte das Land bisher zugeschossen. "Geld, damit der AZV funktionierende Strukturen aufbaut", betonte der Staatssekretär im Innenministerium, Rüdiger Erben (SPD), noch im März. Er zeigte sich von der noch immer unwirtschaftlichen und nicht leistungsfähigen Arbeit des AZV enttäuscht. Rüdiger Erben signalisierte damals auch, dass das Ministerium weiterhin den Gemeinden, die mit Haushaltsproblemen zu kämpfen haben, mit Liquiditätshilfen unter die Arme greifen will, damit sie ihre Umlagen zum Abbau des negativen Eigenkapitals des Verbandes in Höhe von rund 13 Millionen Euro netto plus Darlehenszinsen und Mehrwertsteuer bezahlen können.

Diese Summe hatte sich aufgetürmt, weil die Gebührendefizite in den Jahren mit Duldung der Kommunalaufsicht stets durch neue Kredite ausgeglichen wurden. Der gleichen Behörde, die jetzt von der Stadt Hecklingen fordert, an allen Ecken und Enden zu sparen. Im Dezember 2007 eine Beanstandungsverfügung zur Haushaltssatzung erließ und sich alle Ausgaben ab 500 Euro zur Genehmigung vorlegen lässt. Und damit die Stadt Hecklingen im Prinzip zur "Handlungsunfähigkeit" verdammte.

Sorgenkind Kreisumlage

"Angesichts des eigenen Haushaltsdefizits und vor dem Hintergrund der Ursachen muss festgestellt werden, das die exorbitante Kreisumlage von der Stadt eine Leistung fordert, zu der sie nicht in der Lage ist und die sie vollends erdrosselt", lautet das erschreckende Fazit im Vorbericht der Verwaltung zum Haushaltskonsolidierungskonzept 2008. Denn mit der Erhöhung der Kreisumlage auf 48 Prozent muss Hecklingen rund 38 Prozent seiner sämtlichen umlagerelevanten Einnahmen an den Salzlandkreis abführen. Im Jahr 2008 sind dies rund 1,8 Millionen Euro, wovon 233 000 Euro allein auf die Erhöhung der Kreisumlage fallen. Womit der Stadt Hecklingen nur noch drei Millionen Euro aus den Steuereinnahmen und den allgemeinen Zuweisungen für eigene Zwecke verbleiben.

Sorgenkind Baulast

Drittes großes Sorgenkind oder auch Klotz am Bein sind die Belastungen, welche die Stadt Hecklingen aus Darlehen zur Finanzierung der Kostenerstattung an den AZV für die Herstellung der Straßenoberflächenentwässerung zu zahlen hat. Allein zwischen den Jahren 2000 und 2008 insgesamt rund drei Millionen Euro. Zu der Zahlung der Kosten der Oberflächenentwässerung ist die Stadt per Gesetz verpflichtet. Und so wurden, noch als eigenständige Gemeinden, Groß Börnecke, Hecklingen und Schneidlingen von der Kommunalaufsicht dazu gedrängt, per Ratsbeschluss Kredite für den Ausgleich der Straßenbaulasten aufzunehmen.

Verwerflich: Die Aufsichtsbehörde genehmigte dann auch die Kredite, obwohl bereits bekannt war, dass die drei Kommunen und nunmehr die Stadt Hecklingen eigentlich nicht mehr in der Lage waren, das Geld aus eigener Kraft zu tilgen. Nüchterne Analyse der Folgen im Hecklinger Rathaus: Der zusätzliche Aufwand für Zinsen und Tilgung führte zu einer weiteren Verschlechterung der ohnehin bereits durch die an den AZV zu zahlenden Umlagen belasteten wirtschaftlichen Situation.