«Haar»genaue Anfertigungen
Aschersleben/MZ. - In zehn Jahren könnt ihr hier anfangen", rät der Verkaufsdirektor den beiden mit einem Augenzwinkern und hat die Lacher auf seiner Seite. Aber so weit hergeholt ist das gar nicht: Viel Wert werde auf die betriebliche Ausbildung gelegt. 25 der knapp 330 Mitarbeiter sind Azubis. Eine eigene Lehrwerkstatt sowie ein Schulungsraum stehen zur Verfügung.
Seit 150 Jahren ist der Werkzeugmaschinenbau in Aschersleben nicht mehr wegzudenken. Allen Grund für die Schiess GmbH, anlässlich dieses Jubiläums die Tore des ehemaligen Werks 3 in der Wilslebener Straße zu öffnen und einen Einblick in die Unternehmensstruktur zu gewähren. Ein bisschen was von einem riesigen Klassentreffen hat der Tag der offenen Tür. Über 2000 Menschen haben zu DDR-Zeiten in der ehemaligen Wema gearbeitet. Etliche frühere Kollegen ließen es sich folglich nicht nehmen, ihrer "alten Heimat" einen Besuch abzustatten.
Und während der Führung scheint es, als kenne Wolf sie noch alle, ein Schulterklopfer hier, ein freundliches Hallo dort, ein angeregtes Gespräch. Seit knapp 40 Jahren ist er schließlich schon im Betrieb. Mit einem solchen Ansturm habe er allerdings nicht gerechnet - "mit 400 Gästen vielleicht, aber so viele?" Das überrascht ihn. Alle paar Minuten startet eine neue Gruppe zur Werksbesichtigung, 15 langjährige Mitarbeiter stellen sich den Fragen der Besucher. Eine Ausstellung zur Geschichte des Werkzeugmaschinenbaus wurde im Empfangszelt vorbereitet, musikalisch brachte das Sax'n Anhalt Orchester Magdeburg Schwung in die Jubiläumsfeierlichkeiten.
Es geht durch die Großmechanische Fertigung, vorbei an den Portalfräsmaschinen, die vor etwa 20 Jahren installiert wurden und den Schriftzug Aschersleben tragen. Dort macht ein Ehemaliger, beinahe ungläubig danach fragend, eine für ihn phänomenale Entdeckung: "Die 1004 existiert wohl noch?" Auch wenn diese Maschine mittlerweile musealen Wert besitzt, schwelgt er doch in Erinnerungen: "Die hat schon lange ihr Geld verdient." Dann weiter in die Baugruppenfertigung und das Lager.
"Was Aschersleben produziert hat, wird auch künftig hier produziert werden", das hat die Shenyang Machine Tool Co. Limited (SMTCL) zugesichert. Seit 2004 ist die Schiess GmbH in chinesischer Hand. Die SMTCL hatte damals die Mehrheitsanteile übernommen. Eng arbeite das Ascherslebener Unternehmen mit seiner Mutterfirma zusammen, deren Vertriebsnetz mit Hilfe der Schiess GmbH hier in Deutschland ausgebaut wird. So sind in einer Halle auch einige ausgewählte, aus China importierte Maschinen ausgestellt.
Was sich für den Besucher in der Montagehalle als völlig ausreichend anhört - ein Kran mit einer Hebekapazität von 80 Tonnen und zwei weitere mit einer von je 32 Tonnen und sechs Metern Höhe - genüge oft gerade so. Größere Ausmaße solle daher auch die neue Montagehalle annehmen, deren Grundsteinlegung für Ende des Jahres geplant sei.
Auch in Sachen Effizienz lege man mit jeder Überholung und Modernisierung der Geräte zu: Geradezu verblüffend scheint Wolfs Vergleich zwischen der Genauigkeit der Maschinen und einem blonden Haar, das einen Durchmesser von 15 bis 20 Mikrometern hat: "Auf einer Fläche von fünf Metern weicht die Parallelität maximal um 20 Millionstel Meter ab", sagt er.