Großbrand 1980 Güstener Straße in Aschersleben: "Gockel-Bar" brannte nach Funken vom Schneidbrenner ab

Aschersleben - Der Umbau und die Komplettsanierung des Mittelganghauses an der Güstener Straße 1 in Aschersleben ist fast abgeschlossen. Viel Geld, fast drei Millionen Euro, hat die Ascherslebener Gebäude- und Wohnungsgesellschaft (AGW) in diese Maßnahme gesteckt.
Aus einst 120 Einraumwohnungen sind nun Wohnungen mit verschiedenen Zuschnitten entstanden. Aber bevor dort ein Wohnblock mit sechs Etagen im Jahr 1981 errichtet wurde, gab es an selber Stelle am 8. September 1980 einen Zwischenfall, der für Aufsehen sorgte. Was war geschehen?
Bei Abrissarbeiten der sogenannten „Gockel-Bar“ - ein Hähnchengrill - ging diese in Flammen auf. Der Brand der Baracke, unmittelbar an der damaligen Fernverkehrsstraße 185 gelegen, ist vor allem den älteren Ascherslebener noch in guter Erinnerung. Heute befindet sich hier die Ausbuchtung einer Bushaltestelle, der Fußweg und ein Teil des Parkplatzes am Mittelganghaus Güstener Straße 1.
Anwohnerin der Ernst-Thälmann-Straße 3 meldete Rauch
Gegen 12.15 Uhr wurde durch eine Anwohnerin in der damaligen Ernst-Thälmann-Straße 3, heute ist es die Keplerstraße, über den Feuerwehr-Notruf 112 eine Rauchentwicklung in der leerstehenden und zur Demontage vorbereiteten Holz- beziehungsweise Massivbaubaracke gemeldet. Kurze Zeit später, noch vor Eintreffen der ersten Feuerwehr, es war die freiwillige Ortsfeuerwehr von Aschersleben, stand fast der gesamte Barackenkomplex in Brand. Weit sichtbar war die sich ausbreitende Rauchwolke im nördlichen Wohngebiet.
Weitere drei Freiwillige Betriebsfeuerwehren wurden durch die städtischen Feuersirenen alarmiert. Doch zu retten war hier nichts mehr. Die hölzerne Bauhülle und auch die rechts und links davon angesetzten Betonplatten sollte eingelagert und später wiederverwertet werden.
Bis 1979 war dieser 35 mal 18 Meter große Gebäudekomplex verschiedentlich genutzt worden. Anfang der 1960er Jahre wurde hier eine Baustelleneinrichtung (Büro der Bauleitung, Umkleideräume, Aufenthalts- sowie Speiseräume für die Bauarbeiter) erst in Holzbauweise, später dann rechts und links noch mit Anbauten durch massive Wohnungsbau-Betonplatten, errichtet.
ABV, Kreissparkasse und „Waren des täglichen Bedarfs“ zogen ein
Mit dem Abschluss dieses umfangreichen Wohnungsbauprogramms in Plattenbauweise im „Kosmonautenviertel“ Anfang der 1970er Jahre, fehlte es aber vorerst an einigen notwendigen Bauten zur Absicherung der notwendigen Infrastruktur. So wurde entschieden, diese Baubaracke vorerst anders zu nutzen. Zwei Büroräume wurden für die zwei zuständigen Abschnittsbevollmächtigten (ABV) der Volkspolizei eingerichtet, eine massive Giebelseite wurde der Zweigstelle der Kreissparkasse übergeben und in der zweiten Giebelseite wurde eine Verkaufsstelle für „Waren des täglichen Bedarfs“ (WtB) eingerichtet.
Nach Fertigstellung der notwendigen Versorgungseinrichtungen, der Konsum-Kaufhalle und später noch des Eiscafés „Arktika“ in der Ernst-Thälmann-Straße konnten einige Räume wieder umfunktioniert werden.
Aus der WtB-Verkaufsstelle wurde die „Gockel-Bar“
So wurde aus der WtB-Verkaufsstelle eine beliebte „Gockel-Bar“, das Gockel- oder Broiler-Eck, einfacher gesagt eine Hähnchenbraterei, geschaffen. Weiterhin nutzten auch der Wohngebietsausschuss sowie eine Annahmestelle des Dienstleistungskombinates für den Reparatur-Service von verschiedenen Haushaltsgeräten diese Räume.
Auch die Gebäudewirtschaft unterhielt dort einen Anlaufpunkt für ihre Mieter. Sie war auch zwischenzeitlich der Besitzer dieses Objektes geworden. Doch 1979 wurde entschieden, in unmittelbarer Nähe dieser Baracke im Jahr 1981 einen sechsgeschossigen Wohnblock mit Einraumwohnungen, das sogenannte Mittelganghaus, zu errichten. Dafür musste aber die Baracke weichen. Sie hatte auch keinen notwendigen Verwendungszweck mehr, und von der Optik passte sie auch nicht mehr in dieses Neubaugebiet.
Ab 1981 wurde ein sechsgeschossiger Wohnblock gebaut
Im August 1980 wurde mit den Entkernarbeiten begonnen, die Versorgungsanschlüsse waren schon gekappt. An jenem 8. September waren zwei Lehrlinge der Gebäudewirtschaft damit beauftragt, die Heizungs- und Wasserleitungsrohre in Barackeninneren mittels Schweißbrenner zu trennen und zu entfernen. Bis zum Mittag waren sie damit beschäftigt. Durch auftretende Schneidfunken, die auch hinter und zwischen die ausgetrocknete Holzkonstruktion spritzten, entzündete sich diese nach kurzer Zeit.
Die Lehrlinge erkannten ihre fahrlässige Arbeitsweise erst, als die Feuerwehr bereits durch die aufmerksame Bewohnerin alarmiert war. Der Brandschaden wurde auf rund 8 .000 DDR-Mark festgelegt, eine relativ geringe Brandschadenssumme. (mz)