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Sport Kino Konzerte Güstener Straße in Aschersleben: Die Stadthalle stand nur 30 Jahre von 1968 bis 1998

Von Frank Reisberg 19.08.2018, 12:55
So sah die Stadthalle kurz nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1968 aus.
So sah die Stadthalle kurz nach ihrer Fertigstellung im Jahr 1968 aus. Reisberg

Aschersleben - Wo heute an der Güstener Straße Autos parken und ein Fast-Food-Restaurant seine Anhänger begrüßt stand bis vor 20 Jahren die „Stadthalle“ – fast drei Jahrzehnte lang eine bei den Ascherslebenern und ihren Gästen beliebte Stätte für Sport und Kultur.

„Zur kulturellen und sportlichen Betreuung der Bevölkerung der Stadt Aschersleben wird in der Güstener Straße eine Stadthalle im Werte von 850.000 Mark gebaut.

Die Stadthalle wird als Stahl-Leichtbau mit Zusatzbauten für Zuschauer, Umkleideräume, Verkaufsräume, sanitäre Anlagen u. a. entstehen.“ Das berichtete die Tageszeitung „Freiheit“ am 11. November 1967.

Aufruf  an die Bevölkerung des Kreises Aschersleben

Bereits zwei Monate zuvor war hier eine Zeichnung veröffentlicht worden, welche die künftige Halle zeigte, „die unsere Stadtväter geplant haben und deren Bau noch in diesem Jahr begonnen werden soll.“ (20.9.1967) Gleichzeitig wurde die Bevölkerung des Kreises Aschersleben aufgerufen, „sich aktiv durch finanzielle und materielle Hilfe an dem Bau zu beteiligen, um diese Mehrzweckhalle in kürzester Bauzeit für die öffentliche Nutzung übergeben zu können.“

Die neue „Stadthalle“ war ein sogenannter „Initiativbau“, das heißt ohne offizielle planungsmäßige „Absegnung“ durch die übergeordneten Staatsorgane (Rat des Bezirkes Halle, F.R.).

Bauarbeiten begannen im Oktober 1967

Nach dem Baubeginn im Oktober 1967 informierte die „Freiheit“ am 6. Februar 1968: „Die an der Güstener Straße in Aschersleben im Bau befindliche Mehrzweckhalle ist das Ergebnis der gemeinsamen Arbeit des Staatsapparates, der Betriebe und der Bevölkerung unseres Kreises und ist das Beispiel dafür, wie durch zielgerichtete Arbeit und gemeinsame Finanzierung größere, der Allgemeinheit dienende Vorhaben geschaffen werden.

Alle PGH (Produktionsgenossenschaft des Handwerks) der Stadt Aschersleben, die Firma Sonnabend KG, der VEB Baureparaturen, der VE WBK (Wohnungsbaukombinat) Halle - Betriebsteil Aschersleben unter anderem haben neben ihren materiellen Leistungen bis heute etwa 180.000 Mark an finanziellen Mitteln bereitgestellt, um den größten Initiativbau unseres Kreises fertigzustellen und der Bevölkerung zu übergeben.“

Stadthalle wurde am 30. Juni 1968 feierlich eröffnet

„Die Bauarbeiten an der Mehrzweckhalle in Aschersleben gehen voran“, berichtete die „Freiheit am 17. April 1968. „Nachdem die Stahlkonstruktion der Halle errichtet wurde, sind die Kollegen des VEB (K) Baureparaturen dabei, den Seitenanbau der Halle fertigzustellen, in dem die Zuschauertribünen sowie sämtliche Nebenräume wie Umkleideräume, sanitäre Anlagen u. a., untergebracht werden.“

Die Einweihung der Stadthalle fand am Sonntag, dem 30. Juni 1968, statt. Die „Freiheit“ hatte am 26. Juni ausführlich über das umfangreiche Programm der Einweihungsfeierlichkeiten informiert. Die Einweihung wurde mit einem großen Volksfest gefeiert.

Ab 8.30 Uhr gab es Platzkonzerte der Fanfarenzüge des VEB WEMA und der 3. Oberschule, der Blasorchester der 6. und 7. Oberschule, der Spielmannszüge der 1. und 4. Oberschule sowie der Kapellen Aigner und Erban. Eine Freilichtbühne, Kinderkarussell, Schaukel, Fischbude, Zuckerbäcker, Losbude, Bastelstraße luden die Aschersleber und ihre Gäste ein.

Bürgermeister Witt übernahm den Hallen-Schlüssel von Bauarbeitern

Die „Freiheit“ berichtete am 1. und 2. August ausführlich über die Einweihungsfeierlichkeiten an diesem „für die Geschichte der 1200-jährigen Stadt Aschersleben“ bedeutenden Tag. Über die damalige politischen Einordnung war zu lesen:

„Beim Aufgang zu den Zuschauerrängen standen neben dem Porträt unseres hochverehrten Staatsratsvorsitzenden, Genossen Walter Ulbricht, die Worte: Zu Ehren des 75. Geburtstages übergeben die Bauschaffenden des Kreises Aschersleben die neue Stadthalle.“

Nach dem Einmarsch von Fahnenträgern und Sportlern des Kreises überreichten um 9.30 Uhr die Bauarbeiter in traditioneller Maurer- und Zimmermannstracht nach einer Bauzeit von nur neun Monaten dem Bürgermeister der Stadt Aschersleben Witt den Schlüssel für die neue Stadthalle, der sie für die Nutzung freigab.

„Sportschau DDR“, Boxkämpfe und Handballspiele

Eine „Sportschau DDR“ der Bezirke Halle und Magdeburg am Vormittag, Boxkämpfe am Nachmittag und Handballspiele am Abend waren die ersten Sportveranstaltungen in der neuen Halle.

Sie gaben den „Auftakt für eine umfangreiche und planmäßige Serie von Sportveranstaltungen in der neuen Stadthalle“ und einen „Ausblick auf ein umfangreiches und qualitativ hochwertiges Sportleben in Aschersleben“.

Sportler protestierten gegen Vorführungen von Filmen

Obwohl die Stadthalle als Mehrzweckhalle konzipiert war, gab es seitens der Sportfreunde sofort Einwände gegen eine anderweitige Nutzung. Als beschlossen wurde, hier auch Filme aufzuführen, gab es massive Proteste. Dennoch zeigte man am 17. September 1968 als erste Filmveranstaltung „Der Tiger der sieben Meere“.

Noch jahrelang sollte die Stadthalle als ein weiteres Kino in Aschersleben genutzt werden. Die in einem Leserbrief befürchteten „Kaninchenausstellungen“ gab es im Laufe des Bestehens der Halle dann auch, genauso wie die „Messe der Meister von Morgen“.

Puhdys, Veronika Fischer, Karussell und City gastierten hier

Neben unzähligen Sportveranstaltungen war die Mehrzweckhalle auch eine beliebte Stätte für Unterhaltungsveranstaltungen und Konzerte. Die Puhdys, Veronika Fischer, und City gastierten genauso in der Halle an der Güstener Straße wie Reinhard Lakomy, Karussell oder die Stern Combo Meissen.

Das DDR-Fernsehen zeichnete hier Folgen der Kinder-Sportsendung „Mach mit, mach’s nach, mach’s besser“ auf, „Radio DDR“ übertrug die Familiensendung „Alte Liebe rostet nicht“ aus der Stadthalle.

„Dialog-Veranstaltungen“ im November 1989

In der Zeit der politischen Wende fanden hier im November 1989 die legendären „Dialog-Veranstaltungen“ mit tausenden Teilnehmern statt. Nach monatelangem Still- und Leerstand wurde die „Stadthalle Aschersleben“ im Jahr 1998 nach 30 Jahren abgerissen. (mz)