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Geocaching in Aschersleben Geocaching in Aschersleben: Mit dem Handy zum Schatz

Von Marianne Bothe 12.10.2014, 17:06
Geocaching-Tour durch Aschersleben: Sophie, Franziska und Marie (v.l.n.r.) suchen die Koordinaten auf ihrem Smartphone.
Geocaching-Tour durch Aschersleben: Sophie, Franziska und Marie (v.l.n.r.) suchen die Koordinaten auf ihrem Smartphone. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben - Die Antwort auf die Frage, wann Stadtbaurat Hans Heckner das Bestehornhaus erweitert hatte, und die Quersumme aus dieser vierstelligen Jahreszahl lieferten den letzten Schlüssel zum Finale, zum Final - dem Ziel einer besonderen Stadtführung. Denn damit waren nach zwei Stunden die Koordinaten für die GPS-Peilung vollständig, die die Gruppe um Stadtführerin Carola Anton am Sonnabendnachmittag durch Ascherslebens Innenstadt und schließlich zum Geocache-Versteck führten.

Ausgerechnet die Jüngste in der Runde, die zehnjährige Ann-Lee, hob am Ende den Schatz. Eine kleine, unscheinbare Plastikhülse, vergraben unter einem weißen Stein. Darin ein Logbuch - ein Zettel - auf dem sich alle zehn Teilnehmer der modernen Schnitzeljagd zur Dokumentation ihres Sucherfolgs mit Datum und Namen verewigten. Danach wurde die Hülse wieder ordnungsgemäß ins Versteck eingelassen, wie es die Regeln beim Geocaching vorgeben.

Stadtgeschichte und Geocaching

„Wir bieten diese Art der Stadtführung das erste Mal an“, zeigt sich Carola Anton gespannt auf die Resonanz des Geocaching-Stadtparcours. „Für mich ist es die ideale Möglichkeit, zwei Hobbys miteinander zu verbinden: die Beschäftigung mit der Stadtgeschichte und das Geocaching“. Das ist eine moderne Art Schnitzeljagd, die Suche nach Verstecken (Geo-Caches) mit Hilfe eines GPS-Empfängers (z. B. Handys) und anhand geografischer Koordinaten, die im Internet veröffentlicht sind. Die Tourist-Info hat einige davon an sehenswürdigen Stellen angelegt und offiziell gelistet.

Geocaching, auch GPS-Schnitzeljagd genannt, ist eine Art elektronische Schatzsuche. Die Verstecke werden anhand geografischer Koordinaten im Internet veröffentlicht und können anschließend mit Hilfe eines GPS-Empfängers gesucht werden.

Ein Geocache ist laut Wikipedia ein wasserdichter Behälter, in dem sich ein Logbuch und kleine Tauschgegenstände befinden. Der Besucher kann sich in ein Logbuch eintragen, um seine erfolgreiche Suche zu dokumentieren. Anschließend wird der Geocache wieder an der Stelle versteckt, an der er zuvor gefunden wurde. Der Fund kann im Internet auf der zugehörigen Seite vermerkt und durch Fotos ergänzt werden. So können auch andere – insbesondere der Verstecker - die Geschehnisse verfolgen. Erfunden wurde das am 3. Mai 2000, als Dave Ulmer in der Nähe der amerikanischen Stadt Portland einen Plastikeimer mit CDs, Videokassette, Geldscheinen und einer Büchse Bohnen versteckte und die Koordinaten veröffentlichte.

Die Ascherslebener Zwillinge Sophie und Marie hatten übers Wochenende Franziska aus Naumburg zu Besuch. Sie kennen sich vom Pharmaziestudium in Halle und wollten nun Sachsen-Anhalts älteste Stadt auf neue Art erkunden. Wie alle Teilnehmer, werden sie zu Beginn der Stadtführung mit vorbereiteten Zetteln und Stift ausgestattet, die für den angepeilten Erfolg unentbehrlich sind.

Acht Stationen und das Ziel sind darauf verzeichnet mit zunächst unverständlichen Buchstaben- und Zahlenkombinationen und Codierungen. Sonja Obst von der Tourist-Info und Sofie Anton helfen, wenn es nötig wird, bei der Orientierung im Gewirr der Anweisungen und Fragen.

Weitere Informationen zur modernen Stadtführung, lesen Sie auf Seite 2.

Stadtführerin Carola Anton geleitet die Gruppe zum Rathaus mit der eisernen Elle, der ersten Station. Ihre geschichtlichen Erklärungen und Anekdoten, hier um Tobias Lotterbusch und sein nicht gerade ehrenhaftes Verkaufsgebaren bei den Tuchen, verknüpft sie geschickt mit ganz konkreten Fragen. „Was hängt dort an der Wand?“ Aus dem Wort und vorgegebenen Code ergeben sich Zahlen. Die sollen addiert werden. Daraus die Quersumme verrät den nächsten Buchstaben zur Vervollständigung der Koordinatenzettel.

Man muss schon aufmerksam zuhören, sich umschauen, im Kopf rechnen und kombinieren, um die nächste Teillösung und die nächste Station herauszufinden. Marie, Sophie und Franziska können das. Sie sind auch keine Neulinge im Metier des Geocachings. Eigentlich alle hier haben schon so ihre Erfahrungen mit dieser Art Erkundung ihrer Welt. Die Geocacher unter sich sind schnell beim Du und gemeinsam stark, wenn einer mal danebenliegt oder sein Handy spinnt. Jeder bietet dem anderen bei Bedarf seinen Rücken als Schreibunterlage, weil die Lösung für die nächste Aufgabe einzutragen ist.

So gelangen sie über den Markt und die Marktkirche mit der wohl einzigartigen, weil begehbaren Röver-Orgel zum Museum und der Freimaurerloge, die seit 1955 hier ihren Standort hat und als einzige in Deutschland besichtigt werden kann. Auch von Frauen. Sie erfahren von vielen historischen und baulichen Besonderheiten der Stadt und ihrer Bewohner, der Möhrenköppe, die als Ackerbürger hier im Bereich Tie ihre spezifischen Wohnbauten mit großen Toreinfahrten und hohen Dächern errichteten, sich als Bürger der Stadt wehrhaft zeigten, wirtschaftlich erfolgreich waren und immer wieder geniale und fantasiereiche Söhne und Töchter hervorbrachten.

Es geht an der ehemaligen Kommandantur des altpreußischen Kürassier-Regiments auf dem Tie vorbei zum Grauen Hof, dem alten Wirtschaftshof der Askanierburg. Weiter zum vormaligen königlich-preußischen Amtsgericht, dem heutigen Kriminalpanoptikum und Stadtarchiv.

Die Gruppe erfährt an der Stephanikirche, dass hier einst der Markt abgehalten wurde und dass gegenüber am Scharren das erste Rathaus der Stadt stand.

Dass die Breite Straße eigentlich nur an der Stelle des nach hinten versetzten Gebäudes, dem heutigen Mäc Geiz, so breit ist, wie es Hans Heckner vor rund hundert Jahren plante. Dass Bestehorns papierverarbeitende Fabrik um die 1930er-Jahre weltmarktführend war und die Fabrikantenfamilie in ihrer Stadt sichtbare, sehenswerte und heute weiter genutzte Zeugnisse hinterlassen hat.

Oder auch, dass die Stadtmauer um den Promenadenring mal 51 Türme besaß, von denen heute nur noch 15 erhalten sind. Einer davon bewacht übrigens den finalen Geocache und belohnt die Sucher am Ende einer lehrreichen, lustigen Führung mit einem herrlichen Blick von oben. (mz)