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Gatersleben Gatersleben: Europäische Drehscheibe für Weizenzucht

Von regine lotzmann 24.09.2015, 14:44
Zur Erweiterung des neuen Bayer-Standortes in Gatersleben: Thomas Daamen erläutert den Gästen das Beizen von Saatgut.
Zur Erweiterung des neuen Bayer-Standortes in Gatersleben: Thomas Daamen erläutert den Gästen das Beizen von Saatgut. Frank Gehrmann Lizenz

Gatersleben - „Sind die Blätter beschnitten“, fragt Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Hartmut Möllring. Und Elmar Weissmann nickt. „Um die Bestockung anzuregen, so bekommt die Pflanze nicht nur eine Ähre, sondern gleich vier bis zehn“, erzählt der Leiter der Gaterslebener Zuchtstation und lacht: „Die Landwirte haben dafür früher die Schafe übers Feld geschickt.“

Schafe gibt es im neuen mit Weizen bestückten Gewächshaus nicht, dafür die modernste Technik und jede Menge Handarbeit. Denn die in den vergangenen Monaten erbaute Anlage ist das Herzstück eines 15-Millionen-Euro-Komplexes, mit dem sich das seit 2012 in Gatersleben angesiedelte Europäische Weizenzuchtzentrum von Bayer CropScience nun sein eigenes Reich errichtet hat.

Das wurde am Donnerstag im Beisein zahlreicher Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Forschung eröffnet. Mit einem feierlichen Festakt, der Enthüllung des Firmenlogos und Führungen über das Gelände.

„Der gesamte Prozess von grundlegender Forschung bis zur fertigen leistungsfähigen Sorte findet hier in Gatersleben statt“, freut sich der Minister und weiß, dass die Einrichtung zudem die Züchtungsarbeiten in Frankreich, der Ukraine, Großbritannien und Polen koordiniert. Was Gatersleben in Sachen Weizenzüchtung zur europäischen Drehscheibe mache. Und - in Zusammenarbeit mit dem angrenzenden Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung - zu einem der weltweit größten und international sichtbarsten Zentren für die Pflanzenforschung. „Der Bedarf an Weizen wächst stetig und schneller als die Produktivität. Um sie zu steigern, ohne die Umwelt zu beeinträchtigen, brauchen wir Innovationen - deshalb investieren wir hier in Gatersleben intensiv in die Forschung“, nickt Frank Terhorst, der Leiter des weltweiten Saatgutgeschäfts von Bayer CropScience.

Die Züchtung neuer ertragreicherer oder widerstandsfähiger Winterweizensorten für Zentraleuropa - vom Qualitäts- bis hin zum Futterweizen - erfolgt ganz klassisch: durch Kreuzung vorhandener Sorten. Ein jahrzehntelanger Prozess. Dafür stehen den 18 Mitarbeitern, die durch 40 Saisonkräfte unterstützt werden, nun ein Verwaltungs- und Messraumgebäude, eine landwirtschaftliche Mehrzweckhalle, eine Anlage zur Aufbereitung des Saatgutes und ein modernes Gewächshaus zur Verfügung. Das besitzt sogar Kältekammern. „Denn Weizen ist eine zweijährige Pflanze, die den Winter braucht, den Kältereiz, damit sie Blüten bildet“, weiß Elmar Weissmann. Durch den simulierten Winter in den Kältekammern und dem Vier-Jahreszeiten-Haus kann die eigentliche Freilandpflanze so nicht nur in einem Gewächshaus heranwachsen, sondern in einem Jahr sogar gleich zwei Generationen bilden. Ein enormer Zeitgewinn für die Züchter.

Die ziehen das Saatgut nicht nur selbst heran, sondern verarbeiten es auch. „Das hier ist ein modernes Aschenputtel“, zeigt der Chef der Zuchtstation auf eine blau-grüne Maschine. „Die wurde eigentlich entwickelt, um Mutterkörner aus dem Getreide herauszusortieren.“ Doch in Gatersleben kann sie mehr. Sie erkennt nicht nur die Farbe der Körner, sondern auch deren Länge und Breite. Bis zu 500 Kilogramm Saatgut kann sie in einer Stunde sortieren. „Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“, lacht Weissmann. Gleich nebenan gibt es Maschinen, mit denen der Weizen gebeizt werden kann. Sogar körnchenweise. „Wir haben dieses Jahr 180 000 Weizenkörner einzeln und von Hand geerntet, gedroschen und gebeizt“, erzählt der Chef und ist stolz darauf, dass seine Mitarbeiter dabei gut geschützt sind. „Arbeitsschutz wird bei Bayer nämlich großgeschrieben.“ Jeder Arbeitsplatz werde abgesaugt, damit er staubfrei ist. Dazu gibt es gleich zwei Abluftsysteme, eins für normalen und eins für Beizstaub. (mz)

Enthüllung des neuen Firmenschildes im Beisein von Minister Hartmut Möllring (2.v.r.) und Frank Terhorst (l.) von Bayer CropScience.
Enthüllung des neuen Firmenschildes im Beisein von Minister Hartmut Möllring (2.v.r.) und Frank Terhorst (l.) von Bayer CropScience.
Frank Gehrmann Lizenz