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Frühe Moderne in der Breiten Straße

Von Jochen Miche 01.12.2005, 17:41

Aschersleben/MZ. - Der 2. Dezember 2005 beruhigt viele Denkmalfreunde insofern, als die in den 90er Jahren genehmigten Pläne zum Hausabriss damit endgültig vom Tisch sind.

Kein Wegwerfbau

Die Geschichte des Kaufhauses in der Breiten Straße 12 / 13 in Aschersleben begann mit Eröffnung der Nr. 12 am 18. März 1905. Die Geschäftsleute Adolf Conitzer und Arthur Grünbaum betrieben mit zunächst 21 Angestellten eine Art Gemischtwarenladen. Nebeneinander standen ein Jugendstilgebäude mit Erker und ein Gründerzeithaus. Beide Gebäude wurden 1906 / 07 umgebaut. Hier entstand unter Leitung des Brandenburger Architekten Karl Jurth der erste Eisenbetonbau Ascherslebens. An die zwei Gebäude erinnern die Baunaht und die springenden Fensterachsen (Höhenunterschiede).

Im Jahr 1929 erhielten diese beiden Gebäude (die Nr. 12 und 13) ihre noch heute vorhandene Fassade mit der markanten Lisenengestaltung. Architekt war Ascherslebens Stadtbaurat Dr. Hans Heckner. Über die Fassade der frühen Moderne sagt der Ascherslebener Stadtsanierer (früher Stadtdenkmalpfleger) Reinhard Fach: "Für Ascherslebener Verhältnisse war dies ein relativ moderner Bau." Fach betont, dies sei kein "Billig- oder Wegwerfbau á la moderner Kaufhallen auf der grünen Wiese", sondern "etwas Edles".

Das Kaufhaus erlebte in DDR-Jahren die Verstaatlichung (HO-Kaufhaus Magnet), wurde 1990 Eigentum der Treuhandanstalt und somit privatisiert. Der Erwerber, die Kaufhalle AG, investierte nichts und schloss das Haus 1999. (Die Geschichte des Hauses erforschten Claudia Andrae und Pfarrer Matthias Büdke - die MZ berichtete.)

Im Jahr 2005 erwarb die Rossmann GmbH das Gebäude und investierte in die Sanierung 1,1 Millionen Euro. Für die Breite Straße, die nun wieder aufgewertet wurde, erwies sich diese Wendung als Glücksfall. Die Sanierung, die im Sommer begann, förderte manche Überraschung zutage. So unter DDR-Fliesen und Putz ein Renaissancefenster. Denkmalfreund Fach empfahl, das Sandsteingewände im Durchgang zwischen Breiter Straße und Stephanikirchhof sichtbar zu lassen. Es weist auf das Alter einiger Hausteile - bis zu 500 Jahre.

Historisches erhalten

Im Rahmen der Sanierung des Objektes wurden die Dächer neu gedeckt. Hier wurde nach dem Bestand entschieden und Vorgefundenes erhalten, so neben anderem die Gauben (von der Krügerbrücke lässt sich wunderbar die Dachlandschaft einsehen). Interessant: Um die Gauben kamen Biberschwanzziegeln, auf die rechte Hälfte die zeitlos schönen Doppelmuldenpfalzziegeln zum Einsatz.

Die total verwahrlosten Fenster wurden komplett erneuert und bis ins Detail den Originalen aus den Anfangsjahren nachempfunden. Welcher Aufwand bei der Sanierung der Schaufenster betrieben wurde, zeigt, dass ein einziges originales Oberlicht gefunden wurde - und alle anderen Fenster wurden entsprechend rekonstruiert.

Bemerkenswert ist das trotz Schiebetür verblüffend einheitliche Bild der Fassade. Dies gelang, indem die Schiebetür auf Kämpferhöhe zwischen Schaufenster und Oberlicht gebracht wurde. Über die Fassadenfarbe entschied das Restauratorenkollegium Blankenburg: Es hatte die Fassade untersucht und jene helle Farbigkeit festgestellt, die nun das Bild des Hauses prägt. In Richtung Fleischhauerstraße erhielt die Fassade altstadtgerechte Farben und Holzfenster, die sich einfach gut einfügen in das Gesamtbild des Altstadtquartiers.

Zu den kleinen, aber feinen Details der Restaurierung gehört, dass die Kreuzstocksprossenfenster im Durchgang Richtung Stephanikirchhof einem vorgefundenen Original nachgebaut wurden.

Wiederbelebung

In dem Gebäude öffnen am Freitag der Rossmann-Drogeriemarkt (acht Angestellte) und Happy Hair mit Friseurmeisterin Andrea Hantelmann und fünf Friseurinnen.