Freckleben Freckleben: Die Perle im Wippertal

Freckleben - Einst beherrschten Frecklebener Grafen, aber auch Könige, Herzöge und ein Erzbischof die Burg, die jeden Blick auf sich zieht, sobald man sich vor den Eingangschildern des beschaulichen Ortes an der Wipper befindet. Weit oben auf einem Berg thront sie und gilt als einzige Burg in der Stadt Aschersleben.
Wohl verliebt in das massive Bauwerk hat sich die Frecklebenerin Annemarie Rockmann. Und damit ist sie nicht allein, die Mitglieder eines Heimatvereins kümmern sich seit Jahren um den Erhalt und die Sanierung der Türme, Gebäude und Mauern. Seit 1973 wohnt sie in dem Wipperdorf. Ihr Mann hatte in der LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) in Freckleben seine Arbeit und Berufung gefunden und wollte dort nicht wieder weg. Annemarie folgte ihm mit den drei Kindern in das Dorf. „Ich stamme eigentlich aus dem Kyffhäuser. Und es hat viele Jahre gedauert, bis ich wirklich heimisch geworden bin. Wir haben weiter außerhalb gewohnt, so dass der Kontakt zu anderen nicht so schnell entstanden ist“, sagt sie. Damals wurden Teile der Burganlage für die Landwirtschaft genutzt. Diese Gebäude hat man in Ordnung gehalten. Die anderen, wie die Türme, nicht.
Schon 762 finden sich im Fuldaer Zehntverzeichnis die ersten schriftlichen Hinweise auf Freckleben. Archäologische Funde beweisen, dass im klimatisch milden Wippertal schon vor Jahrtausenden Menschen siedelten. Noch heute lassen die gut im Gelände erkennbaren Wallanlagen ahnen, welche Bedeutung die weithin sichtbare Burganlage der Grafen zu Freckleben/Stade einst hatte.
Eine architektonische Seltenheit ist die Kirche in Freckleben. Ihr Ursprung reicht bis in das 13. Jahrhundert zurück. Mit ihren romanischen Stilelementen gehört sie zu den fünf letzten Winkelkirchen in Deutschland.
Im Jahr 1607 wurde die erste Schule in Freckleben erwähnt. Von 1607 bis 1973 waren 41 Lehrer tätig. 1870 wurde die zweite Schule erbaut. 1681/82 wütete die Pest, man hatte 173 Tote zu beklagen. Im Jahre 1836 baute man die Zuckerfabrik und acht Jahre später eine Kartoffelspiritusbrennerei. Die elektrische Beleuchtung wurde 1912 eingeführt.
Viele Kinder gab es zu dieser Zeit in Freckleben und kaum leerstehende Häuser. Heute sieht das etwas anders aus. „Wir haben einen Leerstand von etwa zehn Prozent. Aber auch darüber kann sich Freckleben im Vergleich zu anderen Orten nicht beklagen. Vor allem junge Familien ziehen gern nach Freckleben“, sagt Annemarie Rockmann, die sich nicht nur für die Burg einsetzt, sondern auch als Widab-Stadträtin fungiert.
Früher florierte in Freckleben zudem nicht nur die Landwirtschaft, auch Händler haben dort ihre Chance gesehen. So gab es zu DDR-Zeiten einen Konsum, einen Industriewarenladen, Bäckereien und mehrere Gastwirtschaften. Sogar Textilien, Waschmaschinen und Fahrräder konnten im Ort erworben werden. „Dafür brauchte keiner in die Stadt zu fahren“, sagt sie. Die Geschäfte schlossen nach und nach in der Wendezeit. Arbeitslosigkeit erfuhren die Frecklebener am eigenen Leib. Denn die LPG hatte einst über 300 Beschäftigte. Als sie sich auflöste, wurden alle entlassen. Heute kommen fliegende Händler in den Ort. Die Einwohner nehmen dieses Angebot dankend an, denn gleichzeitig ist oft an dieser Stelle Zeit für einen Plausch.
In den 1990er Jahren erkannten einige Einwohner, welchen Schatz sie besitzen und schlossen sich 1999 als Heimatverein zusammen. Vorreiter waren hier der heute 91-jährige Hilmar Seidig und sein Bruder Wolfhard. Ziel unter anderem war und ist es bis heute, die Burganlage zu erhalten, zu sanieren und sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. „Wir wollen die Burg zu einem Touristenziel machen. Das ist uns heute schon ganz gut gelungen,“ findet sie.
Aber es war kein leichter Weg. Vieles war in einem schlimmen Zustand. „Keiner hatte sich in den Jahren zuvor für den Turm interessiert“, erinnert sie sich.
Von diesem schlimmen Zustand ist heute nichts mehr zu erkennen. Mit Hilfe von Leader-Projekten und der Stadt Aschersleben konnten dieser und viele weitere Teile der Burg schon saniert werden. Angefangen wurde im Jahr 2002 mit dem Bergfried Nummer drei. Dort wurde die Außenfassade erneuert und das Dach eingedeckt.
Dann kam die Eingemeindung Frecklebens zur Stadt Aschersleben. Im Gebietsänderungsvertrag wurde festgehalten, dass die Stadt auch die weitere Sanierung der Burg übernehmen soll. So wurde der runde Bergfried I im Jahr 2008 saniert und zum Aussichtsturm umgebaut. Aber auch in die Scheune und den ehemaligen Futterstall wurde investiert. Darauf sind die Mitglieder des Heimatvereins sehr stolz „Nicht umsonst sagt man, dass Freckleben die Perle vom Wippertal ist“, meint Wolfhard Seidig abschließend. (mz)