Erwärmt für kalten Stein
Frose/MZ. - Das Jahr 1900 war für Friedrich Kempe ein ganz besonderes: Da gründete er nämlich seinen eigenen Steinmetzbetrieb in Frose. Dass es das Geschäft 104 Jahre später immer noch geben wird, konnte er damals nicht wissen. Vielleicht hatte er gehofft, als auch Sohn Reinhard ins Geschäft einstieg, dass sich die berufliche Tradition über die Generationen fortsetzen wird.
Heute führt der 42-jährige Urenkel Rüdiger den Steinmetzbetrieb weiter - seit vielen Jahren schon. Hauptfeld seiner Tätigkeit sind Grabsteine und Grabmale sowie Einfassungen, aber auch Treppen, Fensterbänke, Mauerverkleidungen und Küchenarbeitsplatten. Tatkräftig zur Seite steht ihm Geselle Mario Steibel aus Wilsleben.
"Dass ich Steinmetz geworden bin, war irgendwie nicht anders zu erwarten. Es war der Wille der Familie, und ich hatte nicht unbedingt was dagegen", erklärt er. Die Lehre begann er bei seinem Vater, der jedoch vor Abschluss der Lehrzeit verstarb. Und so lernte er bei der Denkmalpflege in Quedlinburg weiter und besuchte nach der Meisterschule noch einen Bildhauerlehrgang.
Was ihm an diesem Beruf gefällt? Er überlegt eine Weile, aber dann kommt die Antwort prompt: Ein breit gefächertes Metier sei das. Ein wenig Feingefühl brauche der Steinmetz, weil seine Kunden meist Trauernde sind. Ferner brauche ein Steinmetz trotz Kraft bei anstrengender körperlicher Arbeit auch Gefühl für Formen und Ästhetik, für die Ausstrahlung und Wirkung des Naturmaterials. Und: Er kann gestalterisch tätig sein. Die Grabmale werden heute nicht mehr aus dem rohen Block gehauen, die Arbeit des Steinmetz besteht hauptsächlich in der Bearbeitung industriell vorgefertigter Steine und in der Tätigkeit unmittelbar an der Grabstelle, wenn der Stein aufgestellt und das Grab eingefasst wird.
Rüdiger Kempe selbst übernimmt besonders gern die Beratung der Kunden. "Der Kunde kauft hier kein Fünf-Euro-Fünfzig-Produkt. Deshalb braucht eine solche Entscheidung Zeit, die wir uns auf jeden Fall auch nehmen. Manchmal sind zwei oder drei Treffen nötig, bis es zum Vertrag kommt. Deshalb ist uns Partnerschaft schon wichtig." Die Auswahl an Steinen unterschiedlicher Qualität sei heute riesig. Entsprechend schwer falle vielen Kunden auch die Entscheidung. "Bei uns werden alle Schriften selbst kreiert und gestaltet", und um Material einzukaufen fährt er stets selbst zu den Lieferanten. Qualität sei ihm wichtig, und so sei man "sicher vor Überraschungen". Die Kunden von Rüdiger Kempe kommen aus Frose und der weiteren Umgebung. Dass die Aufträge weniger werden, führt er auf die wachsende Zahl von anonymen Bestattungen auf der grünen Wiese zurück.
Umso schöner sei es, wenn er ab und an zu Restaurierungsarbeiten herangezogen wird. "Das ist eine Herausforderung und eine schöne Abwechslung", weiß er, doch auch in den Kirchen- und in den öffentlichen Kassen werde das Geld zunehmend knapp.
Mehrfach Hand angelegt hat er in der heimatlichen Kirche - bei Sandsteinprofilierungen und beim Nacharbeiten von Ornamenten. Das Relief einer Sonnenblume - die Abschlussarbeit nach einem Bildhauerlehrgang - steht übrigens als Leihgabe in der Stiftskirche Frose.
Geschäftszeiten sind am Montag von 8 bis 17 Uhr, mittwochs von 14 bis 18 Uhr und freitags von 14 bis 17 Uhr.