Erntedankfest Erntedankfest in Mehringen bei Aschersleben: Festumzug mit 102 Bildern und Erntekrone

Mehringen - Als der Mehringer Kultur- und Heimatverein vor 23 Jahren das erste Mal zu einem Erntedankfest einlud, da kamen drei Landwirte mit Wagen auf den Festplatz auf der Insel. Wer dieses Mal mit dem Auto durch Mehringen fahren wollte, der musste Zeit einplanen. Über eine halbe Stunde dauerte es allein, bis alle Teilnehmer des Umzuges auf die Straße gelangt waren. Insgesamt 102 Bilder gestalteten die Teilnehmer.
Angeführt wurden sie von einem Pferdewagen mit der Erntekrone, die 15 Landfrauen zwei Wochen zuvor in achtstündiger Arbeit gebunden hatten. „Wir sind ein zusammengeschweißter Haufen und freuen uns jedes Jahr aufs Neue“, sagte Annett Winkler, die zumindest ein Landmann, Thomas Nause, mit einem Blumenkorb begleitete.
15 Landfrauen hatten in acht Stunden die Erntekrone gebunden
Es folgten Pferdewagen mit Anhängern, auf denen nicht nur Strohballen oder Kürbisse lagen. Traktoren jeden Alters, wobei die Oldtimer eindeutig überwogen. Pflüge, Kartoffelwender. Mähdrescher, darunter ein Claas aus den 1950er Jahren. Heute ist die Firma Marktführer bei Mähdreschern in Europa.
Musikzüge marschierten mit oder wurden auf dem Wagen gezogen. So beispielsweise der nach 22 Jahren Pause wieder zum Leben erweckte Mehringer Spielmannszug.
Die Teilnehmer kamen nicht nur aus Mehringen, sondern auch aus Aschersleben und den anderen Ortsteilen sowie aus dem Harz und dem Mansfelder Land. „So etwas habe ich noch nie gesehen. Schön, dass so etwas gemacht wird“, meinte Uwe Riese aus Güntersberge, der sich den Umzug das erste Mal ansah.
Viele alte Traktoren, darunter mehrere Lanz-Bulldogs, fuhren mit beim Umzug in Mehringen
Seine Tochter, die inzwischen in Groß Schierstedt lebt, war mit einem alten „Pionier“-Traktor dabei. Da Riese selbst in einem Lanz-Club Mitglied ist, staunte er über die vielen Mehringer Lanz-Bulldogs, die auf einem Takt töffelnd Qualmwolken ausstießen.
„Ich habe einen Ablassbrief gekauft. Heute übernehme ich die CO2-Steuer für alle“, sagte Torsten Graßhoff, der sich um den Umzug kümmerte, mit Hinweis auf die drei großen Rotbuchen auf seinem Grundstück und die nicht so klimaneutralen Oldtimer.
Wer sich nicht die mitunter frisch restaurierten alten Landwirtschaftsfahrzeuge im Umzug ansehen konnte, der hatte anschließend auf dem Festplatz noch die Gelegenheit dazu. Auf fast 2.000 schätzte Ulrich Fügner, der Chef des Kultur- und Heimatvereins, die Besucherzahl am Sonntag.
Rund 2.000 Besucher kamen am Sonntag auf den Festplatz in Mehringen
Zu sehen war auch ein großer Granitfelsen, der künftig an die ehemalige Burg Bünau erinnern soll. Auf diesem Wagen stand zudem ein grünes Kreuz, mit dem der Bauernverband auf die schwierige Situation der Landwirte aufmerksam machen will.
Heute werde die Landwirtschaft im Zusammenhang mit Glyphosat und Nitrat in der Öffentlichkeit negativ gesehen, sagte Graßhoff. „Aber wir sind als Landwirte da für das Dorfleben.“
Einer der ältesten Teilnehmer kam übrigens mit einem DDR-Multicar. Ein Deutz-Traktor stammte aus den 50er Jahren, ein Fendt-Dieselross soll noch älter sein, sagte Graßhoff. Traktoren aus Weißrussland, Tschechien, Österreich, aus DDR-Produktion und auch ein bayrischer Traktor – mit FDJ-Fahne nicht ganz passend geschmückt - waren zu sehen.
Die Zweitaktfreunde aus Mehringen gestalteten eigene Bilder mit DDR-Mopeds und Motorrädern von einer NSU bis zur MZ ETZ 251 aus dem Neckermann-Katalog oder einem seltenen Trabant 600 Camping mit Schiebedach, Baujahr 1965.
Zahlreiche junge Leute fuhren mit beim Festumzug in Mehringen
„Es sind enorm viele Teilnehmer und was mit auffällt: sehr viele junge Leute“, staunte Burkhardt Mathe, Ortsbürgermeister aus Groß Schierstedt, der mit dem historischen Löschfahrzeug seiner Feuerwehr teilnahm. Er wies auf die beiden Porsche-Traktoren der Familie Wittmann aus Schierstedt hin.
Ein Blickfang war auch ein 300 Kilogramm schwerer Kürbis von Reinhard und Erik Felchner aus Welbsleben. Oder Birgit Kilian, die auf einem Anhänger mit Stroh am Spinnrad saß. Pastorin Dorothee Schmitt kam pünktlich zum Erntedankgottesdienst auf ihrem Traktor vorgefahren. „Das ist mein kleiner Robert“, stellte sie das Gefährt vor.
„Wer das erste Mal in Mehringen war, der hält das fest im Kalender“, freute sich Ulrich Fügner. Er wies auf die Liebe hin, mit der viele Mehringer an der Vorbereitung mitwirkten. Auch der Festsaal war von der Bühne bis zu den Tischen passend dekoriert. Auf dem Bauernmarkt gab es nicht nur etwas zu Essen, sondern auch zu erleben.
Der Schmied Christian Wiechardt aus Siptenfelde und Hufschmied Erik Meier aus Mehringen ließen Eisen glühen und bearbeiteten es. Mit den Sinnen konnten Kinder bei Nancy und Christian Martin aus Schackstedt Nahrungsmittel erleben. Die Drohndorfer Kaninchenzüchter machten auf ihr Hobby aufmerksam und Landwirt Frank Herrmann berichtete über seine Erfahrungen mit Blühflächen.
Für zünftige Blasmusik sorgten die Einetaler Jäger, für den Kuchen unter anderem die Fußballer des Ortes. Die Schützen luden zum Bratwurstschießen ein. Und so sah Ulrich Fügner das Fest als Gesamtkunstwerk aller Mehringer. „Das ist kein Einzelwerk des Kultur- und Heimatvereins.“ Mit einem solchen Ansturm hatte er angesichts des Wetters nicht gerechnet. „Aber es ist Tradition und wird gut angenommen.“ Vielleicht kann er beim Jubiläum 2020 sogar noch mehr Menschen auf der Insel begrüßen. „Die Zusammengehörigkeit ist toll. Es ist immer sehr schön hier“, lobten die Stammgäste Kerstin und Klaus Marienhagen aus Schackenthal.
(mz)

