Ende einer Tier-Freundschaft Ende einer Tier-Freundschaft im Zoo Aschersleben: Vikunja-Hengst und Owamboziege müssen Abschied nehmen

Aschersleben - Ob der schwarz-weißen Owamboziege mit den niedlichen Hängeohren das Herz brechen wird? „Möglicherweise“, überlegt Alexander Beck. „Sie wird auf alle Fälle die Leidtragende sein“, weiß der Leiter des Ascherslebener Zoos, der von einer ungewöhnlichen Tierfreundschaft berichtet.
Doch die findet nun bald ein jähes Ende. Denn der Vikunja-Hengst, der seine Zeit am liebsten mit der Ziege verbringt, ist genetisch besonders wertvoll und soll deshalb in Polen für Nachwuchs sorgen - und damit für die Erhaltung seiner Art.
Der Vikunja-Hengst soll bald in einem Tierpark in Danzig für Nachwuchs sorgen
Doch von vorn: Vikunjas sind mit den Alpakas verwandt und gehören zur Familie der Kamele. Die schlanken hellbraunen Tiere, die aus den Hochanden Südamerikas stammen, waren noch vor einigen Jahren vom Aussterben bedroht. Während es zu Inka-Zeiten an die 1,5 Millionen dieser Tiere gab, waren es 1965 nur noch 6.000. Doch Schutzmaßnahmen und das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) haben die Bestände wieder gesichert. Inzwischen geht man von etwa 200 000 existierenden Vikunjas aus.
Trotzdem will das EEP in seinen Bemühungen nicht nachlassen. Und so kommt der Ascherslebener Zoo ins Spiel, dessen Vikunja-Hengste - Stuten dürfen hier nicht gehalten werden - zum landesübergreifenden Zucht-Programm gehören.
„Einen Hengst haben wir schon abgegeben und es hat mir leidgetan, den zweiten hier so alleine stehenzulassen“, sagt der Zoochef, der deshalb den Wunsch äußerte, auch den letzten zu vermitteln.
Zoologen fanden heraus, dass der Hengst über besonders gute Erbanlagen verfügt
Ein guter Gedanke. Denn: Bei der Überprüfung des Zuchtbuches haben die EEP-Mitarbeiter nun festgestellt, dass der Ascherslebener Hengst sogar ein ganz besonderer Genträger ist. „Er steht in seiner genetischen Wertigkeit auf Platz 42 - von etwa 3.000 Tieren, darunter 500 Hengste.“ Deshalb soll das Tier nun nach Polen kommen, wo es in Danzig einen kleinen Harem mit vier Stuten bekommen wird, um die guten Gene weiterzugeben.
Das setzt nun einen ganzen Ringtausch in Gang, an dem am Ende fünf europäische Zoos beteiligt sein werden. Denn Aschersleben bekommt natürlich Ersatz. „Wir erhalten jeweils zwei Junghengste aus Duisburg und Decin in Tschechien“, kündigt Alexander Beck an und freut sich, dass es dann wieder eine ganze Truppe Vikunjas in seinem Zoo geben wird.
„Auch wenn Aschersleben nicht aktiv am Zuchtgeschehen beteiligt ist, ist unser Beitrag zum Arterhalt also trotzdem sehr groß, gerade für die züchtenden Zoos, da wir wieder noch nicht geschlechtsreife Hengste bei uns aufnehmen“, findet Beck.
Der Umzug des Vikunja-Hengstes ist Teil eines Ringtausches von Tieren aus fünf Zoos in Europa
Wann der europaweite Ringtausch vonstattengeht, hängt nun an den Polen. „Danzig, das die Gruppe neu aufbauen will, ist noch nicht so weit, aber alle Tiere müssen etwa zur gleichen Zeit in ihrer neuen Heimat ankommen“, weiß der Zoochef.
Deshalb sollte der Transport aller beteiligten Vikunjas innerhalb von maximal drei Tagen vor sich gehen. „Da müssen wir also alle gut zusammenarbeiten und als Zoos gut vernetzt sein“, findet Beck, der den Tag X im Oktober sieht.
Bis dahin haben Owamboziege und Vikunja-Hengst noch etwas Zeit, ihre so ungewöhnliche Freundschaft zu pflegen. Die kam auf recht traurige Art zustande: Die Ziege hatte im Frühjahr ihre artgleiche Begleitung verloren und schloss sich dem einsamen Hengst an.
Nach dem Tod des Ziegenbocks hatte sich die Zicke dem Vikunja-Hengst angeschlossen
„Die beiden liegen nun zusammen und betreiben gegenseitig Fellpflege“, berichtet Alexander Beck von der trostreichen Lebensgemeinschaft. Der Zooleiter hofft deshalb, dass die Ziege, wenn der Hengst weg ist, auch in der neuen Junghengst-Truppe Anschluss findet. Damit sie die Ohren nicht noch länger hängen lässt. (mz)