Denksport im Rondell Die Schachgruppe in Aschersleben ist geschrumpft und hofft auf Verstärkung und Verjüngung
Was die Mitglieder jedoch noch immer motiviert.

Aschersleben/MZ - Einmal pro Woche treffen sie sich im Bürgerraum des Rondells am Dr.-Wilhelm-Külz-Platz 23: die Arbeitsgruppe Schach des Kulturkreises Adam Olearius. Ab 18 Uhr sitzen sie dienstags an den Schachbrettern und duellieren sich bei einem Bierchen. Für manche ist es sogar wichtiges Training. Matthias Ganter und Steven Wiese spielen auch für Lok Aschersleben in der Bezirksoberliga des Landeschachverbandes aktiv um Punkte. Für die anderen ist es Hobby. Klaus-Dieter Jöhring und die anderen Vereinsmitglieder würden sich über eine Verjüngung und Verstärkung freuen. Sie sind nur noch elf Mitglieder. Viele seien inzwischen verstorben.
Erhard Wald motivierte
Der Denksport war einst groß in Aschersleben. „Aschersleben war immer schon eine Hochburg im Schach“, weiß Karl-Heinz Beck, der Älteste der Gruppe. Selbst zu DDR-Zeiten habe es Duelle mit einem Verein aus Solingen gegeben. „Ich war als Schüler da“, so der fast 81-Jährige. Die Spiele gegen die Solinger habe es aber erst später gegeben. Jöhring, der Leiter der Gruppe, kann sich noch gut erinnert, als in Aschersleben zahlreiche Betriebssportmannschaften um die Schachkrone der Einestadt spielten. Der Rohrleitungsbau, Wema, Kraftverkehr, Förderausrüstungen, das Karosseriewerk, Baumaschinen und die Handelsorganisation stellten damals Teams. Das habe Erhard Wald organisiert, der sich für den Schachbreitensport in der Einestadt sehr verdient gemacht hat, weiß er.
„Zu uns kamen die, die nicht bei Lok spielen wollten“
Da die räumlichen Möglichkeiten oft schwierig waren, kam eines Tages die Idee eines Mitspielers, der Mitglied im Kulturbund war, die montags nicht immer genutzten Räume im Club der Intelligenz am Burgplatz zu nutzen. Doch dafür mussten sie 1987 Mitglieder im Kulturbund werden, der heute als Kulturkreis Adam Olearius weiterlebt. Wegen Rückübertragungsansprüchen des Gebäudes nach der Wende mussten sie ins Klubhaus Florian Geyer, den meisten eher als „Melle“ bekannt, wechseln. „Zu uns kamen die, die nicht bei Lok spielen wollten“, weiß Jöhring.
Heute ist es dienstags etwas ruhiger. Die derzeit reine Männergruppe würde sich auch über weibliche Verstärkung freuen. Früher hätten sie zwei gute Spielerinnen gehabt. Christel Kliefoth spiele heute im Schachdorf Stöbeck als Lehrerin eine große Rolle, weiß jemand. „Katrin Adam war sogar mal DDR-Meisterin in ihrer Altersklasse“, erklärt Klaus-Dieter Jöhring. Aktiv sei sie bei Lok gewesen.
Sonderurlaub für Schachsieg
„Ich wollte nicht aktiv spielen“, erklärt der Sprecher der Gruppe. Deshalb habe man die Gruppe im Kulturkreis beibehalten. Karl-Heinz Beck ist jeden Dienstag dabei, „weil ich gerne hier Schach spiele“. Vier Stunden sitzen sie meist zusammen. Bis nachts um drei, das habe es vor Jahrzehnten allerdings auch mal gegeben. „Da haben wir hinterher noch geskatet“, weiß Jöhring. „Wir sind eine lustige Truppe“, denkt er.
Man lernt beim Schach strategisches Denken, bekommt ein Gespür dafür, was der Gegner als Reaktion auf einen Zug als Nächstes machen könnte. Ob das im Beruf weiterhilft? „Ich habe mal bei der Armee viel Sonderurlaub bekommen“, antwortet Matthias Ganter lachend. Nach siegreichen Spielen gegen die Soldaten der Sowjet-Kaserne habe es für die Sieger je einen Tag freigegeben. Ein Höhepunkt sei ein Simultanschachspiel gegen den DDR-Großmeister Wolfgang Uhlmann im Ascherslebener Rathaus gewesen. „Da habe ich Remis gespielt“, erinnert sich Ganter stolz. „Da war immer was los“, erinnert sich Karl-Heinz Beck an diese Zeit.
Besser als Onlinespiel
Mit 34 ist Steven Wiese einer der jüngsten Spieler. Obwohl er inzwischen in Gernrode wohnt und aktiv bei Lok Aschersleben spielt, kommt er gern zur Olearius-Gruppe. „Ich wollte mehr machen, als nur gegen Schachcomputer oder online zu spielen“, erklärt er den Weg nach Aschersleben. Er fand schnell heraus, dass es etwas für ihn ist. „Im Fernsehen sieht es immer langweilig aus, da wollte ich es einfach kennenlernen.“ Als Schüler hatte er angefangen, doch erst nach der Ausbildung ergriff er die Chance, aktiv Schach zu spielen. „Ich bin gerade dabei einen Trainerschein zu machen“, berichtet Wiese mit Hinweis auf Ambitionen mit Lok. Die meisten im Rondell spielen aber nur aus Spaß an der Freude.