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Bundestagswahl Bundestagswahl: Die Gerechtigkeitsfanatikerin Elke Reinke

Von Kerstin Beier 10.09.2013, 18:31
Elke Reinkes Thema ist und bleibt die soziale Gerechtigkeit.
Elke Reinkes Thema ist und bleibt die soziale Gerechtigkeit. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben/MZ - Als die Wähler die Hartz-IV-Empfängerin Elke Reinke 2005 in den Bundestag katapultierten, war das eine Sensation. So gewaltig, dass sich plötzlich alle großen Zeitungen für die politische Einsteigerin interessierten, die eigentlich nur durch ihren Widerstand gegen die Hartz-IV-Gesetze aufgefallen war. Plötzlich standen „Bild“, „Focus“, „Super-Illu“ und Co. Schlange bei dem politischen Neuling und interessierten sich für alles.

Sogar für ihre „rosa Kunstlederjacke“, auf die sie damals so stolz gewesen sei. Die Journalisten wollten Geschichten mit ihr machen, und teilweise sei sie sich vorgekommen, als könne sie „nicht mit Messer und Gabel essen“, erinnert sie sich heute.

Den Umgang mit den Medien musste sie erst lernen. Genau wie vieles andere im politischen Berlin. Doch in Sachen soziale Gerechtigkeit kennt sie sich aus; das ist und bleibt ihr Thema. Sie weiß aus eigenem Erleben, „wie es ist, wenn man betet, dass kein Staubsauger und keine Waschmaschine kaputt- geht, weil das Geld nicht reicht“. Wenn jemand sagt, Hartz-IV-Empfänger seien faul und unwillig, dann nimmt sie das noch immer fast persönlich.

Aber solche Diskussionen müsse man aushalten, sagt sie. Arbeit müsse umverteilt werden, so dass sich die einen nicht mehr totmachen, während andere nichts zu tun haben. Dass der Status als Abgeordnete Türen öffnet, das habe sie zuweilen als sehr hilfreich empfunden, und sie sieht es als Aufgabe der Linken an, Druck auf die anderen Fraktionen zu erzeugen. „Deshalb ist es wichtig, wieder eine Linken-Fraktion in einer gewissen Stärke zu haben“, sagt sie.

Bei der jüngsten Bundestagswahl 2009 hat sie den Wiedereinzug ins Parlament nicht geschafft. Enttäuscht habe sie das schon, weil sie das Gefühl hatte, sich gerade eingearbeitet zu haben. Auch ihre sechs Mitarbeiter - vier im Wahlkreis und zwei in Berlin - musste sie entlassen. Den Kontakt hat sie gehalten und es tut ihr leid, dass diese zum Teil wieder in Hartz IV gefallen sind.

Elke Reinke, 55 Jahre alt

Aschersleben

geschieden, zwei Kinder, 30 und 26 Jahre alt

Facharbeiterin für Nachrichtentechnik, Elektroingenieurin, nach der Wende Umschulung zur Speditionskauffrau

Radfahren, Lesen, Wandern und Spazierengehen

keine. „Ich gehe nicht allein ins Kino.“

„Die Firma“ von Grisham

deftig-würzige Bratkartoffeln

„Die Leute werden krank, wenn sie nicht mehr gebraucht werden“, sagt sie. Sie selbst arbeitet seit vier Jahren im Bereich Bürgerdialog der Linken-Bundestagsfraktion und ist im Aschersleber Stadtrat aktiv. Nun will sie es noch einmal wagen und stellt sich erneut der Wahl. Warum? „Gucken Sie sich doch mal um: Leute, die die Papierkörbe durchsuchen, sind längst nicht mehr nur Obdachlose. Und wie viele müssen sich einen Zusatzjob suchen, weil sie von einem nicht mehr leben können“, sagt sie. Politisch aktiv ist Elke Reinke nach wir vor auf Landesebene: als Mitglied im Landesvorstand der Partei Die Linke, der sie 2007 beigetreten ist, und als Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft gegen Hartz IV.

In diesen Tagen trifft man sie an zahlreichen Informationsständen in einem Wahlkreis, der sich über wenig Salzlandkreis, wo sie bekannt ist, und über viel Harzkreis, wo sie weniger bekannt ist, erstreckt.

„Ich muss schon ganz schön ackern“, bekennt sie. Wobei ihr das Reden im direkten Kontakt leichter fällt als in großer Runde. „Ich rede immer noch zu schnell. Und immer noch zu undeutlich.“ Sie könnte sich rhetorisch schulen lassen. Aber sie will sich nicht verstellen.