Berufsnachwuchs im Visier
Gernrode/MZ. - "So einen Lehrausbilder findest du nicht noch einmal", schwärmt der heutige Gebrauchtwagenverkäufer von Rolf Jahnsmüller.
Rolf Jahnsmüller legt auf die Ausbildung des Berufsnachwuchses im Kfz-Gewerbe größtes Augenmerk. 1990 wurde der heute 58-jährige Vater von zwei Kindern in den Prüfungsausschuss der Kfz-Innung gewählt. Seit dem 8. Januar 1993 ist er der Vorsitzende der Prüfungskommission. Inzwischen nahm er 836 jungen Leuten die Zwischen- und Gesellenprüfungen als Kfz-Mechaniker für Pkw ab. Obwohl Jahnsmüller nach einem schweren Unfall vor drei Jahren invalidisiert wurde, führt er die ehrenamtliche Arbeit als Chef der Prüfungskommission "nach wie vor mit gleich großem Engagement aus", lobt Henri Mechnik, der Obermeister der Kfz-Innung "Harzland-Staßfurt".
Der Beruf zählt bei den Jungen zu den beliebtesten. Allein 1997 / 98 hatte die Prüfungskommission während einer Prüfung 113 beziehungsweise 122 Prüfungen abzunehmen. Schriftliche, mündliche und praktische Prüfungen, deren Vorbereitung und Durchführung, aber auch die Freisprechungsveranstaltungen bedingen einen hohen Zeitaufwand, dem sich Rolf Jahnsmüller gern stellt. "Es macht uns Spaß und wenn man mit der Jugend arbeitet, dann ist das nicht langweilig", sagt der Chef der Prüfungskommission.
Allerdings erlebte die Prüfungskommission, die aus Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Vertretern der Berufsbildenden Schulen besteht, auch eine Verschlechterung des Leistungsstandes. "Wir hatten 1990 mit einem Durchfaller angefangen - inzwischen sind es 38 Prozent. Das ist auch Bundesdurchschnitt". Die Ursache sieht Rolf Jahnsmüller im Bildungssystem. "Alle, die wir aus der DDR-Zeit bekommen haben, hatten ein ganz anderes Wissen, auf dem man aufbauen konnte." Bei vielen Jugendlichen sei das praktische Denken kaum noch vorhanden. "Pi", die Konstante zur Berechnung von Kreisen, ist für manchen Schulabgänger nur noch "eine Taste auf dem Taschenrechner". "Wenn sie aus der Schule rauskommen, können sie auf dem Handy und auf dem Computer oder Taschenrechner spielen - aber nicht rechnen. Das ist das Hauptproblem, auch bei anderen Gewerken", ärgert sich Jahnsmüller. Ein Kfz-Lehrling muss in den Naturwissenschaften gut sein. "Wer will die Elektronik beherrschen, wenn er die Physik nicht beherrscht?"
Wenn die Mitglieder der Prüfungskommission in den Pausen der Zwischenprüfungen mit den Auszubildenden ins Gespräch kommen, versuchen sie ihnen deutlich zu machen, worauf es ankommt. Diejenigen, die die Ratschläge beherzigen und sich bemühen, bestehen die Gesellenprüfungen meist, hat Rolf Jahnsmüller beobachtet. Mitunter werden von den Auszubildenden in den Prüfungspausen auch Missstände in den Ausbildungsbetrieben angesprochen, die die Innung nicht beeinflussen kann. Mit Ratschlägen und Tipps versuchen die Mitglieder der Prüfungskommission dann zu helfen.
Rolf Jahnsmüller hat 1963 als Lehrling in dem Betrieb seines Vaters angefangen. Seit 1985 ist er Kfz-Meister. Inzwischen hat er selbst sehr viele Kfz-Mechaniker ausgebildet, darunter seinen Sohn Dirk. Er ist inzwischen selbst Meister und nach dem Unfall des Vaters in dessen Fußstapfen getreten. Rolf Jahnsmüller ist weiter Gesellschafter des Autodienstes Jahnsmüller. Vorsitzender der Prüfungskommission will er so lange bleiben, wie deren Besetzung gleich bleibt: "Man braucht nicht mehr viel zu sagen, jeder weiß, was er machen muss."