Ballenstedt in der Film-Welt
Aschersleben/MZ. - Gerade eben hat der eigens aus Berlin angereiste Regisseur Matthias Luthardt angekündigt, nach dem Film für ein Gespräch zur Verfügung zu stehen - gemeinsam mit Drehbuchautorin Meike Hauck und Cutter Florian Miosge. Matthias Luthardt ist Jahrgang 72 und damit schon etwas über 30 - nach mehreren Dokumentarstreifen ist "Pingpong" sein erster Kinofilm.
Der Saal zeigt sich gut gefüllt an diesem Sonnabendabend - was wohl auch daran liegt, dass der Streifen im Sommer 2005 im benachbarten Ballenstedt gedreht wurde - in nur fünf Wochen und mit Mini-Budget. Entstanden ist ein mit vier sensiblen Darstellern besetztes Kammerspiel - scharf beobachtend, das Spannende im banalen Alltag entdeckend. Der Neunzigminüter wird gelobt von den Kritikern und ist mehrfach ausgezeichnet worden, unter anderem in Cannes, Brüssel und München. "Der Film reist durch die Welt, da wird es Zeit, dass er am Ort des Entstehens gezeigt wird", so Luthardt. Das Städtchen Ballenstedt allerdings erscheint an keiner Stelle im Film - das Leben der Mittelstandsfamilie in ihrer scheinbaren, zerbrechlichen Harmonie zwischen Haus, Garten und umgekipptem See im angrenzenden Wäldchen könnte sich so oder ähnlich überall abspielen.
Unter den Cineasten im Publikum auch Karla Marchand. Die 81-Jährige hatte ihr Haus und ihren Garten für die Dreharbeiten zur Verfügung gestellt. Hätte sie damals schon gewusst, was das bedeutet, sagt sie heute - sie hätte es gelassen. Im Nachhinein sei es ein eigenartiges Gefühl, die Schauspieler auf ihrem Bett und vor ihrer Bücherwand zu sehen. Aber der Film, so versichert sie, gefalle ihr sehr gut.
Und da weiß sie sich offenbar einig mit den Zuschauern im Saal, die nach dem Abspann betroffen sitzen bleiben. Und wenig später vieles wissen möchten von den drei Filmemachern. Nach welchen Kriterien Luthardt die Schauspieler ausgewählt habe, was mit dem sympathischen Familienhund Schumann geworden sei und ob die Wespen am Frühstückstisch beabsichtigt waren. "Ja, die standen im Drehbuch", so Luthardt lächelnd. Die Entscheidung für die Schauspieler sei "reines Bauchgefühl" gewesen, wobei die Rolle des Robert, der sich im Film auf ein Klavierstudium vorbereitet, mit einem jungen Mann (Oliver Berg) besetzt wurde, der auch im wahren Leben Pianist werden möchte und noch nie vor der Kamera stand. "Er hat es geschafft, die Kamera zu vergessen. Ein Glücksfall für einen Regisseur." Auf die Frage nach den nächsten Projekten antwortet der Regisseur, der vor dem Studium an der Filmhochschule Germanistik, Französisch und Rhetorik studierte, ausweichend. "Es wird etwas ganz anderes sein - politischer."