Sekundenschlaf Autofahrer aus Hecklingen fuhr Juni 2015 B6 bei Hoym in Leitplanke und weiter: Strafverfahren am Amtsgericht Aschersleben wird eingestellt

Aschersleben - Gegen die Mittelleitplanke gefahren und davon nichts mitbekommen? Ein Autofahrer aus der Stadt Hecklingen musste sich jetzt vor dem Amtsgericht in Aschersleben verantworten, weil er im Juni 2015 auf der vierspurigen damaligen Bundesstraße 6 zwischen den Abfahrten Hoym und Aschersleben gegen die Mittelleitplanke fuhr und sich unerlaubt vom Unfallort entfernte.
Er habe unter Vorspiegelung falscher Tatsachen versucht, einen Irrtum zu erregen, umschrieb die Magdeburger Staatsanwältin in der Anklage den Versuch, den Schaden am Auto von der KfZ-Versicherung erstatten zu lassen.
Staatsanwältin wirft dem Angeklagten „Vorspiegelung falscher Tatsachen” vor
Was war geschehen? Wie Harry P. (Name geändert) durch seinen Verteidiger erklärte, sei er erst nach Mitternacht ins Bett gegangen und um 5 Uhr morgens zum Angeln in den Landkreis Harz gefahren. Er habe weder am Vorabend noch am Unfalltag Alkohol getrunken.
Auf der B6 sei er gegen 15.45 Uhr hinter der Abfahrt Hoym dann nach einem Sekundenschlaf durch ein Wackeln der Karosse wach geworden. Bei einem Blick in Rück- und Außenspiegel hätte er kein anderes Fahrzeug in der Nähe oder Fahrzeugteile auf der Fahrbahn oder auch Verformung der Leitplanke gesehen.
Er hatte angenommen, neben die Fahrbahn auf den unbefestigten Bereich gefahren zu sein, zumal die Seitenairbags auch nicht ausgelöst hatten. Zu Hause angekommen habe er das Auto abgestellt und sich aufgrund der Müdigkeit schlafengelegt. Er besichtige das Auto nicht. „Ich habe angenommen, dass mein Sekundenschlaf gerade noch einmal gut ausgegangen war“, las der Verteidiger aus der Erklärung von P. vor.
Angeklagter behauptet, die Berührung der Leitplanke nicht mitbekommen zu haben
Erst als seine Frau gegen 18 Uhr nach Hause kam und ihn auf den Schaden am Auto ansprach, habe er den Schaden im Seitenbereich gesehen und daraus geschlossen, dass er im Sekundenschlaf gegen die Leitplanke gefahren sein muss. Seine Frau habe daraufhin die Versicherung über die Hotline informiert. Am nächsten Morgen sei er dann zur Polizei gegangen, um den Unfall zu melden.
Die Versicherung hatte vor dem Strafverfahren in einem Zivilprozess gegen Harry P. bereits erfolgreich 1.582 Euro plus Zinsen zurückgefordert. Die Summe hatte die Haftpflichtversicherung an die Landesstraßenbaubehörde für die Reparatur der Leitplanke gezahlt.
Der Angeklagte hatte die Summe nach der Zahlungsaufforderung der Versicherung zunächst nicht beglichen. Letztlich musste er 1.847 Euro zahlen. Das Auto musste er verschrotten.
Versicherung wirft dem Autofahrer das vorsätzliche Verlassen des Unfallortes vor
Die Versicherung hatte dem 66-Jährigen eine Verletzung der Obliegenheitspflichten vorgeworfen, hieß er in der Anklageschrift. Gemeint war das vorsätzliche Verlassen des Unfallortes. Zudem wäre er alkoholbedingt fahruntüchtig gewesen, zitierte die Staatsanwältin die damaligen Vorwürfe. Die Versicherung sah sich somit als leistungsfrei an.
Im Strafprozess ging es nun auch um die im Zivilprozess getätigten Aussage, vom Unfall nichts mitbekommen zu haben. Er habe gewusst, dass seine Aussage falsch gewesen wäre, warf ihm die Staatsanwältin vor. Er hätte die Kollision bemerkt und sich damit unerlaubt vom Unfallort entfernt, um die Feststellung zu verhindern, wobei nicht konkret eine mögliche Alkoholisierung genannt wurde.
Strafrichter Robert Schröter stellte das Verfahren gegen Zahlung von zweimal 500 Euro ein
Der Sachverständige kam letztlich nicht mehr zu Wort. Aus prozessökonomischen Gründen suchte der Verteidiger nach einer anderen Lösung. Das Gutachten hat nach Ansicht des Verteidigers viele Mängel. Unter anderem sei die Leitplanke bereits ausgewechselt und das Fahrzeug verschrottet gewesen. Aktenkundige Vermessungen hätten nicht stattgefunden.
Nach einem Gespräch der Beteiligten stellte Strafrichter Robert Schröter das Verfahren gegen Auflagen ein. Harry P. muss je 500 Euro an die Tafel in Hecklingen und 500 Euro an eine Einrichtung für Opfer sexueller Gewalt zahlen.
„Das ist kein Schuldeingeständnis, aber für sie ist heute Schluss“, sagte Schröter. „Das ist eine halbe Ewigkeit her. Wenn Sie denn Schuld waren, haben Sie genug gebüßt“, sah Schröter den Abschluss als sinnvoll an. (mz)