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Ausbildung Ausbildung: Männerstärke im Frauen-Job

Von regine lotzmann 19.06.2012, 18:55

aschersleben/MZ. - Arend Fritzsch holt seine Gitarre aus der Ecke und muss lächeln. Denn schon nach dem ersten Akkord ist er umringt von einer ganzen Kinderschar. Begeistert singen die Kleinen das von ihm gespielte Lied mit, klatschen in die Hände, hopsen auf einem Bein. Gerade solche Momente sind es, die der 37-Jährige dann so richtig genießt.

"Ich wollte schon immer mit Kindern arbeiten", erklärt der christlich erzogene Gaterslebener, warum er sich vor Jahren für den abwechslungsreichen Beruf eines Gemeindepädagogen entschieden hatte. Doch das reicht ihm nicht aus. Deshalb holt er nun seine Ausbildung zum staatlich anerkannten Erzieher nach, da die Ausbildung zum Gemeindepädagogen "nur" kirchlich ist.

"In Sachsen-Anhalt gibt es die Möglichkeit einer sogenannten Nichtschülerprüfung", informiert Fritzsch. "Wenn man einen pädagogischen Beruf hat, kann man das machen." Dafür müsse man sich beim Landesverwaltungsamt anmelden, werde für die Prüfung einer staatlichen Schule zugewiesen - in seinem Fall Quedlinburg - und könne dort, nachdem ein Vorbereitungslehrgang absolviert wurde, die Prüfungen ablegen. "13 mündliche und drei schriftliche", zählt der Gaterslebener auf und nennt als Beispiel Erziehungs- und Naturwissenschaften oder Musik.

"Die mündlichen Prüfungen musste ich in anderthalb Wochen machen, da gab es manchmal zwei an einem Tag", erinnert sich Fritzsch, der sie erfolgreich bestanden hat und sich nun im Anerkennungsjahr befindet - einem Praktikum in einer Kindertagesstätte oder einem Hort.

Dafür hat sich der zweifache Familienvater die evangelische Kindertagesstätte "Arche Noah" in Aschersleben ausgesucht. Denn sie gehört zum Kirchenkreis Egeln, wo er auch als Gemeindepädagoge agiert. "Wir sind froh über jeden Langzeitpraktikanten - und er ist nicht der erste Mann", lacht Leiterin Susen Ducke und meint, dass das eine Bereicherung für die Einrichtung ist.

"Die Kinder reagieren sehr positiv auf Männer, die gehen nämlich anders mit Kindern um", hat sie beobachtet. Männer sind unkompliziert, können mit den Jungen und Mädchen Fußball spielen, aber auch mal Waffeln backen. "Für die Kinder ist das ein neues Bild, Männer in dieser Rolle zu erleben", meint die Leiterin und weiß, dass viele Väter lange auf Arbeit sind und deshalb nicht ganz so viel Zeit mit dem Nachwuchs verbringen können. "Deshalb genießen viele hier den männlichen Part", sagt sie.

Auch Arend Fritzsch kommt gern in den Kindergarten, singt, bastelt und spielt mit den Kleinen. Die zusätzliche Ausbildung hat er noch nicht bereut. "Man hat einfach mehr Möglichkeiten zu arbeiten", ist er sich sicher. "Wenn das Jahr rum ist", meint er nämlich, "ziehe ich mit meiner Familie nach Burg - dort hat meine Frau eine Stelle bekommen." Was er beruflich dort machen will, weiß er noch nicht. "Vielleicht werde ich Religionslehrer oder Gemeindepädagoge - auf alle Fälle etwas mit Kindern."