Aschersleben Aschersleben: Stolzes Wahrzeichen der Stadt hängt auf halb acht
ASCHERSLEBEN/MZ. - Er zählt wohl zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Stadt Aschersleben. Jeden Tag ist er Ausgangsort und Zielpunkt von Stadtführungen. Einst im Jahre 1906 vom Bildhauer Georg Wrba auf dem Vorplatz des Rathauses errichtet, hat er sich mit seinen inzwischen 105 Jahren als festes Fotomotiv eines jeden Besuchers der ältesten Stadt Sachsen- Anhalts etabliert: der Hennebrunnen auf dem Markt.
Doch seit längerer Zeit ist es nach Meinung von Ascherslebens wohl bekanntestem Maler, Walter Weise, nicht mehr das stolze Wahrzeichen der stolzen Stadt Aschersleben: Schließlich wurde das Haupt des Hennebrunnens von unbekannten Vandalen verbogen. Krumm und schief hängen die Pferdefiguren von der Spitze hinab. "Jeden Tag sehen sich Menschen unser Wahrzeichen an. Und dennoch scheint es niemanden zu stören, dass es beschädigt ist. Das ist der Stadt Aschersleben einfach unwürdig", sagt Weise.
Der Maler war es, der im Jahre 1984 die jetzige Nachbildung der Original-Spitze von 1906 auf dem Wasserspiel befestigte. "Das Original war ein Reichsadler, der von vier Pferden mit Herren flankiert wurde. Vermutlich in Anspielung an die Landwirtschaft in der Region. Ich fand dies als Kind schon sehr schön. Irgendwann war die Spitze verschwunden und es wurde eine sehr schlechte Nachbildung in den 70er Jahren angebracht. In den 80ern sah der Brunnen dann ganz kahl aus", erinnert sich der 84-jährige Rentner.
So entschloss sich Walter Weise, im Jahre 1984 zu handeln. In 50 unentgeltlichen Arbeitsstunden fertigte er eine genaue Kopie der alten Wetterfahne an, dessen Schablonen sich noch immer in seinem Besitz befinden. Am 27. Juli 1984 erklomm er schließlich das Dach des Brunnens und brachte unter dem Jubel der Einwohner die Spitze wieder an ihrem alten Platz an. "Endlich erstrahlte der Ascherslebener Hennebrunnen im alten Glanz", erinnert sich der stadtbekannte Künstler an seine Aktion.
Umso mehr ärgert es ihn, dass irgendwer die Krone in einer Nacht- und Nebelaktion mutwillig beschädigt hat - und das die Stadt nichts dagegen tut.
Vor kurzem hätten Mitarbeiter einer Firma den Hennebrunnen gereinigt. Seine Bitte, ob sie nicht gleich noch die Pferdefiguren geradebiegen könnten, wurde abgelehnt. "Dafür hätten sie keinen Auftrag", sei ihm entgegnet worden, sagt Walter Weise.
Innerhalb der Ascherslebener Verwaltung weiß man zwar von den kaputten Figuren. "Und eine Reparatur ist auch geplant", erklärt Pressesprecherin Anke Lehmann: "Aber nicht in nächster Zeit. Wir müssen erst einmal schauen, was das kostet und wie wir das im Haushalt noch unterkriegen."
Für Walter Weise ist das ein Unding und eine Ausrede. "Die Reparatur wäre ein kleiner Akt. Das Material ist Kupferblech und vergleichsweise biegsam. Das konnte selbst ich biegen, als ich die Figuren hergestellt habe."