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Aschersleben Aschersleben: Rekonstruktion des Gottorfer Globusses verläuft im Sande

Von harald vopel 23.06.2014, 19:49
Die Rekonstruktion des Gottorfer Globusses zieht seit 2005 viele Besucher an.
Die Rekonstruktion des Gottorfer Globusses zieht seit 2005 viele Besucher an. Stiftung Lizenz

aschersleben/MZ - Warum steht die Rekonstruktion des berühmten Gottorfer Globusses in Schleswig und nicht in Aschersleben? Eigentlich keine Frage - nämlich deshalb, weil das Original auch im Park des Gottorfer Schlosses stand. Dabei waren die Ascherslebener drauf und dran, auch eine Nachbildung des ersten Planetariums der Welt - wie der begehbare Globus auch bezeichnet wird - an der Eine aufzustellen. Die Idee dazu entstand in den 1990er Jahren im Kulturkreis Adam Olearius. „Die hatte eigentlich unsere damalige ABM-Mitarbeiterin Dennis Przybilla“, sagt der damalige Klub- und heutige Ehrenvereinsvorsitzende Manfred Nause.

Dennis Przybilla war seinerzeit mit einem Projekt zum Namensgeber des Kulturkreises, Adam Olearius, beschäftigt. Olearius - deutsch Ölschlegel - war gebürtiger Ascherslebener und als Hofgelehrter am Schleswiger Hof von Herzog Friedrich III. von Gottorf zwischen 1650 und 1664 am Bau des begehbaren Riesen-Globusses beteiligt. Zu dieser Zeit eine Weltsensation. Was lag näher, als eine Kopie dieses Meisterwerks in Aschersleben entstehen zu lassen, während Teile des Originals in der Kunstkammer in St. Petersburg schlummerten und der einstige Originalstandort in Schleswig noch verwaist und verwildert war?

Besuch in Schleswig

Im Kulturkreis wollte man daraufhin Nägel mit Köpfen machen. Erste Pläne wurden geschmiedet und Kontakt mit dem Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte in Schleswig aufgenommen. 1999 fuhren Nause, Przybilla und der damalige Pressesprecher der Ascherslebener Stadtverwaltung, Andreas Schmith, selbst nach Schleswig. Dort konnten sie unter anderem ein von Felix Lühning gebautes Globus-Modell in Augenschein nehmen. Ob schon zu dieser Zeit auch in Schleswig über einen originalgetreuen Nachbau nachgedacht wurde, daran kann sich Manfred Nause heute nicht mehr erinnern. „Ich glaube aber, dass darüber nicht gesprochen wurde“, so Nause.

Hinweise auf derartige Ambitionen finden sich auch nicht in einer Rede, die der Leiter der Landesbibliothek Schleswig-Holstein, Dieter Lohmeyer, anlässlich einer Ausstellung zum 400. Geburtstag Adam Olearius’ am 23. Oktober 1999 in Aschersleben gehalten hat. Lohmeyer sagte damals: „Der Globus und das Globushaus waren der Höhepunkt und Inbegriff der Tätigkeit des Hofgelehrten Adam Olearius am Gottorfer Hof. Es ist absolut bedauerlich, dass von diesem Monument am ursprünglichen Ort nichts mehr erhalten ist. Umso erfreulicher, dass Felix Lühning es in Text, Zeichnung und Modell rekonstruiert hat.“

Auf der nächsten Seite lesen Sie, welche Diskussionen der Nachbau des Gottorfer Globusses ausgelöst hat.

In Aschersleben nahm das Vorhaben jedenfalls konkretere Formen an. Der Nachbau des im Durchmesser 3,11 Meter großen Originals sollte im VHS-Bildungswerk realisiert werden. In der Begründung des öffentlichen Interesses hieß es: „Der Bau eines Modells des Globusses in Originalgröße ist etwas Einzigartiges und eine an keinem anderen Ort zu bestaunende technische Meisterleistung.“ Als Fertigstellungstermin wurde die 1250-Jahr-Feier der Stadt Aschersleben im Jahr 2003 ins Auge gefasst. Und auch über einen möglichen Standort gab es Diskussionen. Im Gespräch waren der Platz vor der Wema-Sporthalle in der Langen Reihe, die Herrenbreite und der Hof des Ascherslebener Stadtarchivs.

Den ersten - und wie sich später herausstellen sollte, wohl auch entscheidenden - Dämpfer erhielt das Projekt im Jahr 2000 mit einer Kostenermittlung. 209663 Mark, inklusive einer Fördersumme von rund 121000 Mark, wurden darin veranschlagt. Zum damaligen Zeitpunkt eine eher abschreckende Summe, auch wenn ein Sponsor eine Bereitschaftserklärung für eine Spende in Höhe 12000 Mark abgab. Die Idee „Riesen-Globus“ begann langsam, aber sicher in der Versenkung zu verschwinden, auch wenn ihr Jahre später noch einmal etwas Luft eingehaucht werden sollte.

Kurz vor der Landesgartenschau 2010 , die unter dem Motto „Adam Olearius“ stattfand, kam zumindest kurzzeitig ein abgespecktes Projekt aufs Tapet. Das sah vor, im Stadtpark ein kleineres Modell, welches auch nicht begehbar sein sollte, aufzustellen. Aber auch das verschwand wieder in der Versenkung.

Nicht gekleckert

Tatsächlich Nägel mit Köpfen hatte man inzwischen in Schleswig gemacht. Dort wurde geklotzt und nicht gekleckert. Mit Hilfe mehrerer Stiftungen wurde ein Millionenprojekt in die Tat umgesetzt. Erste Gespräche darüber, den Gottorfer Globus möglichst originalgetreu wieder aufzubauen, habe es kurz nach der Jahrtausendwende gegeben, sagte am Montag der Pressesprecher der Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen

Schloss Gottorf, Frank Zarp. 2003 wurde schließlich mit dem Bau begonnen, 2005 wurde er fertiggestellt. Zwischendurch wurde die Baustelle sogar von Bundespräsident Köhler und der dänischen Königin Margrethe II. besucht. Ob man in Schleswig vielleicht erst durch die Idee der Ascherslebener auf die Verwirklichung eines Globus-Nachbaus gekommen sei, das wollte Pressesprecher Zarp am Montag auf eine MZ-Nachfrage nicht bestätigen. Fest steht allerdings, dass der Gottorfer Globus längst zu einer besuchenswerten Attraktion geworden ist.