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Aschersleben Aschersleben: "Palmyra Bazar" ist auch ein Hilfsangebot

Von Kerstin Beier 22.05.2015, 18:25
Mohamad Alchich Omar hat in der Breiten Straße den Palmyra Bazar eröffnet. Der Laden kommt bei Ausländern und Deutschen gut an.
Mohamad Alchich Omar hat in der Breiten Straße den Palmyra Bazar eröffnet. Der Laden kommt bei Ausländern und Deutschen gut an. Frank Gehrmann Lizenz

Aschersleben - Die Kunden, die den Laden von Mohamad Alchich Omar betreten, kommen wegen der Süßigkeiten, wegen des türkischen Kaffees oder um Hommos zu kaufen - pürierte Kichererbsen und Sesampaste. Sie lieben das dünne Fladenbrot und die exotischen Gewürze. Das Fleisch, das bei dem 34-Jährigen in der Kühltruhe lagert, ist halal - also nach religiös-traditionellem Ritus geschlachtet. Ausschließlich dieses Fleisch zu essen, ist für viele Moslems wichtig. Und so sind es vor allem Flüchtlinge, die bei Mohamad kaufen. Für sie bedeutet der Einkauf bei dem Syrer vor allem eins: Erinnerung. Die Gewürze riechen und schmecken nach der verlorenen Heimat.

Doch sie kommen nicht nur zum Einkaufen hierher. Der neue Laden „Palmyra Bazar“ in der Breiten Straße ist auch so etwas wie ein Anker, ein Hilfsangebot. Denn der Syrer Mohamad lebt seit 14 Jahren in Deutschland, spricht die deutsche Sprache sehr gut und kann helfen, wenn es etwas zu übersetzen gibt, wenn seine Landsleute die Behördenbriefe nicht verstehen oder mit den Gepflogenheiten in Deutschland noch fremdeln. Der gelernte Zahntechniker weiß aus eigenem Erleben, wie mühsam und anstrengend der Neubeginn in einem fremden Land ist. Als er sich vor 14 Jahren entschloss, in Deutschland zu studieren, war das eine bewusste Entscheidung. Er ging zunächst nach Dresden, um Deutsch zu lernen, und studierte anschließend zwei Jahre in Hannover. Anschließend lernte er den Beruf des Zahntechnikers im Dentallabor von Al Ghori in Aschersleben. Damals konnte er noch nicht ahnen, dass wenig später Bürgerkrieg in seiner Heimat tobt und es für seine Familie lebenswichtig sein würde, sie nach Aschersleben zu holen. Inzwischen leben seine Mutter, sein Vater - vor dem Krieg Bürgermeister in Damaskus - sowie seine beiden Schwestern hier. Vor allem für seine Eltern ist es nicht leicht, sich einzuleben.

Ihrem Sohn Mohamad ist das längst gelungen. Waren es anfangs vor allem syrische Landsleute in Halle, zu denen er Kontakt hielt, pflegt er inzwischen einen großen Freundes- und Bekanntenkreis auch in Aschersleben. Mit seiner Frau Madlin hat er zwei Töchter, die dreijährige Maria und Seham, sechs Monate alt. Freunde und Bekannte bestärkten ihn in seinem Vorhaben, einen eigenen Laden aufzumachen. Unterstützt wird er von seinem Partner Arab Almari, einem Großhändler aus Halle. In den nächsten Wochen wird er sehen, was die Kunden möchten, ob er das Sortiment erweitert. „Ich kann in kurzer Zeit alle Kundenwünsche erfüllen“, sagt er. Er freut sich, dass es zunehmend auch Deutsche sind, die seinen Laden betreten und das eine oder andere kaufen. Sie kennen einiges von ihren Urlaubsreisen und freuen sich, Liebgewordenes nun nicht mehr übers Internet bestellen zu müssen.

Das Geschäft ist gerade einmal zwei Wochen lang geöffnet, und da müsse sich alles erst langsam einspielen. Wenn die Kunden es wünschen, würde er auch Obst und Gemüse anbieten. Doch dafür müsste der Bedarf da sein, sagt er mit Blick auf die kurze Haltbarkeit.

Das Geschäft gibt ihm Freiräume, die er im Dentallabor nicht hätte. Als Selbstständiger findet er Zeit, Flüchtlinge aus Syrien und aus anderen Ländern zu unterstützen. „Wir müssen uns untereinander helfen und können nicht alles den Behörden überlassen“, meint er und hat sich deshalb als Soziallotse beim Landkreis gemeldet. Aus seinen Worten spricht Dankbarkeit darüber, dass Deutschland viele seiner Landsleute aufgenommen hat. „Die reichen arabischen Länder haben das nicht getan“, sagt er enttäuscht. (mz)