Amtsgericht Quedlinburg Amtsgericht Quedlinburg: Gewissenlos oder armes Opfer?
Quedlinburg/MZ. - Hauptbelastungszeugen sind Maik G. und David S. Quedlinburger Ganoven, die mit 16 Jahren ein Vorstrafenregister vorweisen können, wie sonst nur gestandene Knastbrüder. Maik G. hat gerade seine Zelle im neuen Raßnitzer Jugendgefängnis bezogen. Der milchgesichtige junge Mann erzählt leise und stockend, dass er, um Haschisch zu kaufen, beinahe täglich bei den B.s klingelte, um sich ein Gramm zu kaufen. Andere seiner Kumpel taten dies auch.
Werner B. (49) bestreitet dies vehement, ebenso wie seine 47-jährige Frau. Wie einen Sohn habe man Maik behandelt, der nicht nur zum Essen Gast bei der Familie war, sondern auch regelmäßig mit Werner Playstation spielte.
Und Drogen? "Bei mir kriegen Kinder nicht einmal Cola", erklärt Silvia B. Zum Zerwürfnis kommt es, als Maik nicht zur Schule geht und statt dessen auf dem Hof mit seinen Kumpanen Joints kreisen lässt. Dann fährt er noch betrunken Auto und Werner B. zeigt ihn darauf hin bei der Polizei an. Das Motiv für einen Rachefeldzug gegen das Ehepaar, der letztlich in der Behauptung gipfelt, die beiden würden mit Drogen handeln? Dieser Auffassung ist jedenfalls der Verteidiger von Werner B., Rechtsanwalt Ullrich Schramm: "Sie erzählen uns wohl eine Geschichte aus 1 000 und einer Nacht", orakelt Schramm.
Sein schlagkräftiges Argument: Als die Polizei bei den B.s zur Wohnungsdurchsuchung anrückt, finden sie weder die von Maik G. beschriebene Geldkassette noch sonst irgend ein Aufbewahrungsbehältnis oder Versteck für Drogen. Und Haschisch schon gar nicht. Ein Drogenhund allerdings kommt offenbar nicht zum Einsatz.
Maik G. verstrickt sich während seiner Vernehmung ständig in Widersprüche: Erst will er nur zum Drogenkauf zu Werner und Silvia B. gegangen sein. Auf Nachfrage von Richter Andreas Nowinski räumt er dann jedoch ein, wie ein Familienmitglied aufgenommen worden zu sein und in einem Zimmer in Ruhe seine Haschzigaretten geraucht zu haben. Nicht allein, sondern mit Freunden, die ebenfalls zu den Kunden von Familie B. gehört haben sollen, wie G. auf die bohrenden Fragen von Staatsanwalt Bodo Mattstedt zugibt.
Die Zahl der Zeugen erhöht sich so während des ersten Prozesstages sprunghaft. Richter Nowinski stellt darauf hin eine Liste zusammen, die sich wie das "Who is who" der Quedlinburger Wordbande und deren weiterem Umfeld liest. Der Prozess muss zur Ladung der neuen Zeugen abgebrochen werden. Die Fortsetzung des Verfahrens wird daher noch einmal mit der Vernehmung von Werner und Silvia B. und Maik G. beginnen. Ein Termin steht noch nicht fest.