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Altstadt-Sanierung in Thale Altstadt-Sanierung in Thale: Radikal-Kur für drei idyllische Straßen

Von Stephan Neef 16.10.2001, 15:39

Thale/MZ. - Wer sich ein halbes Jahrhundert weder gewaschen noch umgezogen hat, braucht eine alles durchdringende Intensiv-Kur, von Ohrmuscheln und Fingernägeln bis zu Rock und Schürze. Der 50. Geburtstag ist ein würdiger Anlass. Und so mussten die zwei Klatschbasen, die seit 1951 den Thalenser Altweiber-Brunnen krönen, vorübergehend ihren Open-Air-Standort verlassen und in eine spezielle "Waschküche" gehievt werden. Mit Kernseife und Waschlappen war es nicht getan, "wir haben sie abgekärchert", teilte Steinmetz-Meisterin Waltraud Belger der MZ mit. Schließlich sind die beiden Damen aus Beton und damit keinesfalls (ver-)witterungsbeständig. Ein biblisches Alter werden sie deshalb nicht erreichen, zehn Jahre geben ihnen die Fachleute noch.

Die knapp 4 000 Mark teure Weibsbild-Wäsche war allerdings nur das I-Tüpfelchen einer über fünfmonatigen Baumaßnahme, die drei Thalenser Altstadt-Straßen und auch der berühmten Weiberborn-Quelle zu neuem Glanz verhalf. Am 2. Mai hatte die grundlegende Sanierung der Kirchstraße und ihrer östlichen Nachbarn Unter der Linde und Weiberborn begonnen, am 30. September wurde sie abgeschlossen. Bereits am nächsten Tag begann die altstadtgerechte Rekonstruktion von Ziegeleistraße, Hüttebrink und einem letzten Teilbereich der Mühlenstraße. Ende April 2002 sollen die Arbeiten beendet sein, dann ist das gesamte Straßennetz des historischen Altstadt-Kerns ausgebaut. Jetzt wurde das zentrale Straßen-Trio auch offiziell übergeben.

Dabei waren sich alle Beteiligten einig, dass die Rekonstruktion eines - auch für Touristen - erlebenswerten Stücks Alt-Thale gelungen sei. Und Wolfgang Finck, Geschäftsführer der verantwortlichen RST Ingenieurbau Thale GmbH, gestand unumwunden, auf die handwerklichen Leistungen seiner Mitarbeiter stolz zu sein. Beim Anblick des jetzt 50 Zentimeter tiefen, von Granitborden eingefassten Weiberborn-Baches war der Bremer überzeugt, dass sich manche Stadt über ein solches Kleinod freuen würde.

Wie bereits in der Wendhusenstraße sind Gehweg und Fahrbahn nicht mehr durch eine Bordanlage getrennt, um den ursprünglichen Dorfcharakter stärker zu betonen, erläuterte Günter Hundt, der verantwortliche Planer des Thalenser Ingenieurbüros für Bauplanung und Beratung (ipb). Vorbild sei Weddersleben gewesen. Während das Granit-Kleinpflaster für die Gehwege und die Diorit-Steine für die Muldenrinnen gekauft werden mussten, sei das Findlingspflaster der Fahrbahn größtenteils wiederverwendet worden. Mit Ketten verbundene Poller schützen künftig den Denkmalsplatz und das linke Weiberborn-Ufer vor zudringlichen Fahrzeugen, die in der Vergangenheit oft die Sicht auf den Brunnen erschwert und die Ufer-Wand eingedrückt hatten.

Das idyllische Brunnen-Areal wird nun auch durch zwei massive Rundbänke ergänzt. Ein neben der Quelle entdeckter Pumpenschacht erhielt bereits einen Brunnenring und wird schon bald mit einer aus China importierten Granitplatte abgedeckt, auf der wieder eine Schwengel-Pumpe thronen soll. Die Altweiber-Skulptur, die bisher nur auf einzelnen Granitblöcken stand, bekam ein Betonfundament. Zu- und Auslauf wurden neu gebohrt, die Eintrittszone großzügiger gestaltet, berichtet Hundt. Das im gesamten Platzbereich "geysirartig" austretende Wasser wird mit einem Flächensicker in den eigens vertieften Bornkanal geleitet, das Nachbargrundstück mit einer Lehmschürze geschützt. Die von manchen Fachleuten bereits abgeschriebene Linde konnte erhalten werden. "Wir sind nicht an die Herzwurzeln herangegangen und haben eine große Baumscheibe ausgebildet", erläutert der Planer.

Zwei Spitzahorn-Bäume, Hasel- und Schneeballsträucher, Beet- und Bodendecker-Rosen werden die etwa 370 Quadratmeter großen Grünflächen schmücken, die den zwischen Kirch- und Kantorstraße entstandenen Parkplatz flankieren, der 21 Stellplätze bietet und eine langjährige "Dreckecke" ablöst, wie Hundt betont. Auch mancher Gittermast, der mit dem Abbau der Freileitungen überflüssig wurde, wich einer Pflanzinsel.