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Allgemeinmediziner in Aschersleben Allgemeinmediziner in Aschersleben: Nicht mehr selbst und ständig

Von Kerstin Beier 22.01.2016, 21:25
Dr. Elfriede Anders wusste schon als Elfjährige, dass sie Ärztin werden möchte.
Dr. Elfriede Anders wusste schon als Elfjährige, dass sie Ärztin werden möchte. Frank Gehrmann Lizenz

aschersleben - Nein, die Entscheidung sei weder ihr noch Dr. Barbara Becker leicht gefallen. Deshalb haben die beiden Allgemeinmedizinerinnen den Schritt immer wieder hinausgezögert. Jetzt ist Dr. Elfriede Anders aber doch froh, die Praxis abgegeben zu haben.

Seit dem 1. Januar arbeiten die beiden Frauen unter dem Dach der Helios Klinik Hettstedt. Gemeinsam mit der chirurgischen Praxis von Dr. Karin Bäumlein bilden sie ein MVZ, ein Medizinisches Versorgungszentrum. Helios hat die Doppel-Praxis und damit die beiden Sitze der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) aufgekauft. Das heißt, die beiden Ärztinnen arbeiten künftig nicht mehr selbstständig in der eigenen Praxis, sondern sind bei Helios angestellt. Ein Zettel an der Tür informiert über den Wechsel. Die Verunsicherung ist trotzdem groß, und die beiden Medizinerinnen mussten viel erklären in den letzten Tagen. Für die Patienten ändert sich jedoch nichts - sie werden weiterhin in den gewohnten Räumen zu annähernd gleichen Sprechzeiten von „ihrer“ Frau Doktor behandelt.

Kein Nachfolger

Die Entscheidung, ein MVZ zu bilden, war in gewisser Weise von den Umständen diktiert. Barbara Becker ist 67 Jahre alt und denkt ans Aufhören. Auch für Elfriede Anders, 64 Jahre alt, ist der Ruhestand bereits in Sichtweite - wenngleich sie noch eine Weile weitermachen möchte. Die Suche nach einem Nachfolger war bisher erfolglos. „Die Chance, dass jemand eine Doppelpraxis übernimmt, ist gering“, schätzt Frau Anders ein. „Wir wollten die Tür trotzdem nicht zumachen“, sagt sie. Auch wenn sich die Situation bei den Hausärzten inzwischen etwas entspannt hat, hätten nicht alle ihrer Patienten die Möglichkeit, „woanders unterzukommen“, denkt sie. Viele Aschersleber kennen „ihre Doktorin“ schon sehr lange als engagierte Ärztin im ambulanten Gesundheitswesen. 1974 nach dem Studium trat sie ihre erste Arbeitsstelle in der Poliklinik Nord an, arbeitete dort schon damals Tür an Tür mit Barbara Becker. Nach der Wende beschlossen sie, gemeinsam etwas Neues anzufangen. Der Plan, einen Teil der Poliklinik zu erwerben, ging nicht auf. Also kauften sie zwei Grundstücke in der Hecklinger Straße, sanierten und verschuldeten sich hoch, um im Sommer 1993 schließlich ihre Praxisgemeinschaft zu eröffnen. Abgerechnet hat jeder getrennt, ansonsten wurden alle Ressourcen gemeinsam genutzt. Während sich Barbara Becker vor allem um das Geschäftliche kümmerte, oblag Elfriede Anders unter anderem das Führen des Personals. Bereut haben sie ihre Entscheidung nie - trotz des Berges an Arbeit, trotz der überbordenden Bürokratie bei rund 1 500 Patienten pro Quartal.

Kooperation erwünscht

„Es war immer schön, so zu arbeiten“, sagt Frau Anders. Dennoch schätzt sie jetzt auch die Vorteile von geregelten Arbeitszeiten und die Tatsache, dass sie technische und Abrechnungsfragen nun in die Hände der neuen Besitzer legen konnte. Das entlaste doch ungemein. Mario Schulter, Geschäftsführer des MVZ Aschersleben, betont, dass dieses nicht in Konkurrenz zum Angebot der niedergelassenen Ärzte stehe.

Nach MZ-Informationen ist auch dem hiesigen Krankenhausbetreiber Ameos das Angebot unterbreitet worden, die Praxen zu übernehmen. Die Frage, warum nun ausgerechnet der Konkurrent aus dem Nachbarkreis zugeschlagen hat, blieb mit Verweis auf den Verantwortungswechsel weitgehend unbeantwortet. „Da ich erst seit Anfang Oktober 2015 die Verantwortung für die Ameos Region Ost übernommen habe, kann ich leider zu den konkreten Vorgängen um die Kassensitze in Aschersleben keine Stellungnahme abgeben“, so der Generalbevollmächtigte Patrick Hilbrenner. Grundsätzlich sei jedoch auch die Ameos Gruppe sehr daran interessiert, „in Sachsen-Anhalt sowie im Einzugsgebiet der Ameos Klinika Aschersleben, Staßfurt, Schönebeck, Bernburg, Halberstadt und Haldensleben KV-Sitze von Fachärzten sowie Allgemeinmedizinern in ihre schon bestehenden MVZ zu übernehmen.“ Ziel sei es, die ambulante Versorgung in enger Kooperation mit Ameos sicherzustellen und zu verbessern. (mz)