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Wohnen und Gesundheit Wohnen und Gesundheit: «Wunderfaser» Asbest ist eine gefährliche Altlast

Von Eva Dignös 13.07.2007, 07:40
Ein Warnschild vor Asbestfasern hängt am 9. September 2003 in Hettstedt an einem Bauzaun vor der alten Zinkhütte. (Foto: ddp)
Ein Warnschild vor Asbestfasern hängt am 9. September 2003 in Hettstedt an einem Bauzaun vor der alten Zinkhütte. (Foto: ddp) ddp

München/ddp. - Seit 1993 ist die Herstellung undVerarbeitung von Asbest in Deutschland verboten. In vielen Häusernaus den 60er und 70er Jahren wurde das Material jedoch verbaut.Renovierungsarbeiten in solchen Gebäuden müssen deshalb besonderssorgfältig geplant werden.

Das Problem bei Asbest: Wird das Material beschädigt oderbearbeitet, können die feinen Gesteinsfasern freigesetzt werden.Gelangen sie in die Lunge, besteht die Gefahr, dass sie nachJahrzehnten Krebs auslösen. Beobachtet hat man asbestbedingteErkrankungen bisher vor allem bei Handwerkern, die früher regelmäßigAsbeststaub ausgesetzt waren. Doch auch für den Heimwerker, der seinHäuschen saniert, gilt: «Man sollte Materialien, die möglicherweiseAsbest enthalten, auf keinen Fall selbst abschleifen oderherausreißen», sagt Thomas Oberst vom TÜV Süd in München. Auch seineMitmenschen darf man nicht ohne Vorwarnung der Gesundheitsgefahraussetzen: «Wer einen Handwerker ohne entsprechende Sachkunde mitasbesthaltigen Materialien konfrontiert, kann sich strafbar machen.»

Aber wie erkennt man die riskante Altlast? «Die klassischenAnwendungen im Außenbereich sind Fassadenschindeln undWellfaserzementplatten auf dem Dach», sagt Oberst. Solange sie nichtbeschädigt sind, gehe von ihnen in der Regel keine Gefahr aus: «Dashat sich in zahlreichen Messungen herausgestellt.» Allerdings sollteman das Wasser von einem asbestgedeckten Dach nicht für dieGartenbewässerung verwenden, rät Hans Ulrich-Raithel vomUmweltinstitut in München.

Anders sieht die Sache aus, wenn Platten brechen, aber auch, wennsie mit dem Hochdruckreiniger behandelt oder angebohrt werden. Dannkönnen die Fasern freigesetzt werden. Entfernt werden dürfen diePlatten deshalb nur von einer Fachfirma. Dass sie ihr Handwerkversteht, erkennt man laut Ulrich-Raithel unter anderem daran, dassdie Platten ohne Beschädigung herausgehebelt oder abgeschraubt und indicht schließenden Behältnissen aufbewahrt und abtransportiertwerden. Der Boden rund ums Haus muss mit reißfester Folie abgedecktwerden.

Selbst entsorgen kann man Blumenkästen aus Asbestzement. «Ambesten klärt man vorher bei der Kommune, wo man sie abgeben darf»,rät der Experte vom Umweltinstitut. Zum Transport werden die Kästenbefeuchtet, um lose Partikel zu binden, und dann staubdicht in einemgroßen Müllbeutel verpackt.

Im Haus versteckt sich Asbest oftmals in Bodenbelägen. Verdächtigsind nach Angaben von Ulrich-Raithel quadratische PVC-Bodenfliesen inMarmoroptik. Auf ihrer Rückseite findet sich meist ein schwarzerKleber. «Solange sie nicht brüchig sind oder bröckeln, sind sierelativ ungefährlich und müssen normalerweise nicht entfernt werden»,sagt Ulrich-Raithel. Bei Beschädigungen müssen sie dagegen von einerFachfirma entfernt und entsorgt werden.

Noch problematischer ist PVC-Bahnenware mit einer Rückseite ausAsbest-Pappe. Man erkennt sie meist an ihrem auffälligenFliesendekor. «Die Asbestfasern sind hier nur schwach gebunden undsetzen schon bei kleinen Beschädigungen große Mengen an Fasern frei»,sagt der Experte. Ein solches Material sollte raus aus dem Haus -unabhängig von seinem Zustand.

Damit sich die Asbestfasern bei der Sanierung nicht in dergesamten Wohnung verteilen, muss der betroffene Raum abgeschottetwerden. Gearbeitet wird im Unterdruck, der Müll wird staubdichtverpackt und als Sondermüll entsorgt. Freigegeben werden darf dasZimmer erst wieder nach einer Raumluftmessung.

Und wenn man - weil man nicht wusste, welche Altlast auf demFußboden lag - den PVC-Belag in Eigenregie entfernt hat? «Das größteRisiko tragen diejenigen, die als Bauarbeiter oder Dachdecker Tag fürTag Asbeststaub ausgesetzt waren. Eine einzelne Renovierungsaktionist nicht ganz so gefährlich», sagt Ulrich-Raithel. Dennoch wünschter sich ein größeres Bewusstsein für die Gefahren, die von demMaterial ausgehen. Vom Fachmann entsorgen lassen muss manbeispielsweise auch asbesthaltige Nachtspeicheröfen.

Ist man sich nicht sicher, ob in den eigenen vier Wänden Asbestzum Einsatz kam, empfiehlt TÜV-Experte Oberst, das Haus von einemSachverständigen unter die Lupe nehmen zu lassen. Das koste zwar inder Regel einige hundert Euro - könne aber sehr viel Geld sparenhelfen. Denn wenn man erst während der Renovierungsarbeiten auf dengefährlichen Stoff stoße, sei die Sanierung oft viel teurer, als wenndie Maßnahmen von Anfang an entsprechend geplant werden können.