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Wieviel Haut ist sexy? Wieviel Haut ist sexy?: «Verschont mich mit dem Wabbelbauch»?

Von Britta Schmeis 06.08.2003, 11:18
Nicht jedermanns Geschmack - Nacktbader wie hier an der Isar in München werden nur noch selten als unsittlich, häufig jedoch als unästhetisch empfunden. (Foto: dpa)
Nicht jedermanns Geschmack - Nacktbader wie hier an der Isar in München werden nur noch selten als unsittlich, häufig jedoch als unästhetisch empfunden. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Wer Haut zeigt, fällt auf - und wer viel Haut zeigt, fällt noch mehr auf. Latina-Star Jennifer Lopez weiß das, Rapperin Lil' Kim weiß es, und selbst Deutschlands Ex-Schätzchen Uschi Glas hat entdeckt: Viel Haut und wenig Stoff sind der Garant für Blitzlichtgewitter und Aufmerksamkeit. Doch was Stars und Sternchen als geschickten Marketingcoup einsetzen, gerät für Frauen ohne persönlichen Fitness-Trainer leicht zur Peinlichkeit. Zwar liegt Schönheit bekanntlich im Auge des Betrachters, doch bei Orangenhaut, Speckbauch und Krampfadern hört der Spaß für viele auf.

«Es gibt so etwas wie eine allgemeine Ikonographie der Schönheitsideale - und dazu gehören bei uns zur Zeit nun mal Merkmale wie ein flacher Bauch, wohlgeformte Beine und eine glatte, leicht gebräunte Haut», sagt Elke Giese vom Deutschen Mode Institut (DMI) in Berlin. Um sexy zu wirken, müssten schon einige dieser Attribute erfüllt sein. Doch das nehmen sich nicht alle zu Herzen. Pummelige Teenager quetschen sich in viel zu kleinen Hüfthosen die Blutzufuhr rund um den Unterleib ab - und alternde Damen meinen, die Herrenwelt auch noch mit erschlafftem Dekolleté erfreuen zu können.

«Die Gesellschaft wird immer vulgärer», sagt Giese und spricht gar von der «Tyrannei der Intimität». Dazu zählt für die Modeberaterin nicht nur, dass Promis auch die pikantesten Details aus ihrem Leben ausplaudern sondern auch, dass Bürger «wie du und ich» sich und ihre Körper zur Schau stellen. «Warum tragen eigentlich immer die dicksten Leute die engsten T-Shirts?», fragt auch Inge Wolff, Autorin zahlreicher Stil-Ratgeber. Diese Anmerkung habe nichts mit Schlankheitswahn zu tun - eher mit Stil.

Einig sind sich die Beraterinnen vielmehr darin, dass jeder ein anderes ästhetisches Empfinden hat. Und dann spielt da auch noch die Haltung, das Selbstbewusstsein eine Rolle. «Sex- und Beziehungsforscher zerbrechen sich schon seit Jahren den Kopf darüber, was eine attraktive und auch sexy Ausstrahlung ausmacht», gibt Giese zu bedenken. Was bei der einen Frau attraktiv wirkt, sieht bei einer anderen langweilig oder gar ordinär aus. Wie soll sich frau da zurecht finden, wenn selbst Image- und Modeberaterinnen keinen eindeutigen Rat haben?

«Man sollte sich einfach kritisch im Spiegel betrachten», lautet der Appell der Schweizer Benimmexpertin Lucia Bleuler aus Erlenbach bei Zürich. Und wer sich unsicher ist, fragt eine Freundin, von der eine ehrliche Antwort zu erwarten ist. «Bloß nicht den eigenen Freund oder Mann fragen», rät die Freiburger Kommunikationstrainerin Elisabeth Bonneau. Der habe meist ein festes Bild seiner Partnerin und liebe sie so, wie sie ist. Cellulitis oder «dicker Hintern» fallen den meisten Männern bei der eigenen Liebsten nicht auf.

Jede Frau muss sich in ihrer Kleidung wohl fühlen, lautet ein weiteres Credo der Expertinnen. «Wenn eine Frau ihre Besenreiser als Makel empfindet, sollte sie sie im Sommer eben unter längeren Röcken oder luftigen Hosen verstecken», empfiehlt Giese. Und wer Lust dazu habe, könne auch den großen Auftritt mit tiefem Ausschnitt oder kurzem Rock wagen. Voraussetzung dafür sei allerdings, dass man das mögliche Getuschel der Kollegen und die Fingerzeige auf der Straße aushält.

Angemessen ist ein wagemutiges Outfit dennoch nicht immer. «Gerade im Berufsleben sind einige peinlich berührt, wenn manche Frau zu offenherzig durch die Gegend läuft», hat Giese beobachtet. «Man muss nicht immer alles zeigen.» Kleidung habe eine enorme Signalwirkung, derer sich viele Frauen gar nicht bewusst sind, warnt auch Inge Wolff.

Und der völlige Verzicht auf Kleidung? Frauen wie Uschi Glas täten sich mit Bikinifotos keinen Gefallen, meint Mode-Expertin Giese. «Ihre Botschaft ist: "Das Alter spielt keine Rolle". Und das stimmt nun mal nicht.» Laut Wolff ist gegen solche Bilder nichts einzuwenden - wenn die Abgebildete die Nerven habe, dann auch die Lästereien zu ertragen.

Das Sich-Mokieren über nackte Tatsachen sei ohnehin vor allem ein Problem der Westdeutschen, sagt Bonneau. «In den neuen Bundesländern ist die Nackt- und FKK-Kultur viel ausgeprägter», hat die Kommunikationstrainerin in ihren Kursen beobachtet. Für Aussprüche wie «Verschont mich mit dem Wabbelbauch» habe da keiner Verständnis.