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Trennen oder kämpfen? Gemeinsame Schnittmenge entscheidet

Von Britta Schmeis 20.02.2008, 10:24

Hamburg/dpa. - Schlagersängerin Connie Francis wusste es schon in den 60er Jahren: Die Liebe ist ein seltsames Spiel - und Beziehungen sind es erst recht. Ein Blick in den Freundeskreis genügt, um sich davon zu überzeugen.

Da gibt es Paare, die sehr glücklich scheinen und sich plötzlich trennen. Bei anderen ist für Außenstehende kaum zu verstehen, warum die beiden überhaupt noch zusammen sind - oder je zueinander gefunden haben. Dabei steckt so manche Beziehung mal in der Krise. Ob sich das Kämpfen lohnt oder eine Trennung besser wäre - das zeigt die gemeinsame Schnittmenge.

«Wichtig für Paare in einer Krise ist, dass sich beide diese Krise überhaupt eingestehen», sagt der Paartherapeut Jörg Wesner aus Hamburg. Das klinge zwar banal, ist aber die Voraussetzung, um gemeinsam Probleme lösen zu können. Schwieriger wird es, wenn der eine Partner mehr als der andere leidet. «Dann hat sich einer möglicherweise längst zurückgezogen», ergänzt Tom Diesbrock, der als Diplom-Psychologe in der Hansestadt arbeitet.

«Um herauszufinden, ob man noch eine gemeinsame Chance hat, müssen sich beide fragen, wie es mit der inneren Kündigung aussieht», rät die Psychologin Felicitas Heyne aus Herxheim (Rheinland-Pfalz). Ist einer innerlich schon weg, hat die Beziehung nur noch wenig Sinn. Auch gelte es zu prüfen, ob es noch gute Phasen in der Beziehung gibt, ob man Loyalität empfindet und Vertrauen hat. Wichtig sei außerdem, dass es noch körperlichen Kontakt gibt und beide das Gefühl haben, sich aufeinander verlassen zu können.

Weniger gut sieht es Felicitas Heyne zufolge aus, wenn einer oder beide Partner ständig Alleingänge starten und den anderen auch bei wichtigen Entscheidungen vor vollendete Tatsachen stellen. Wird der andere noch als sicherer «Rückzugsort» empfunden? «Ist das nicht der Fall, ist das Kind oft schon in den Brunnen gefallen.»

«Natürlich hadern viele auch, weil sie sich nicht lösen können, weil sie denken, dass alles doch mal so schön war», sagt Heyne. Ein Gedanke, der seine Berechtigung hat. Treten die Probleme nicht schon nach der ersten Phase des Verliebtseins auf, lohnt ein Blick auf all das, was man bei einer Trennung aufgibt.

«Man sollte sich klar machen, dass es den perfekten Partner nicht gibt, jeder seine Macken hat und die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, dass man mit dem nächsten Partner wieder genau die gleichen Probleme hat, weil jeder seinem eigenen Partnerwahlmuster folgt», sagt Heyne. Kritisch wird es, wenn es gravierende Unterschiede in der Lebensplanung gibt, die nicht durch Kompromisse zu lösen sind. Möchte der eine Kinder, der andere aber nicht, kann es schwierig werden. Verbiegen und sich selbst verleugnen dürfe man sich nicht, sagt Wesner. «Das geht meist nicht lange gut.»

«Zwei Menschen bleiben auch in der Partnerschaft Individuen», sagt Heyne. Unterschiedliche Interessen müssten nicht grundsätzlich als etwas Negatives bewertet werden. Das heißt allerdings nicht, dass Beziehungen auf Unterschieden aufgebaut werden sollten. «Gegensätze ziehen sich vielleicht am Anfang an, auf Dauer funktionieren solche Partnerschaften aber oft nicht», sagt Diesbrock. Entscheidend sei, wie groß die gemeinsame Schnittmenge ist. «Wenig Sinn hat es, etwas passend zu machen, was nicht passend ist.» Auch wenn diese Erkenntnis sehr schmerzhaft ist.

INFO: Die «fünf apokalyptischen Reiter» für eine Beziehung

Jeder Beziehung hat gute und schlechte Phasen. Es gibt jedoch Zeichen, die auf eine ernsthafte Krise hinweisen, sagt Felicitas Heyne, Psychologin aus Herxheim in Rheinland-Pfalz. Der amerikanische Paarforscher John Gottman habe schon vor Jahren «fünf apokalyptischen Reiter» für eine Beziehung definiert: ständige Kritik am anderen, Verteidigung als reflexartiger Gegenangriff, Verachtung in Form von Spott, Zynismus oder Sarkasmus, Rückzug und Machtdemonstration.