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Ski-Trend Ski-Trend: Rocker erobern die Pisten

Von Florian Sanktjohanser 05.10.2010, 13:21
Semi-Rocker sollen auf und abseits der Piste eine gute Figur machen. (FOTO: DPA)
Semi-Rocker sollen auf und abseits der Piste eine gute Figur machen. (FOTO: DPA) dpa-tmn

MÜNCHEN/DPA. - Es ist schon ein paar Jahre her, dass imSkisport das letzte Mal eine Revolution ausgerufen wurde. In den90er-Jahren waren es die Carver, die dem Skifahren neuen Schwunggaben. Nun preisen Hersteller, Verkäufer und Experten diesogenannten Rockerals den neuen großen Wurf.

«Das ist jetzt das große Thema quer durch die gesamte Industrie»,sagt Andreas König vom Deutschen Skiverband (DSV) in Planegg beiMünchen. Doch es gibt auch skeptische Stimmen. Auf den ersten Blicksieht der Laie kaum, was einen Pisten-Ski mit Rocker von einemHerkömmlichen unterscheidet. Erst wenn man den Ski flach hinlegt unddie Nase auf Kantenhöhe bringt, wird der Unterschied deutlich. DieSchaufel ist so aufgebogen, dass ein Stück des Skis leicht vom Bodenabgehoben ist. «Der Kontaktpunkt, wo der Ski auf dem Schneeaufliegt, ist nach hinten versetzt», erklärt König. Die Rockerliegen also weniger nah an den Enden auf.

Experten sprechen dann von einer reduzierten Vorspannung.Sogenannte Full Rocker ähneln in der Form einer Banane auf demRücken. «Im Tiefschnee schwimmt der Ski wie ein Surfboard auf undkommt so leichter ins Gleiten», erklärt König. Die aufgebogeneSchaufel soll verhindern, dass die Spitze in den Schnee eintaucht.Manche «Full Rocker» sind auch hinten aufgebogen - man könntetheoretisch also sogar rückwärts fahren.

Allerdings: «Der Full Rocker ist ein reiner Tiefschnee-Ski», wieKönig erklärt. Deshalb wurde die im Tiefschnee etablierteTechnologie nun mit neuen Materialien für die Piste modifiziert. DasErgebnis nennt König «Semi Rocker». Er soll die eierlegendeWollmilchsau sein: Durch den zurückgesetzten Kontaktpunkt hat derSki weniger Auflagefläche und soll sich leichter drehen lassen.Dadurch soll der Fahrer Kraft beim Einleiten des Schwungs sparen.

«Der Ski geht schöner und früher in die Kurve rein, das istdefinitiv so», bestätigt Alexander Dillig vom DeutschenSkilehrerverband in Wolfratshausen (Bayern). Er hat das gleicheSkimodell in der neuen Rockerausführung und in der alten Versiongefahren - und einen «großen Unterschied» festgestellt.

Ein weiterer Vorteil: Der Rocker soll die Gefahr des Verkantensverringern und dem Fahrer so Stürze durch kleine Fahrfehler ersparen.Aber nicht nur Anfänger und mäßig gute Fahrer sollen profitieren.«Diese Technologie bringt für alle Könnensbereiche Vorteile», sagtDillig. Fortgeschrittenen Fahrern soll die andere Seite desKompromisses zugute kommen: Beim Aufkanten werde der Ski in derMitte durchgedrückt, so dass 100 Prozent der Kantenlänge zum Einsatzkommen, erklärt Andreas König. Dadurch soll sich ein Rocker-Ski auchauf der Piste sportlich fahren lassen.

Zusätzlich verstärken viele Hersteller ihre Semi-Rocker mitstabilisierenden Elementen wie Titanium-Einlagen. DiePistentauglichkeit eines Rockers hänge auch von seiner Breite ab,erklärt Dillig. Und die variiere von 70 bis 120 Millimeter unter derBindung. «Ein breiter Ski ist auf einer Piste ohnehin schlecht zufahren. Aber mit einer 75er Breite funktioniert ein Rocker auch aufeiner harten Piste gut.»

Ein «rennsportlicher Ski» werde ein Rocker aber auch dadurchnicht, sagt König. Besonders bei hohen Geschwindigkeiten sei erunruhiger als ein herkömmlicher Ski und beginne schneller zuflattern. «Auf einer harten Piste geht eben nichts über einenklassischen Riesenslalom- oder Slalomski», sagt auch Dillig. Deshalbblieben auch alle Hersteller für Rennski bei der traditionellenVorspannung. «Das ist wie ein Formel-1-Wagen. Aber mit dem fährt manja auch nicht in der Stadt oder auf dem Feldweg.»

Viele Skifahrer wollen aber beides - mal auf der Piste fahren undmal im Tiefschnee. Und genau deshalb sehen Hersteller und Verkäuferso großes Potenzial für die neuen Modelle. Arno Metzer, Einkäuferbei Intersport Deutschland, sieht als Zielgruppe die Allround- undAll-Mountain-Skifahrer, die 75 Prozent aller Skifaher ausmachten.Und Andrea Tiling, Marketingmanagerin von K2, sieht den Skimarkt«vor dem größten Umbruch seit Einführung der Carving-Ski».

Auf der Wintersportmesse ispo im Februar in München präsentiertenfast alle Hersteller Rocker für die Piste. Salomon bringt denSentinel heraus, Atomic geht mit seiner Nomad-Serie mit «adaptivechamber» ins Rennen. Bei K2 haben in der diesjährigen Kollektion 99Prozent der Ski einen Rocker.

Dillig ist trotz aller Vorzüge skeptisch, ob die Rockertatsächlich grundlegend den Skisport erneuern. «Revolution würde ichnicht sagen». Eher eine Evolution - «kein Quantensprung wie dieEntwicklung der Carver.» In den kommenden Wochen wird sich in denSkigeschäften zeigen, wer recht behält.

Nase hoch: Bei den Rockern ist der Kontaktpunkt von Ski und Schnee zur Mitte versetzt.(FOTO: DPA)
Nase hoch: Bei den Rockern ist der Kontaktpunkt von Ski und Schnee zur Mitte versetzt.(FOTO: DPA)
dpa-tmn
Keine Banane: Im Gegensatz zu Full Rockern haben Semi Rocker noch eine Vorspannung.(FOTO: DPA)
Keine Banane: Im Gegensatz zu Full Rockern haben Semi Rocker noch eine Vorspannung.(FOTO: DPA)
dpa-tmn