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Schafhalter Schafhalter: Schäfer müssen heute auch rechnen können

Von Andreas Heimann 08.02.2005, 11:15

Bonn/dpa. - Mathias Dreyer stehen jetzt wieder etliche unruhige Nächte bevor. Die Wochen bis zum Ende der Lammzeit Anfang April sind für den Schäfer besonders heftig. Dann muss Dreyer auch nachts immer mal wieder in den Stall.

Rund 800 Lämmer werden bis Ostern in der Schäferei Ulenhof im niedersächsischen Rehden geboren. «Eine Woche bleiben sie in der Ablammbucht», erzählt Dreyer. «Jedes Lamm bekommt dann gleich eine Ohrmarke.»

«In dem Beruf gibt es keine 40-Stunden-Woche», sagt Dreyer, der seit 1986 als Pächter in der Schäferei Ulenhof arbeitet. Zuvor war er sieben Jahre Schäfermeister in der Lüneburger Heide. Ursprünglich hat Dreyer eine kaufmännische Ausbildung gemacht. «Solche Kenntnisse werden auch in der Schafhaltung gebraucht.» Denn schon die Vermarktung des Lammfleisches klappt nicht ohne betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse.

Die Zahl der Schafhalter in Deutschland geht zurück - rund 100 000 sind es noch, davon aber nur 34 000 Betriebe mit mindestens 20 wolligen Vierbeinern. «Insgesamt gibt es bundesweit etwa 2,4 Millionen Schafe», sagt Stefan Völl, Geschäftsführer der Vereinigung Deutscher Landesschafszuchtverbände in Bonn.

Der Bedarf an Lammfleisch ist dadurch nicht zu decken - rund die Hälfte wird importiert. «Vor allem aus Neuseeland», sagt Völl. «Dort kann einfach zu sehr geringen Preisen produziert werden.» Auch mit Schafwolle lässt sich in Deutschland heute kaum noch etwas verdienen. «Gerade 50 Cent bekommt man pro Kilogramm», sagt Völl. «Damit deckt man nur noch die Schurkosten.»

Neben dem Verkauf von Lammfleisch, Lammfell und Wolle hat Matthias Dreyer deshalb ein weiteres Standbein: die Landschaftspflege. Dreyer lebt am Rand eines Moorbiotops. Das Hochmoor soll regeneriert werden. «Das geht nicht ohne Beweidung», erklärt er. Dafür, dass Dreyers Moorschnucken den Bodenbewuchs kurz halten, erhält er ein Landschaftspflegehonorar. Die Hüte der Tiere ist noch ganz traditionell. Auch Dreyer selbst als Betriebsleiter ist jeden Tag bei der Herde.

Genau wie Jan Greve: «Manchmal bin ich am Tag zehn Stunden draußen», erzählt der Schäfer aus Storbeck bei Neuruppin. Greve ist gelernter Tierwirt und Schäfermeister. Nach dem Mauerfall ist er nach Brandenburg gezogen und hat dort zwei Herden mit 1500 Mutterschafen aufgebaut. Greve vermarktet das Fleisch seiner Heidschnucken mittlerweile direkt.

Schäfer scheinen aus einer längst vergangenen Zeit zu stammen, aber der Beruf hat Zukunft. Dreyer hat in seiner Schäferei neben einem festangestellten Meister und einer Gesellin auch zwei Auszubildende. Um deren Perspektiven macht er sich wenig Sorgen, auch weil der Fleischverkauf nicht die einzige Einnahmequelle ist: «Es gibt immer wieder neue Landschaftspflegeprojekte, bei denen Schäfer gebraucht werden.»

In den Schoß fallen Schäfern solche Fördergelder nicht: «Man muss die Richtlinien für die Förderprogramme kennen», sagt Jan Greve. «Und selbst dann ist es noch viel Papierkram.» Greves Blick aufs Schäferdasein ist frei von Illusionen: «Das Hüten, der romantische Teil des Berufs, geht immer mehr verloren», bedauert er. «Aber es ist schon ein toller Beruf, sonst würde ich es nicht machen.»