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Retro Retro: Lackoberflächen sind wieder im Kommen

Von Stephanie Hoenig 11.05.2004, 11:17
Auf Lackoberflächen sieht man jedes Staubkörnchen. (Foto: dpa)
Auf Lackoberflächen sieht man jedes Staubkörnchen. (Foto: dpa) Rolf Benz

Hamburg/dpa. - Vor allem in den sechzigern und siebzigern waren Schleiflackmöbel gefragt. Seit dem Abebben dieser Trendwelle haftete dem Begriff Schleiflack ein negatives, leicht spießiges Image an. Das scheint sich nun langsam aber sicher zu ändern.

Mit der «Renaissance» der Lackoberflächen geraten zugleich deren Vor- und Nachteile wieder in den Blick. Nach Einschätzung Anne Jungs vom Hersteller Rolf Benz in Nagold sind Lackoberflächen im Kommen. «Das war gerade deutlich auf der internationalen Möbelmesse in Mailand zu sehen.» Oft werden die Stücke im Asia-Stil in Rot und Schwarz angeboten. Im Gegensatz zu Fronten aus Naturhölzern hat der Käufer die Möglichkeit, den Farbton anhand eines speziellen «Farbenfächers» exakt zu bestimmen. Wer verschiedene Möbelstücke kombinieren will, kann laut Jung sicher sein, jeweils genau den gleichen Farbton geliefert zu bekommen.

«Trotz widerstandsfähiger Lacke sind Lackoberflächen aber nicht ganz unempfindlich», sagt Ursula Geismann vom Verband der Deutschen Möbelindustrie in Bad Honnef. Ein Glas kann durchaus auf ein Sideboard gestellt werden, ohne dass es zu hässlichen Spuren kommt. Fällt jedoch beispielsweise ein harter Gegenstand darauf, kann der Lack abplatzen.

Auch mit dem Staubsauger, der beim Saugen mitunter gegen die Front stößt, kann eine lackierte Oberfläche leichter Schaden nehmen als eine geölte oder gewachste. «Kleine Lackschäden oder versehentlich in die Oberfläche geritzte Kratzer können ausgebessert werden», sagt Detlef Mika vom Hersteller Interlübke in Rheda-Wiedenbrück (Nordrhein-Westfalen). Hierfür gibt es - wie auch für Autos - Lack mit Pinsel, Spachtel oder Stiften. Komplett verschwunden sind Beschädigungen nach der Ausbesserung allerdings in der Regel nicht.

Von alltäglichen Verschmutzungen durch Saft, Fett oder Marmelade gereinigt wird eine Lackoberfläche mit einem feuchten Mikrofasertuch ohne Reinigungsmittel, rät Jürgen Otterbein vom Forschungs- und Prüfinstitut für Facility Management in Metzingen bei Stuttgart. Wer es mit der Sauberkeit sehr genau nimmt, muss das Tuch aber auch sehr häufig zur Hand nehmen. Schließlich sei auf der lackierten Fläche «jedes Staubkorn zu sehen», wie Anne Jung betont. «Für Menschen, die nicht gern putzen, sind solche Möbel auf keinen Fall zu empfehlen.»

Die Behandlung von Holzoberflächen mit Schleiflack war und ist eine aufwendige Prozedur: «Immer wieder werden bei klassischen Schleiflackmöbeln die Fronten lackiert und nach jedem Anstrich mit immer feiner werdenden Zwischenschliffen angeschliffen», erklärt Detlef Mika. In der Vergangenheit war dies notwendig, um auf den oft unebenen Holzfronten eine besonders glatte Oberfläche zu erzielen.

«Lackfronten industriell hergestellter Möbel bestehen heute in der Regel aber nicht mehr aus klassischem Schleiflack», sagt Mika. Schon aus Umweltschutzgründen wird darauf geachtet, möglichst wenig Lack zu verbrauchen. Bei hochwertigen Möbeln bestehen die Fronten aber nach wie vor aus verschiedenen Schichten wie etwa einer Melaninfolie, einem Grundlack und einem gegen UV-Strahlung resistenten Lack. Die Schichten werden bei Herstellern wie Interlübke jeweils vor jedem Weiterverarbeitungsschritt geschliffen und gebürstet.

«Industriell hergestellte Schleiflackmöbel im eigentlichen Sinne gibt es nicht mehr», bestätigt Wolfgang Breuer vom Hersteller Hülsta in Stadtlohn (Nordrhein-Westfalen). Als Anstrich diene oft ein mit der Spritzpistole aufgetragener «Zwei-Komponenten-Lack». Wie viele Schichten Lack aufgespritzt werden, hängt entscheidend von der Beschaffenheit des Untergrunds ab. Vergleichsweise wenig Lack benötigten zum Beispiel Möbel aus modernen Holzwerkstoffplatten.