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Beverly Hills Beverly Hills: Wo die Stars shoppen

Von HELGE SOBIK 01.09.2011, 15:50

Halle (Saale)/MZ. - Alle paar Minuten kommt sie auf ihren enorm hohen Stöckelschuhen aus dem Laden gestakst und kauft ihrem Chef Zeit: Für drei Minuten zahlt sie fünf Cent, für 15 Minuten stopft sie eine Vierteldollar-Münze in die Parkuhr am Rodeo Drive. Maximal eine Stunde kann sie für das zitronengelbe Rolls Royce-Cabrio mit dem Nummernschild BP 111 so erstehen. Dann muss sie wieder angestöckelt kommen - und nachstopfen: selbst wenn gerade Tom Cruise oder Anthony Hopkins, wenn Bill Clinton oder Barack Obama, Stephen King oder der saudische König im Laden sein sollten. Sie alle zählen zu den Kunden dieses Geschäftes am Rodeo Drive, das mit dem Slogan wirbt, der teuerste Herrenausstatter der Welt zu sein.

Wer hinein will, wer Geld ausgeben will - und sei er noch so vermögend - braucht zuvor einen Termin: Der exzentrische persische Edel-Schneider Bijan öffnet nur mit vorheriger Verabredung und verkauft nicht an jedermann. Er kann es sich leisten. Das Geschäft im Edel-Laden brummt trotzdem. Und weil der gelbe Luxuswagen so gut zur Farbe des Ladens und noch besser zum Image passt, steht direkt vor der Tür - auch wenn der Spaß jeden Werktag gut zehn Dollar kostet. Nicht der Rede wert für die Anrainer einer der exklusivsten Einkaufsstraßen der USA, wo ein Geschäft in guter Lage leicht 100 000 Dollar Monatsmiete kosten kann. Ohne Parkplatz.

Der Rodeo Drive im noblen Beverly Hills ist keine halbe Meile lang, aber fast jeder, der in der Modewelt einen großen Namen hat, ist an dieser Straße vertreten: von Valentino bis Versace, von Dolce & Gabbana bis Armani, von Bulgari bis Cartier. Vor den Geschäften parken die Jaguars, Bentleys, gepanzerten Mercedes-Limousinen und Porsches der Kunden. Und auf dem Asphalt rollen im Schritttempo die Leihwagen der Schaulustigen und die Ausflugsbusse der Touristen auf Rundtour durch Beverly Hills. Sie sind auf Pirschfahrt, machen Prominenten-Safari und hoffen, einen der Leinwand-Stars in zivil auf dem Bürgersteig zu entdecken.

Dabei könnten die meisten von denen unerkannt in der Bus-Reihe vor ihnen sitzen. Hollywood-Helden sehen nur im Film aus wie Stars - und können selbst am Rodeo Drive ganz normal einkaufen gehen. Am ehesten fallen sie durch die Reaktionen der Verkäufer auf: bei Valentino zum Beispiel, wenn der Filialleiter plötzlich mitten im Satz abbricht, alles stehen und liegen lässt, um sich um Julia Roberts zu kümmern, die gerade lautlos und unscheinbar durch die Ladentür geschwebt kommt - offenbar mit der festen Absicht, zügig ein paar tausend Dollar auszugeben.

Gleichwohl, der Rodeo Drive ist nicht überheblich, Schwellenangst nicht erforderlich: Zwar ist diese Straße mehr als jede andere ein Laufsteg, und die Geschäfte sind Bühnen. Aber kein Laufsteg funktioniert ohne Publikum. Schaulust ist Teil der Inszenierung. Und auch wenn Couturier Bijan kaum jemanden in seinen Laden lässt, sind neugierige Blicke durchs Schaufenster doch durchaus erwünscht. Sie gehören zum Gesamtkonzept wie der gelbe Rolls Royce, wie die gewaltige Freitreppe, die drinnen auf die eher kleine Empore führt, wie die nach Farben sortierten großen Schränke mit neuesten Entwürfen, die Berge frischer Schnittblumen, Dutzende gerahmte und auf Tischchen arrangierte Fotos berühmter Kunden. Und wie die Menschen, die sich gegenseitig wahlweise vor dem Luxus-Cabrio oder ein Stück weiter vor dem Straßenschild mit dem goldenen Schriftzug "Rodeo Drive" fotografieren.

"Begonnen hat das alles erst 1968", erzählt Tom Blumenthal, selber Inhaber eines Uhrengeschäftes am Rodeo Drive und Präsident des Anrainer-Komitees, in dem sich die Geschäftsleute zusammengeschlossen haben. "Bis dahin war das eine Straße wie jede andere in Beverly Hills. Ein paar Läden und Restaurants, ein Stück weiter nur noch Wohnhäuser, viel Grün. Aber als erst Gucci aufmachte, dann Louis Vuitton folgte und bald Bijan wollte plötzlich jeder hier sein.

"Kaum zu glauben, dass all die Parzellen vor rund 100 Jahren Ackerland waren, auf dem nichts als Bohnen angebaut wurde", lacht unterdessen Historiker Marc Wanamaker, der mehrere Bücher über die Geschichte von Beverly Hills geschrieben hat: "Es gibt Leute zum Beispiel von der arabischen Halbinsel, die heute mit zehn Koffern anreisen, sich gleich gegenüber vom Rodeo Drive im Pretty Woman-Hotel Beverly Wilshire Four Seasons einmieten und vier Wochen später mit 150 Koffern wieder abreisen. Wo sie das alles gekauft haben? Gleich hier. Auf einer Drittel Meile voller Geschäfte."