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Psychologie Psychologie: Der Unterschied wird kleiner

Von ANDREAS HEIMANN 28.11.2008, 09:34

BERLIN/DPA. - Und wenig Beziehungserfahrene verzweifeln manchmal sogar an der Vorstellung, das andere Geschlecht ticke nach einem komplett fremden Rhythmus: unverständlich, undurchschaubar, seltsam eben. Trotzdem zeigt die Erfahrung immer wieder: Da geht doch was.

Die Vorstellung, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern würden sich in der modernen Gesellschaft verflüchtigen, scheint sich nicht zu bewahrheiten. Andererseits klingt auch die These vom "Krieg der Geschlechter" nicht mehr so plausibel wie vor 30 Jahren. Und längst ist die Überzeugung verbreitet, dass Männer von Frauen lernen können und umgekehrt, im Beruf genau wie in der Partnerschaft.

Dass die Geschlechter grundsätzlich verschieden sind, bezweifle inzwischen fast niemand mehr, sagt Prof. Harald Euler von der Universität Kassel. Die Idee, dass Jungen und Mädchen bis auf die Körpermerkmale zunächst gleich seien und die Unterschiede nur durch Erziehung und Umwelt zustande kommen, überzeuge nicht mehr, sagt der Psychologe.

Das sieht auch Christine Bücker-Gärtner so: Die Bedeutung des Geschlechts sei kaum zu leugnen. "Wenn wir jemanden treffen, checken wir als erstes, ob unser Gegenüber ein Mann oder eine Frau ist", erklärt die Psychologin aus Berlin. Dass Männer anders sind als Frauen, sollte weder kleingeredet, noch überschätzt werden: "Die Hirnforschung zeigt, dass die Unterschiede innerhalb der Geschlechter größer sind als zwischen den beiden." Wobei sich Frauen untereinander insgesamt weniger unterscheiden als Männer: "Das ist ein interessantes Phänomen", sagt Prof. Euler. "Egal, ob man die Körpergröße anguckt, den IQ, die Schulleistungen oder die Sprachfähigkeit: Bei Männern gibt es dort viel größere Unterschiede."

Klischees, nach denen Männer nicht zuhören können und Frauen nicht einparken, wie in den Bestsellern von Allan und Barbara Pease behauptet, seien populär, aber so nicht zutreffend, sagt Prof. Euler. Die Unterschiede bei den Fähigkeiten seien klein: Männer und Frauen können grundsätzlich fast alles gleich gut.

"Es geht mehr um unterschiedliche Vorlieben und Neigungen", sagt Euler. "Frauen zeigen ein größeres Interesse an Menschen, Männer an Technik. Frauen verstehen eher durch Einfühlen, Männer durch rationales Erfassen."

Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern sind in Bewegung, betont Susanne Kleinhenz. "Frauen sind heute zum Beispiel viel männlicher als vor 50 Jahren", sagt die Trainerin und Autorin aus Köln. Gleichzeitig werden weibliche Eigenschaften ihrer Überzeugung nach immer wichtiger: Soziale Kompetenz, emotionale Intelligenz und Fingerspitzengefühl im Umgang mit anderen.

Zu behaupten, dass nur Frauen solche Eigenschaften hätten, ist Unsinn, sagt Kleinhenz: "Männer haben immer auch weibliche Anteile und umgekehrt." Und auch da gebe es unter Männern große Unterschiede.

Männer sollten sich bemühen, die eigene weibliche Seite nicht zu unterdrücken. "Frauen wünschen sich von Männern, dass sie Gefühle zeigen", sagt Kleinhenz. Männer sollten in dieser Hinsicht häufiger über ihren Schatten springen, rät Christine Bücker-Gärtner. Das ist schon deshalb kein schlechter Ansatz, weil manche Beziehung sonst zu Ende geht, bevor sie wirklich begonnen hat.