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Pflanzen aus Omas Garten Pflanzen aus Omas Garten: Karriere unter neuem Namen

Von Helga Daberkow 03.07.2003, 09:08

Bonn/dpa. - Georginen, Balsaminen, Tuberosen und Reseden - diese Namen dürften vorwiegend älteren Gartenfreunden bekannt sein. Zu entdecken sind sie vor allem in Gartenbüchern, die bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel haben. In aktuellen Katalogen oder Gartenzeitschriften fehlen sie dagegen meist. Wer sich auf die Suche nach den Lieblingspflanzen aus Großmutters Garten begibt, kann allerdings Überraschendes zu Tage fördern.

Georginen blühen auch heute noch millionenfach in den Gärten. Allerdings sind sie inzwischen unter einem anderen Namen bekannt: Dahlien. Für den Wandel, der bereits im 19. Jahrhundert vonstatten ging, sind die Prinzipien der botanischen Namensgebung verantwortlich. In Madrid, wo die ersten Exemplare der aus Mexiko stammenden Pflanze auf europäischem Boden blühten, benannte der Direktor des Botanischen Gartens die Pflanze 1791 nach dem schwedischen Botaniker Andreas Dahl.

Der Name sei bereits vergeben, glaubte der Berliner Professor Karl Ludwig Wildenow und taufte sie - nach dem russischen Forscher Georgi - Georgia variabilis . Im Volksmund wurde daraus rasch die Georgine. Erst etwa 100 Jahre später wurde der Irrtum erkannt. Doch bis dahin war die Georgine bereits in Goethes Tagebuch verewigt, und er hielt sich auch noch lange in der Alltagssprache.

Botanischen Namenswirrwarr gab es auch bei der Gartenbalsamine: Aus Balsamina hortensis wurde irgendwann Impatiens balsamina. Doch sie ist - zumindest in Deutschland - im Gegensatz zur Georgine tatsächlich vom Markt verschwunden. Dabei umgibt sie sich nicht nur, wie der Name nahe legt, mit balsamischem Duft. Die kräftigen einjährigen Pflanzen schmücken sich auch mit herrlich altmodisch wirkenden Blüten in Weiß, Gelb, Rosa oder Purpur.

Von Sorten mit dicht gefüllten rosen-, nelken- oder kamelienartig geformten Blüten berichtete Vilmorins Blumengärtnerei aus dem Jahr 1879. Aber alle Schönheit half nichts: Gegen die heutige Blütenfülle ihrer Verwandten - des Fleißigen Lieschens (Impatiens walleriana) und des Edellieschens (Impatiens Neu-Guinea-Hybriden) - hatte sie keine Chance. In englischen und amerikanischen Gärten hat die Balsamine dagegen weiter ihren Platz, und vielleicht kommt sie eines Tages auch hier zu Lande wieder in Mode.

Die Immortellen haben diesen Schritt gerade geschafft - unter dem Namen Strohblumen. Getrocknet halten sie jahrelang, sind also scheinbar unsterblich - der französische Name Immortelle verrät es. Und da dieser so vornehm klang, verdrängte er Jahrzehnte lang den Begriff Strohblume. Gänzlich aus der Mode kam sie nie, denn keine andere Trockenblume bewahrt ihre Gold- und Rottöne so schön wie die Strohblume. Dennoch überrascht ihre aktuelle Karriere, die sich sogar auf Balkonkästen, Kübel und Ampeln erstreckt.

Kompakt im Wuchs sind die Strohblumen geworden. Hieß es in Dausiens «Taschenatlas der Sommerblumen» von 1976 noch: «Sie wird bei schlankem, aufrechtem, baumartig verzweigtem Wuchs bis 100 Zentimeter hoch», wachsen heutige Sorten reich verzweigt und buschig lediglich 30 bis 40 Zentimeter in die Höhe. Wie es sich für eine erfolgreiche Sommerblume gehört, schmückt sie sich bis weit in den Herbst hinein mit reichem Flor in leuchtendem Gelb, Orange, Zinnoberrot, Purpur, Rosa oder Weiß.

Das lateinische Wort «tuberosus» bedeutet eigentlich nichts anderes als knollig - und Knollenpflanzen gibt es viele. Aber wer früher von Tuberose sprach, meinte Polianthes tuberosa. Kaum eine andere düftet so betörend, vor allem abends und nachts, wenn die wachsweißen Blüten in der Dunkelheit schimmern. Als Schnittblume wie als Sommertopfpflanze war sie zu Großmutters Zeiten begehrt.

Warum sie heute fast völlig verschwunden ist, gibt Rätsel auf. Denn die Nachthyazinthe, wie sie auch genannt wird, wächst mit riemenförmigen Blättern und 50 bis 60 Zentimeter hohen Blütenständen zur ansehnlichen Kübelpflanze heran. Die Blüten öffnen sich genau rechtzeitig, um warme Sommernächte zu durchduften. Immerhin taucht die Sorte 'The Pearl' unter den 500 Arten und Sorten auf, die ein Kompendium anlässlich der Internationalen Gartenbauausstellung «Floriade» 2002 in Amsterdam beschreibt. Möglicherweise deutet das ja auf eine Renaissance hin.

Das Verschwinden der Gartenreseda (Reseda odorata) ist dagegen rasch erklärt: Ihre grünen oder goldgelben Blüten sind zu unscheinbar. Zwar sitzen sie in langen, dichten Trauben zusammen, doch mit den Farben vieler anderer Pflanzen können sie nicht konkurrieren. Frühere, weniger auf Optik fixierte Generationen, pflanzten die duftende Reseda dagegen gern in ihre Gärten.

Von Bemühungen, die Reseda gegenüber blütenstarken Arten konkurrenzfähig zu machen, sprechen Sortenbeschreibungen in Dausiens Sommerblumen-Altlas. 'Ameliorata' wird als rosa und großblumig bezeichnet, 'Goliath', so heißt es, macht mit dunkelroten Staubblättern auf sich aufmerksam. Genutzt hat ihnen das nichts: Nur an sehr wenigen Orten betört der Geruch der Reseda noch heute.