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MZ-Leserforum MZ-Leserforum: Volljährigkeit verändert Unterhalt

07.09.2014, 09:03
Antrag auf Festsetzung von Unterhalt
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Halle (Saale) - Lukas H., Burgenlandkreis: Ich zahle für meine Tochter Unterhalt. Nach dem Abitur beginnt sie ab September eine Lehre in einer anderen Stadt und mit eigener Wohnung. Wird das Lehrlingsentgelt auf den Unterhalt angerechnet und wie hoch ist mein Selbstbehalt? Einen Unterhaltstitel gibt es nicht.

Antwort: Ab Volljährigkeit des Kindes sind beide Eltern barunterhaltspflichtig. Sie haften im Verhältnis ihrer Einkünfte. Grundsätzlich werden Ausbildungsvergütungen, abzüglich der ausbildungsbedingten Aufwendungen, auf den Unterhalt angerechnet. Ihr Selbstbehalt beträgt 1 200 Euro. Zu prüfen wäre, ob auch die Mutter des Kindes Zahlungen zu erbringen hat.

Paula S., Zörbig: Der Unterhaltsvorschuss des Jugendamtes für meinen siebenjährigen Sohn läuft aus. Wie erfahre ich, wie viel Unterhalt der Vater jetzt leisten müsste? Bisher hat er noch nichts gezahlt.

Antwort: Sie sollten von dem Vater des Kindes schriftlich Auskunft über seine Einkünfte wie beispielsweise Lohn, Zinsen, Steuererstattungen verlangen und sein Nettoeinkommen ermitteln. In der sogenannten Düsseldorfer Tabelle lässt sich, gestaffelt nach dem Nettoeinkommen des Ex-Mannes und dem Alter des Kindes, die Unterhaltsverpflichtung für das Kind ablesen. Davon werden abgezogen: bei minderjährigen Kindern die Hälfte des Kindergeldes, bei volljährigen Kindern das gesamte Kindergeld. Der verbleibende Betrag ergibt den Zahlbetrag. Für ein siebenjähriges Kind und bei einem Nettoeinkommen des Mannes zwischen 1 501 Euro bis 1 900 Euro ergäbe sich gemäß der Tabelle ein Unterhalts-Zahlbetrag von 291 Euro.

Hilde T., Naumburg: Unsere Tochter wohnt mit ihrem Freund zusammen, der zugleich der Vater ihrer achtjährigen Tochter ist. Muss er für das Kind nicht Unterhalt zahlen?

Antwort: Nach Ihrer Schilderung lebt Ihre Tochter in einer intakten Beziehung in einem eheähnlichen Verhältnis mit dem Vater des Kindes zusammen in einer Wohnung. In diesem Zusammenleben erfüllt er seine Unterhaltsverpflichtung, indem er ebenso wie die Mutter für die Lebenshaltungskosten des Kindes aufkommt. Er muss nicht noch zusätzlich Unterhalt zahlen.

Mario F., Saalekreis: Ich fechte die Vaterschaft an und zahle deshalb zur Zeit keinen Unterhalt. Der Gerichtsvollzieher will den Unterhalt jetzt pfänden. Darf er das?

Antwort: Bis rechtskräftig festgestellt ist, dass Sie nicht der Vater des Kindes sind, besteht Ihre Unterhaltspflicht weiter fort.

Ben H., Merseburg: Unsere Tochter wird bald 18. Wie ist der Unterhalt für volljährige Kinder geregelt?

Antwort: Ab Volljährigkeit des Kindes sind beide Eltern barunterhaltspflichtig. Das heißt, sie müssen Unterhalt entsprechend ihrem Einkommen zahlen. Liegt ein Unterhaltstitel vor, sollte er dahingehend geändert und der Unterhalt neu berechnet werden.

Karl P., Mansfeld-Südharz: Wie sehen die Selbstbehalte für den Kindesunterhalt aus? Meine Tochter, für die ich Unterhalt zahle, wird bald zwölf Jahre alt.

Antwort: Beim Kindesunterhalt gibt es einmal den Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern. Für Erwerbstätige beträgt er 1 000 Euro, für Nichterwerbstätige 800 Euro. Ebenso geregelt ist der Selbstbehalt gegenüber privilegierten volljährigen Kindern. Das sind Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der Schulausbildung befinden. Schließlich gibt es den Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern. Er beträgt generell 1 200 Euro. Aber: Das Unterschreiten des Selbstbehalts entbindet nicht automatisch von der Zahlung des Mindestunterhaltes für ein minderjähriges Kind - in Ihrem Falle derzeit 272 Euro, und ab dem 12. Geburtstag 334 Euro. Hier prüft das Gericht im Einzelfall, ob der Unterhaltspflichtige alles dazu beiträgt, um mehr zu verdienen - beispielsweise durch Arbeit statt halbtags Vollzeit, Ausübung eines Nebenjobs, Arbeitssuche mit Nachweis von 30 Bewerbungen im Monat und so weiter.

Grit E., Halle: Ich bin geschieden. Es besteht ein Unterhaltstitel für unsere Tochter. Seit Jahren versuche ich, den Unterhalt zu vollstrecken - ergebnislos. Was kann ich tun?

Antwort: Sie können weiterhin regelmäßige Vollstreckungsversuche veranlassen. Bei minderjährigen Kindern verjährt die Forderung zwar zunächst nicht, die Gegenseite könnte sich aber gegebenenfalls auf Verwirkung berufen.

Udo B., Eisleben: Mein Sohn (21) hat eine Lehre absolviert, dann gearbeitet. Er will jetzt aber noch eine völlig andere Ausbildung aufnehmen. Muss ich ihm für die Zeit Unterhalt zahlen?

Antwort: Eltern sind verpflichtet, eine Erstausbildung ihres Kindes zu finanzieren, nicht aber weitere zusätzliche Ausbildungen. Es sei denn, die zweite Ausbildung baut folgerichtig auf der ersten auf. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn sich einer kaufmännischen Ausbildung ein Studium der Betriebswirtschaftslehre anschließt. Da nach Ihrer Schilderung die zweite Lehrausbildung inhaltlich mit der ersten nichts zu tun hat, sind Sie während der zweiten Lehrausbildung in keiner Unterhaltspflicht.

Harald S., Burgenlandkreis: Ich zahle Unterhalt für meinen fast 22-jährigen Sohn. Gemäß Titel werden monatlich 287 Euro von meinem Gehaltskonto gepfändet. Seit eineinhalb Jahren erhält der Sohn monatlich 700 Euro netto Lehrlingsentgelt. Muss ich da überhaupt noch Unterhalt zahlen? Netto verdienen die Frau 1 500 Euro, ich 1 700 Euro.

Antwort: Eltern eines volljährigen Kindes haften beide für den Unterhalt im Verhältnis zu ihren Einkommen. Das Nettoentgelt Ihres Sohnes plus Kindergeld, abzüglich ausbildungsbedingter Aufwendungen, die pauschal mit höchstens 90 Euro angesetzt werden können, reichen aus, um den Bedarf des Sohnes zu decken. Sie wären demzufolge nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet. Da aber der Titel weiterhin besteht, müssen Sie Ihrer Zahlungspflicht nachkommen. Sie sollten daher umgehend beim Amtsgericht einen Abänderungsantrag hinsichtlich Ihres Unterhalts und die Einstellung der Zwangsvollstreckung veranlassen - gegebenenfalls mit Hilfe eines Rechtsanwaltes.

Claudia J., Saalekreis: Mein geschiedener Ex stellt sich bei den Unterhaltszahlungen für unsere kleine Tochter, die bei mir lebt, quer. Ich würde gern einen Anwalt zu Hilfe nehmen, kann das aber nicht bezahlen. Gibt es in solchem Fall Hilfe?

Antwort: Sie haben die Möglichkeit, beim Amtsgericht einen Berechtigungsschein zu beantragen. Damit können Sie eine Beratung bei einem Anwalt in Anspruch nehmen. Ihr Eigenanteil beträgt nur 15 Euro. Wenn es dann später zu einem Gerichtsverfahren kommt, steht es Ihnen frei, Verfahrenskostenhilfe zu beantragen.

Katrin S., Burgenlandkreis: Ich lebe von meinem Freund getrennt. Unser Baby ist wenige Monate alt. Er hat hohe Schulden, vor allem durch den Kauf einer Immobilie und einer Eigentumswohnung und daraus sich ergebenden Kreditverpflichtungen. Deswegen zahlt er keinen Unterhalt. Wie kann ich ihn dazu bringen?

Antwort: Gegenüber dem minderjährigen Kind besteht eine erhöhte Erwerbsobliegenheitspflicht des Vaters. Der Vater muss alles dafür unternehmen, um den Mindestunterhalt laut Düsseldorfer Tabelle sicher zu stellen. Gegebenenfalls muss er seine Immobilien verwerten. Als Alleinerziehende sollten Sie den Vater zwecks Unterhaltszahlung in Anspruch nehmen. Dafür könnten Sie das Jugendamt bevollmächtigen. Es kann den vollen Unterhalt für Sie geltend machen. Ansonsten wäre die Hilfe eines Rechtsanwalts empfehlenswert.

Marie F., Sangerhausen: Mein Ex zahlt für sein Kind keinen Unterhalt. Ich möchte mir daher einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen. Was passiert dann? Hätte ich ein Recht auf rückwirkende Zahlung?

Antwort: Das Prozedere ist so, dass der Anwalt Ihren Ex-Mann außergerichtlich auffordert, sein Einkommen anzugeben, um die Höhe des Unterhalts berechnen zu können. Reagiert er nicht darauf, kann gerichtlich vorgegangen werden. Von dem Zeitpunkt an, ab dem Sie Ihren Ex-Mann um Auskunft und Zahlung zwecks Unterhalt auffordern, befindet er sich im Verzug und muss rückwirkend Unterhalt zahlen.

Martin K., Harzkreis: Bis zu welchem Alter hat ein Kind Anspruch auf Unterhaltszahlung? Mein Sohn studiert im sechsten Semester.

Antwort: Der Unterhalt für Kinder richtet sich nicht nach einer Altersbegrenzung, sondern danach, ob sich ein Kind in der Ausbildung befindet. Für diese Zeit muss in der Regel Unterhalt entsprechend den Einkommensverhältnissen gezahlt werden. Danach gilt eine Übergangsfrist für die Stellensuche, die je nach Oberlandesgericht auf drei bis sechs Monate festgelegt ist, und während der weiter Unterhalt zu zahlen ist, sofern das Kind noch keine Stelle gefunden hat. Im Gegenzug hat das Kind die Verpflichtung, die Ausbildung zielstrebig durchzuführen.

Nicolas D., Merseburg: Ich zahle laut Titel Unterhalt an meinen Sohn. Er wird bald 18, beginnt eine Lehre, erhält Entgelt. Müsste meine Unterhaltszahlung dann nicht geringer ausfallen? Wie verhalte ich mich?

Antwort: Grundsätzlich gilt: Ab Volljährigkeit sind beide Eltern barunterhaltspflichtig. Wird eine Lehre aufgenommen, ist das Ausbildungsentgelt des volljährigen Kindes auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen. Bei Vorhandensein eines Unterhaltstitels müssen Sie tätig werden, denn der Titel besteht in der Regel solange fort, bis der Unterhaltspflichtige dagegen vorgeht. Das heißt, Sie müssten Sohn und Mutter anschreiben, Auskunft über deren Einkommensverhältnisse - Ausbildungsentgelt, Verdienst - verlangen und dann aufgrund der veränderten Einkommensverhältnisse eine außergerichtliche Einigung zwecks geringerer Unterhaltszahlung treffen (Vollstreckungsverzicht). Ist die Gegenseite damit nicht einverstanden, können Sie vor Gericht einen Antrag auf Abänderung des Titels stellen.

Barbara H., Burgenlandkreis: Mein Sohn zahlt bereits für seine Tochter, die anderthalb Jahre alt ist, Unterhalt. Jetzt soll er das auch für seine Ex. Die beiden waren nicht verheiratet. Ist das rechtens?

Antwort: Was den Betreuungsunterhalt angeht, so gibt es auch für nicht verheiratete Elternteile in den ersten drei Jahren Unterhaltsansprüche. Das heißt, Ihr Sohn muss seiner Ex-Partnerin Unterhalt zahlen. Die Höhe richtet sich nach dem Lebensstandard der Mutter, sofern Ihr Sohn in dieser Höhe leistungsfähig ist. Die Mutter - bleibt sie zu Hause - muss finanziell so gestellt werden, wie sie es ohne Kind wäre. Hat sie vorher nicht gearbeitet, steht ihr der Mindestbedarf von 800 Euro zu.

Udo W., Saalekreis: Ich bin unterhaltspflichtig und erwäge, auszuwandern. Was ändert sich da?

Antwort: An der Unterhaltspflicht selbst ändert sich nichts, unter Umständen aber etwas an der Höhe des zu zahlenden Unterhaltes. Bei einer Auswanderung in die Schweiz zum Beispiel: Dort sind die Lebenshaltungskosten höher als in Deutschland. Ihr Einkommen ist dann entsprechend der realen Kaufkraft umzurechnen. Andererseits sind dort in der Regel auch die Einkünfte höher. (mz)

Die Fachanwältin für Familienrecht Olivia Goldschmidt aus Magdeburg
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Die Fachanwältin für Familienrecht Sandra Baatz aus Naumburg
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Die Fachanwältin für Familienrecht Marie-Luise Merschky aus Halle
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