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Mobilfunkdienste Mobilfunkdienste: SMS-Flirtlines ziehen Teenager in die Schuldenspirale

17.03.2004, 11:33
Und weg ist sie! Aber für wieviel eigentlich? (Foto: dpa)
Und weg ist sie! Aber für wieviel eigentlich? (Foto: dpa) ZB

Halle/Dresden/dpa. -    Die Flirt-SMS-Angebote seien mit der Telefonerotik vergleichbar,die über teure 0190er-Nummern läuft, sagt Gabriele Emmrich von derVerbraucherzentrale Sachsen-Anhalt in Halle. «Mit beidem wollen dieAnbieter vor allem Geld verdienen.» Wenn Jungs und Mädchen ihreKurznachricht abgeschickt haben, komme die nicht etwa bei anderenFlirtwilligen an, sondern landet bei einem Mitarbeiter derAnbieterfirma. «Der antwortet dann.» Viele Jugendliche lassen sichdanach dazu verleiten, eine SMS nach der anderen abzuschicken.

Das böse Erwachen komme erst einige Wochen später mit der nächstenTelefonrechnung, sagt Emmrich. «Denn die Jungs und Mädchen wissen oftnicht, dass jede abgeschickte Nachricht bis zu drei Euro kostenkann.» Wer sich aber vorher über die finanzielle Seite informierenwill, muss schon ganz genau hinsehen. Der Preis für eine SMS stehtmeistens nur im Kleingedruckten. «Manchmal aber auch nicht mal dort»,so Gudrun Scheffler von der Schuldnerberatung der Caritas in Dresden.

Bei der Expertin haben schon viele junge Leute Rat gesucht, weilsie ihre Handyrechnung nicht mehr bezahlen konnten. Nicht immer seienAnzeigen oder Werbespots im Fernsehen der Grund: «Einmal kam einMädchen zu mir, die auf eine SMS mit einer harmlosen Absendernummerreagiert hat», sagt Scheffler. «Dabei wusste sie nicht, dass ihreAntwort auf eine teure Nummer umgeleitet wurde.» Viele Handybesitzerwerden so direkt per SMS angesprochen. «Gerade für Jugendliche ist esnicht leicht, seriöse von unseriösen Anbietern zu unterscheiden. DieAbzocker lassen sich immer wieder neue Tricks einfallen.»

Dabei können nicht nur die Kurznachrichten, die ein Handynutzerselbst abschickt, viel Geld kosten. Der 19-jährige Ingo Muth ausHannover musste auch jede SMS bezahlen, die bei ihm einging. «Es fingalles damit an, dass ich eine Nachricht an eine fünfstellige Nummergeschickt habe», erzählt der Auszubildende. «Kurz danach stand meinHandy nicht mehr still. Alle paar Sekunden kam eine SMS an.» Erst alsIngo das Codewort «off» eintippte, war der Spuk vorbei. «Das Ganzehat mich mehrere hundert Euro gekostet. Zum Glück konnte ich mit derAnbieterfirma eine Ratenzahlung vereinbaren.» Seitdem gehen jedenMonat 50 Euro von seinem Azubi-Gehalt auf das Konto der Betreiber.

«Vielen Jugendlichen ist der Überblick über ihre Handyschuldeninzwischen verlorengegangen», sagt Gudrun Scheffler. «In ihrerAusweglosigkeit stecken sie schnell den Kopf in den Sand und machenMahnbriefe einfach nicht mehr auf.» Doch die Kostenspirale dreht sichweiter. Spätestens nach der dritten Mahnung schalten die Gläubigerein Inkasso-Unternehmen ein, das zusätzlich Geld kostet. Schefflerrät deshalb Betroffenen, sofort eine Schuldnerberatung aufzusuchen.

Die Mitarbeiter dort lassen sich zuerst den Sachverhalt erklären,prüfen Rechnungen und abgeschlossene Verträge. «Deshalb sollten alleUnterlagen dazu gleich mitgebracht werden», sagt Scheffler. Oft seienzum Beispiel Rechnungen falsch oder würden mehrfach gestellt. «Wennwir uns genau über alles informiert haben, machen wir dem BetroffenenVorschläge, wie er seine Schulden abzahlen kann.» Auch beim Aufsetzenvon Briefen an den Gläubiger wird geholfen. Für Gudrun Scheffler istes wichtig, dass sich Jugendliche ihrem Problem stellen und aktivwerden. Nur so können sie aus ihren Fehlern lernen.

   Selbst wenn Betroffene auf unseriöse Angebote reingefallen sind,kommen sie nur selten um eine Zahlung der Rechnung herum. «Umrechtlich vorzugehen, müssten sie nachweisen können, dass die Kostennicht korrekt angegeben wurden», sagt Verbraucherschützerin Emmrich.Ein langer Rechtsstreit mit dem Gläubiger sei dann vorprogrammiertund könne zusätzliche Kosten verursachen. Die Expertin empfiehltallen Jungs und Mädchen, nur die Angebote zu nutzen, über die siesich vorher genau informiert haben. Schließlich könne jeder sein Geldauch für bessere Dinge ausgeben, als hunderte Euro in einenTraumpartner zu investieren, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt.