Mehr als ein Glashaus: Wintergärten richtig planen
Marktredwitz/Hamburg/dpa. - Die Vorbilder heutiger Wintergärten sind Palmenhäuser und Orangerien des Adels im 18. und 19. Jahrhundert. Lange war es konstruktionsbedingt nicht möglich, ganzjährig darin zu wohnen. Dies hat sich dank moderner Technik geändert.
Ein Wintergarten kann als unbeheizter Glasanbau, leicht temperierter Überwinterungsort für empfindliche Pflanzen oder sogar als ganzjährig genutzter Wohnraum dienen. «Architektonisch betrachtet sollte ein Wintergarten vor allem zum Haus passen», sagt der Architekt und Fachbuchautor Johannes Kottjé im bayerischen Marktredwitz. Preiswerte Wintergärten zum Anbauen, die es vorgefertigt in Katalogen zu kaufen gibt, träfen selten den Stil des Hauses und könnten den Wert einer Immobilie sogar mindern.
Nicht immer ist ein Wintergarten aber auch das Richtige. «Wenn mit einem Wintergarten zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden soll, ist Vorsicht geboten», warnt der Architekt Holger Reiners aus Hamburg. Besser bedient seien Hausbesitzer dann mit einem klassischen Anbau mit massivem Dach und guter Wärmedämmung. Denn im Winter vergeude ein Glasbau unnötig viel Energie und sei ungemütlich.
Kottje rät zumindest von einem Glasdach ab. Ein Wintergarten mit geschlossenem Dach sei fast zu jeder Jahreszeit behaglich und somit eher als Wohnraum geeignet. Denn im Sommer diene das Dach als Sonnenschutz und im Winter werde die massive Wärmeabstrahlung eines Glasdaches vermieden. Auch historische Wintergärten hatten laut Kottjé kein Glasdach. «Vor 100 Jahren wäre es kaum möglich gewesen, ein Glasdach mit den damaligen technischen Möglichkeiten dicht herzustellen.» Außerdem war Glas noch wesentlich teurer.
«Bauherren sollten sich bereits bei der Planung genau überlegen, wofür der Wintergarten genutzt wird», rät Steffen Spenke, Vorsitzender des Bundesverbands Wintergarten in Berlin. Aufgrund seiner exponierten Lage zwischen drinnen und draußen und den Anforderungen an den verwendeten Baustoff könnten Planungsfehler und eine falsche Nutzung sonst zu erheblichen Bauschäden führen.
Üblicherweise verwenden Architekten und Handwerker für den Bau eines Wintergartens Aluminium, Holz und Kunststoff. «Welches Material oder welcher Materialmix zum Tragen kommt, hängt aber von den statischen Anforderungen ab, ebenso von den verfügbaren finanziellen Mitteln», sagt Spenke. Auch die Qualität des Glases habe eine zentrale Bedeutung. Im besten Fall kann es starke Wärmeverluste in der Heizperiode und eine Überhitzung durch Sonneneinstrahlung mindern.
Ist der Bau jedoch komplett aus Glas, kann es darin im Sommer ohne Beschattung unerträglich heiß werden. «Bereits an einem normalen Sonnentag kann die Raumtemperatur auf über 35 Grad Celsius steigen», sagt Gerhard Rommel vom Bundesverband Rollladen und Sonnenschutz in Bonn. Am besten helfe dann ein außen angebrachter Sonnenschutz. Markisen blockten die Sonnenstrahlung schon vor der Glasfront ab.
Temperatursensoren im Innenraum sorgten außerdem dafür, dass die Markise erst ausgefahren wird, wenn der Raum die gewünschte Temperatur erreicht hat. Auf diese Weise lasse sich im Frühjahr und Herbst Heizenergie sparen, sagt Rommel.
Ein ganzjährig genutzter Wintergarten komme allerdings trotz Sonnenstrahlen nicht ohne Heizung aus, betont Spenke. Von einer Fußbodenheizung rät er allerdings ab, da sie zu träge auf die üblichen Temperaturschwankungen reagiere. Ein Wintergarten, der das ganze Jahr genutzt wird, sei deshalb ein nicht ganz billiges Vergnügen.
Literatur:
Kottjé, Johannes: Wohnen zwischen drinnen und draußen. Wintergärten, Terrassen und andere fantasievolle Refugien, DVA, ISBN-13: 978-3421037534, 39,95 Euro.
Wintergärten sind in den meisten Bundesländern einreichungspflichtig. Das bedeutet, dass die Bauämter nach Einreichen der Bauunterlagen entscheiden, ob eine Baugenehmigung notwendig ist oder nicht (Genehmigungsfreistellung). Darauf weist der Bundesverband Wintergarten in Berlin hin. Eine unverbindliche Bauanfrage gibt Hausbesitzern Klarheit. Sie klärt auch, ob und unter welchen Auflagen eine Baugenehmigung erteilt wird.