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Manufakturen in Deutschland Manufakturen in Deutschland: In Meißen steht Europas älteste Porzellanmanufaktur

Von Andreas Heimann 04.08.2003, 15:49
Im Zeichen der Schwerter - ganz egal welches Dekor, den Boden der Porzellanartikel ziert das charakteristische Markenzeichen. Es wird bereits seit 1722 verwendet. (Foto: dpa)
Im Zeichen der Schwerter - ganz egal welches Dekor, den Boden der Porzellanartikel ziert das charakteristische Markenzeichen. Es wird bereits seit 1722 verwendet. (Foto: dpa) Staatliche Porzellan-Manufaktur

Meißen/dpa. - Zu erkennen ist es an den beiden gekreuzten Schwertern: Meissener Porzellan wird seit 1722 damit gekennzeichnet. «Es ist das älteste Warenzeichen der Welt, das noch in Gebrauch ist», erklärt Sybille Wiedemann von der Pressestelle der Staatlichen Porzellan-Manufaktur. Im exklusiven Kreis der Manufakturen ist Meissen die älteste. Kein Wunder, schließlich wurde das europäische Porzellan in Sachsen erfunden, und kein anderer als der sächsische Kurfürst und Porzellanliebhaber August der Starke war es, der kräftig dazu beitrug, das «weiße Gold» in Mode zu bringen.

Der zupackende Herrscher fackelte auch in dieser Hinsicht nicht lange: «1708 gelang es erstmals, Porzellan herzustellen, 1710 wurde bereits die Manufaktur gegründet», erzählt Sybille Wiedemann. Und 1713 wurde Meissener Porzellan auch schon bei der Leipziger Messe verkauft - August konnte Geld gut gebrauchen. Seitdem ist das Porzellan aus der beschaulichen Stadt an der Elbe nordwestlich von Dresden zum echten Longseller von Weltruf geworden.

«65 Prozent unseres Porzellans werden heute in Deutschland verkauft, 35 Prozent ins Ausland, etwa nach Großbritannien und Asien, besonders nach Japan», sagt Wiedemann. Denn die Japaner haben - wie die Chinesen - selbst ein lange Porzellantradition, «schätzen aber auch die Meissener Stücke besonders.»

«Die Manufaktur ist keinem bestimmten Stil verpflichtet», so der Geschäftsführer Hannes Walter. «Das Verbindende aller Einzelstücke ist der hohe Qualitätsanspruch.» Es gibt wenig, was in Meissen nicht aus Porzellan gefertigt wurde: Services natürlich in allen erdenklichen Dekoren, Terrinen mit Zitronenknauf, Vasen mit Blütenbelag, Dekorteller mit Blumenmalerei in unzähligen Variationen, Figuren, die mal der italienischen Commedia dell'arte entlehnt sind, mal Bergleute darstellen.

Nicht jedes Dekor würde heute den Zeitgeschmack treffen, aber vieles hat doch überdauert - wie die vom Jugendstil inspirierten kleinen Figurenplastiken von Julius Konrad Hentschel, die vor dem Ersten Weltkrieg entstanden sind. Eine neue limitierte Auflage von drei «Hentschelkindern» soll noch in diesem Jahr in den Handel kommen.

Den Ruf der Meissener Porzellanfiguren begründet hat Johann Joachim Kaendler (1706 - 1775). Die «Kaendlerschen Figuren», die einst Kabinette und festliche Tafeln schmückten, gelten als so detailgetreu, dass sie die gesamte Gesellschaft im 18. Jahrhundert im Kleinen nachzeichnen.

Die Meissener Manufaktur hat immer wieder stilbildend gewirkt, nicht nur in den höheren Kreisen, sondern manchmal bis in fast jedes Wohnzimmer - wie beim Zwiebelmuster. Seit 1739 wurde dieses Dekor, das gar keine Zwiebeln, sondern Granatäpfel und Pfirsiche darstellt, für hunderte von Artikeln verwendet. Die blau-weiße Komposition wurde immer wieder kopiert: Rund 50 Unternehmen weltweit produzieren heute Porzellan mit Zwiebelmuster nach Meissener Vorbild.

Der Erfolg der Manufaktur ist nicht zuletzt ihren rund 400 Porzellanmalern zu verdanken. «Das sind oft Topspezialisten, die sich ihr Leben lang weiterbilden», sagt Lutz Richter, der Leiter der Abteilung Malerei. Das Jahr 2003 steht in Meißen im Zeichen der Rose. So hat die Manufaktur eine Rosen-Edition aufgelegt, die Stilelemente aus unterschiedlichen Epochen aufgreift: Dazu gehört etwa eine Tasse in Form einer Rose nach Rokoko-Vorbildern, eine Keksdose, die an Art Déco erinnert oder ein romantischer Spiegel, der von Rosenmalerei umrandet ist.

Eine Weltneuheit ist das Porzellanbuch, das die Manufaktur in diesem Jahr aufgelegt hat. Dessen Seiten bestehen vollständig aus Porzellan und sind mit Gedichten dekoriert, die sich der Rose widmen. «Das Buch kostet rund 5000 Euro, ist aber im freien Handel schon nicht mehr erhältlich», sagt Kay Leonhardt, Tourismusmanager der Manufaktur. Weitere Auflagen sind jedoch in Vorbereitung. Die Rosen-Edition, sämtliche Stücke limitiert und nummeriert, kommt erst im September in den Fachhandel.

Fast so beliebt wie das Porzellan ist die Manufaktur selbst. Längst ist sie ein Publikumsmagnet ersten Ranges geworden: «Wir sind eine der Hauptattraktionen in ganz Sachsen», betont Leonhard. «Unser Rekordjahr war 2001, da hatten wir 400 000 Besucher.» Im vergangenen «Flutkatastrophen-Jahr» waren es ein Viertel weniger. Weil das Interesse aber spürbar gewachsen ist, soll bis 2005 ein neues Besucherzentrum entstehen. Bis dahin gibt es etwa alle zehn Minuten Führungen durch die Schauwerkstatt.

Die Schauhalle gibt es bereits seit 1916. «Wir zeigen dort repräsentative Beispiele aus der Geschichte unserer Manufaktur», erzählt Leonhardt. Rund 3000 Exemplare Meissener Porzellans sind in Vitrinen ausgestellt: Vasen und Döschen, Uhrgehäuse und Konfektschalen, Kerzenständer und Kakaokannen und natürlich auch ganze Services - darunter das mit der «Mahonien-Ranke» mit 100 Teilen für 12 Personen, das 12 200 Euro kostet. Kaufen lassen sich viele Stücke gleich in der Filiale im Haus, einer von deutschlandweit insgesamt 14. Weltweit gibt es außerdem 300 Fachhändler.

Porzellanfans haben im Repertoire aus Meißen große Auswahl: Rund 175 000 Artikel sind lieferbar. «Die Preise beginnen bei 12 Euro für Porzellan-Medaillen», sagt Leonhardt. «Figuren gibt es ab 80 Euro, aber auch für ein Vielfaches.» Und manche Stücke können ein kleines Vermögen kosten.

Dass der Preis mit dem Aufwand bei der Herstellung zu tun hat, können sich Besucher in der Schauwerkstatt ansehen: Schritt für Schritt lässt sich verfolgen, wie Vasen oder Tassen aus Porzellan entstehen - vom Drehen an der Töpferscheibe, die mit dem Fuß angetrieben wird, bis zur Unter- und Aufglasurmalerei. Erst später wird mit feinem Pinsel das spezielle Meissener Gütezeichen aufgetragen: die beiden Schwerter aus dem kursächsischen Wappen.

Informationen: Staatliche Porzellan-Manufaktur Meissen, Talstraße 9, 01662 Meißen. Führungen von Gruppen können im Besucherbüro unter 03521/46 82 08 angemeldet werden.

Die Porzellan-Manufaktur Meissen ist ein Publikumsmagnet und gehört zu den wichtigsten Attraktionen in ganz Sachsen - in der Schauwerkstatt können sich Besucher die einzelnen Stationen der Porzellanherstellung Schritt für Schritt erklären lassen. Hinterher gibt es in der Schauhalle eine ungewöhnliche Sammlung mit Meissener Porzellan zu sehen. (Foto: dpa)
Die Porzellan-Manufaktur Meissen ist ein Publikumsmagnet und gehört zu den wichtigsten Attraktionen in ganz Sachsen - in der Schauwerkstatt können sich Besucher die einzelnen Stationen der Porzellanherstellung Schritt für Schritt erklären lassen. Hinterher gibt es in der Schauhalle eine ungewöhnliche Sammlung mit Meissener Porzellan zu sehen. (Foto: dpa)
Staatliche Porzellan-Manufaktur
Begehrte Sammlerstücke - Porzellanfiguren aus Meißen oder wie diese nach historischen Vorbildern bemalten Offiziere aus der Sächsischen Porzellan-Manufaktur Dresden stehen in Vitrinen von Porzellanliebhabern meist nicht allein. (Foto: dpa)
Begehrte Sammlerstücke - Porzellanfiguren aus Meißen oder wie diese nach historischen Vorbildern bemalten Offiziere aus der Sächsischen Porzellan-Manufaktur Dresden stehen in Vitrinen von Porzellanliebhabern meist nicht allein. (Foto: dpa)
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