Rentenversicherung muss zahlen Liebe vor Krankheit: Witwerrente trotz kurzer Ehe
Heiraten Paare, wenn ein Partner todkrank ist und wohl nicht mehr lange zu leben hat, wird eine Versorgungsehe vermutet - und eine Witwerrente abgelehnt. Warum ein Gericht solch einen Fall kippte.

Berlin - Normalerweise besteht kein Anspruch auf eine Witwer- oder Witwenrente, wenn eine Ehe weniger als ein Jahr gedauert hat. In bestimmten Fällen kann es jedoch Ausnahmen geben. Auf solch eine weist die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mit Blick auf eine Entscheidung des Sozialgerichts Stuttgart (Az: S 24 R 4315/21) hin.
Im konkreten Fall waren ein Mann und sein Lebensgefährte seit rund fünf Jahren ein Paar, bevor sie beschlossen zu heiraten. Das verkündeten sie auch im Freundes- und Bekanntenkreis. Sieben Monate später wurde bei dem Mann nach einem Verkehrsunfall ein Hirntumor diagnostiziert, der nur palliativ behandelt werden konnte. Weitere neun Monate später wurde die Ehe geschlossen. Sie bestand dann nur knapp drei Monate - weil der Mann starb.
Rentenversicherung lehnte Witwerrente ab
Der Witwer beantragte in der Folge eine Witwerrente - doch die Rentenversicherung weigerte sich zu zahlen. Ein Anspruch darauf sei ausgeschlossen, da die Ehe weniger als ein Jahr gedauert habe.
Das sah das Gericht anders. Es war überzeugt, dass gewichtige Umstände gegen eine Versorgungsehe sprachen. Der Wunsch, nach mehreren Jahren des Zusammenlebens zu heiraten, um die gemeinsame Liebe offiziell zu bestätigen und ihr auch rechtlich Ausdruck zu verleihen, kann grundsätzlich als ein besonderer Umstand gewertet werden, so das Gericht.
Heiratspläne bereits vor zufällig entdeckter Erkrankung
Das Paar hätte bereits konkrete Heiratspläne gehabt und Vorbereitungen getroffen, bevor es von der lebensbedrohlichen Erkrankung erfuhr, heißt es in der Begründung. Es habe sich auch nicht um eine bereits seit Jahren bekannte Erkrankung gehandelt, in deren Verlauf der Heiratsentschluss gefasst wurde, so das Gericht. Vielmehr sei der Tumor zufällig entdeckt worden. Bei der Verlobung sei von der Erkrankung noch nichts bekannt gewesen.
Es erscheint deshalb nachvollziehbar und glaubwürdig, dass der langgehegte Wunsch zu heiraten ein wichtiges Motiv für die Eheschließung war – mindestens ebenso bedeutend wie der Wunsch nach gegenseitiger Absicherung.