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Kultur Kultur: Manga ist für alle da

Von Sven Appel 10.11.2004, 15:11
Wenn es im Comic um Gefühle geht: Manga bieten eine große Bandbreite an Themen. In «Dystopia - Love at Last Sight» von Judith Park geht es um Liebe, Freundschaft, Trauer und Einsamkeit. (Foto: dpa)
Wenn es im Comic um Gefühle geht: Manga bieten eine große Bandbreite an Themen. In «Dystopia - Love at Last Sight» von Judith Park geht es um Liebe, Freundschaft, Trauer und Einsamkeit. (Foto: dpa) Carlsen Comics

Hamburg/Duisburg/dpa. - Manga boomt. Die aus Japan stammendeComic-Kultur erfreut sich auch hier zu Lande zunehmender Beliebtheit.Dabei steigt nicht nur die Zahl der verkauften Hefte. «Bei einemZeichenwettbewerb im Frühjahr haben wir 4000 Einsendungen bekommen»,sagt Heike Drescher vom Verlag Carlsen Comic in Hamburg. «Es gibteinen Trend zum Selberzeichnen.»

Zu den bekanntesten Titeln und Vorbildern gehören «Sailor Moon»,«Dragonball» oder «Akira». Übervater der Szene ist der verstorbeneOsamu Tezuka, der Figuren wie «Astro Boy» und «Black Jack» erfundenhat. Mittlerweile gibt es auch aus Deutschland stammende Mangakas,wie die Zeichner und Zeichnerinnen genannt werden, die eine gewissePopularität besitzen.

Eine davon ist die 20-jährige Judith Park aus Duisburg. Sie wurdevor einigen Jahren bei einem Zeichenwettbewerb entdeckt. Heute gehörtsie, bekannt geworden durch «Dystopia – Love At Last Sight», zu dendeutschen Top-Mangakas. Mangas werden zunächst über mehrere Ausgabenhinweg in speziellen Manga-Magazinen veröffentlich. Kommt die Storygut an, werden die einzelnen Kapitel als Geschichte gebündelt ineinem Buch veröffentlicht. So war es auch bei Judith Park, deren«Dystopia» zunächst in der Zeitschrift «Daisuki» lief.

«Ich habe mit 13 Jahren angefangen, mich für Mangas zuinteressieren», erzählt Judith Park. Begonnen hat es mitFernsehserien wie «Sailor Moon» und «Captain Future», die wieübrigens auch die Heidi-Comic-Staffel im Manga-Stil gehalten sind.Solche Zeichentrickfilme werden Anime genannt. Sie liefen imdeutschen Fernsehen teilweise lange bevor Mangas in die Läden kamen.Judith Park fängt jede ihrer Geschichten mit dem Zeichnen vonStrichmännchen an. Erst wenn die Idee vom Verlag akzeptiert wird,beginnt die Feinarbeit. «Für ein Kapitel brauche ich ungefähr einenMonat.»

Auch wenn es mit Judith Park und Robert Labs, wahrscheinlich demeinzigen deutschen Mangaka, der vom Zeichnen leben kann, erfolgreichedeutsche Mangakas gibt, stammen die meisten Mangas aus Fernost. «Wirimportieren 90 Prozent», erklärt Heike Drescher. Wie in Japan werdenMangas, die man übrigens von hinten nach vorne liest, auch hiermittlerweile in Schwarz-Weiß angeboten. Dadurch sind die Comics ausFernost deutlich günstiger als die Konkurrenz aus dem Westen. Rundsechs Euro kostet ein Manga.

Das Format ist aber nicht der einzige Unterschied zwischenamerikanischen Comics wie «Superman», belgisch-französischen Werkenwie «Tintin» und den Mangas: «Der Zeichenstil unterscheidet sichdeutlich», sagt Christian Kolos, Betreiber der Websitepsycko-manga.de in Donauwörth. Besonders auffällig sind die großenAugen der meist schnörkellos gezeichneten Charaktere, die einen Blickin die «Seele» der Figuren ermöglichen sollen.

Ein weiteres Merkmal von Mangas sind die so genannten Speed Lines- Striche, die dem Bild Dynamik verleihen und den Leser in dieHandlung ziehen sollen. Charakteristisch sind zudem die häufigwiederholten Ausschnitte, bei denen der Hintergrund unverändertbleibt und die Figuren somit in den Vordergrund treten. «Das wirktviel filmischer», so Heike Drescher von Carlsen Comics. «Meist gibtin Mangas nur schöne Figuren. Knollennasen sucht man hier vergeblich.»

Aber auch die von den Mangakas aufgegriffenen Themen sind oft ganzandere als die aus westlichen Comics bekannten. Christian Kolos stehtauf futuristische Mangas wie «Akira» und «Ghost in the Shell». InJapan, wo die Comics von Menschen aller Altersgruppen und sozialenSchichten gelesen werden, gibt es Mangas zu nahezu allen Themen.Beliebt und auch in Deutschland zu haben, sind Mangas, die sich mitden zwischenmenschlichen Problemen von Teenagern oder den Erfahrungenjunger Mädchen beschäftigen.

Während herkömmliche Comics wie «Batman» oder «Asterix» vor allemvon Jungen verschlungen werden, haben in der Welt der Mangas eherMädchen und Frauen wie Judith Park die Oberhand. Sie machen sowohleinen Großteil der Leserschaft als auch der Mangakas aus. «Das merktman bei den Zeichenwettbewerben und an Leserbriefen», so Judith Park.So gibt es Mangas speziell für Jungen und für Mädchen: eherromantische Shojo-Mangas für die Mädchen und actionreicheShonen-Mangas für die Jungen.

In Deutschland werden Mangas vor allem von Teenagern gelesen. Doches wächst auch die Zahl der jungen Erwachsenen, die sich für Akira &Co. interessieren. Dabei dreht es sich nicht mehr allein um Bücherund Hefte. «Es gibt auch viel Merchandising rund um Manga», sagtKolos von psycko-manga. Da werden zum Beispiel bei eBay kleineFiguren oder teure Artbooks gehandelt. Und dann gibt es nochbesonders eifrige Fans: «Die lernen Japanisch.»

Auch bei Judith Park haben Mangas ein gewisses Interesse an Japangeweckt. Neugieriger ist sie jedoch auf Korea, von wo ihre Elternstammen. «Dort heißen Mangas Manwas, und man ließt sie von vorne nachhinten.»