Gourmet-Küche Gourmet-Küche: Der Preis der Sterne
Halle (Saale)/MZ. - Claus-Peter Lumpp sieht mit Spannung dem kommenden Freitag entgegen. An diesem Tag erfährt er, ob er seinen dritten Stern behält. Als Küchenchef im "Restaurant Bareiss" im gleichnamigen Hotel in Baiersbronn gehört er zu den besten Köchen der Welt. Nur 71 von ihnen dürfen sich mit drei Michelin-Sternen schmücken, neun sind es in Deutschland.
Lumpp hat fünfzehn Jahre gebraucht, um sich von zwei auf drei Sterne hoch zu kochen. Seit November 2007 ist der 47-Jährige im Koch-Olymp angekommen. Der Umsatz im Nobel-Restaurant machte danach noch mal einen Sprung nach oben. Denn mit dem dritten Stern wird auf den Tellern alles nicht nur noch perfekter , sondern auch teurer.
Wer bei Lumpp diniert, weiß, worauf er sich einlässt. Das "Restaurant Bareiss" ist kein Ort, wo man eben mal so essen geht. Wer hierher kommt, für den ist das Essen auf allerhöchstem Niveau wichtiger Teil seiner Lebensphilosophie. Dafür gibt er überdurchschnittlich viel Geld aus. Lumpps Küche ist für viele Gäste die Küche für die besonderen Anlässe im Leben.
Die Preise in Drei-Sterne-Speisekarten haben in aller Welt eine Höhe, die irritierend wirkt auf Menschen, die mit den Qualitäten solcher Gourmet-Restaurants nicht vertraut sind.
Der Lammrücken kostet z.B. bei Lumpp 68 Euro, das Ochsenfilet 62. Wer als Zwischengericht Bretonischen Hummer bestellt, zahlt 56 Euro. Schokoladenkuchen mit allerlei Leckereien drumherum steht mit 35 Euro in der Karte. Er hat mit einem "Kuchen" freilich nichts gemein, sondern ist, auf sechs Tellerchen angerichtet und serviert, eigentlich ein Schokoladen-Dessert-Menü. Wer Claus-Peter Lumpps Kreationen lieber als komplettes Ensemble mag, zahlt für ein Acht-Gang-Menü 189 Euro pro Person.
In Mitteldeutschland hat der Gast keine Gelegenheit, so viel Geld für gutes Essen auszugeben. Von den 237 Sterne-Restaurants in Deutschland, sind in Ostdeutschland (ohne Berlin) 16 Sterne-Lokale zu finden, eins davon in Sachsen-Anhalt: In der "Forellenstube" Ilsenburg trägt Küchenchef Axel Kammerl einen Stern. Warum ist es eigentlich so teuer in einem Sterne-Restaurant? Claus-Peter Lumpp: "Der Preis entsteht vor allem durch die extrem hohe Qualität der Produkte, die wir einkaufen. Die könnte man niemals im Laden verkaufen, das würde keiner bezahlen".
Lumpp macht das am Steinbutt plausibel, der bei ihm für 68 Euro in der Karte steht. Keine zwei Tage lägen zwischen dem Fang und der Anlandung in der Bareiss-Küche. Jedes Exemplar sei so, wie es aus dem Meer kam, wurde nicht gequetscht in engen, tonnenschweren Netzen der Massenfischerei. "Unser Steinbutt wird mit Schnurangeln in der Biskaya gefischt, das ist sehr teuer wegen des enormen Aufwandes, aber nur so bekomme ich jene Top-Qualität, ohne die ich nie im Sterne-Bereich kochen könnte." Fünfzig Euro könne das Kilo Steinbutt kosten. "Für 10 Portionen kaufen wir etwa für 600 Euro Steinbutt, Materialeinsatz also 60 Euro pro Portion. In der Karte steht der Steinbutt dann für 68 Euro - ohne das Drumherum auf dem Teller, ohne dass Energiekosten und Arbeitslohn der Küchenmitarbeiter drin sind."
Lumpp schwört darauf, genau zu wissen, wo sein Fisch geangelt wird, wer sein Lamm in der schwäbischen Heidelandschaft aufzieht. Er kennt die Züchter, die in Irland die Ochsen fürs Filet mästen genauso wie die Bauern, die das Biogemüse aus der Region liefern. "Alles was billig ist, ist es meistens auch". Dies sei nicht arrogant gemeint, das seien seine jahrelangen Erfahrungen. Spitzenqualität beim Fleisch brauche Zeit zum Wachsen, keinen Stress im Stall und auf der Weide, "da kommt ganz anderes Fleisch raus, ganz anderes Aroma.
Der Aufwand der Bauern ist dafür extrem hoch, das kostet, und dieser Preis kommt natürlich irgendwann auch in der Küche und im Restaurant an." Und etwas schmunzelnd fügt er hinzu: "Glauben Sie mir, man merkt dem Fleisch an, ob der Züchter seine Tiere liebt. "
Ob sich das rechnet mit dem teuren Einkauf und den hohen Preisen, darüber reden die Inhaber von Sterne-Lokalen nicht so gern. Meist steht im Hintergrund noch etwas, was den kulinarischen Luxus kaufmännisch absichert. Oft ist das, wie im Falle des Restaurant Bareiss, ein Hotel, das Bareiss.
In den Sterne-Preisen stecken aber auch all jene Extras drin, die dem Gast - wie Lumpp es sagt - als "Zusatznutzen" geboten werden, auch wenn sie nicht auf der Karte stehen. Das können mitunter bis zu acht Kleinigkeiten sein, wie etwa der Gruß aus der Küche. Aber dazu zählen auch viele verschiedene Brotsorten, alles täglich frisch im Haus gebacken. Im Menüpreis sind am Ende die Pralinen, die als Zugabe auf den Tisch kommen, genauso verrechnet wie das Angebot aus dem üppigen Dessertwagen mit feinster Pâtisserie. Und wenn im Restaurant Bareiss der Käsewagen anrollt, sind 70 Sorten drauf.
Und wo Top-Qualität verarbeitet wird, braucht es natürlich auch Top-Personal. 17 Mitarbeiter sorgen sich in Küche und Service im Durchschnitt um 30 Gäste im Restaurant. Wer im Sterne-Restaurant kocht oder serviert, gehört zur Spitze in der Branche, auch das hat seinen Preis. Es ist ein Karriere-Sprungbrett, wenn ein junger Koch sagen kann, er habe bei Lumpp gekocht und erlebt, wie drei Sterne ein ganzes Team täglich neu inspirieren und motivieren können.
Wie es dabei so zugeht, kann man jetzt in zwei aufwendigen Bildbänden, die nächste Woche erscheinen, sehen. Was man im Buch nicht erfährt, ist, wer bei Lumpps zu Hause kocht. Höchstens ein Mal die Woche, so Claus-Peter Lumpp, stehe er daheim am Herd. Kalbssteak mit Biokarotten gab es neulich. Ganz ohne Sterne. Aber von seiner Frau mit viel Liebe gekocht.