Wissenschaft Wissenschaft: Neue Medikamente können Rheuma stoppen
Wiesbaden/dpa. - NeueMedikamente eröffnen jetzt an entzündlichem Rheuma - rheumatoiderArthritis - leidenden Patienten bessere Behandlungschancen.
Entzündliche Arthritis wird nach Erkenntnissen der Mediziner durchein aus der Bahn geratenes Immunsystem ausgelöst. «Zellen wenden sichplötzlich gegen den Körper. Das führt zu Entzündungen», erläutert diePräsidentin der deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh),Elisabeth Märker-Hermann aus Wiesbaden. Knorpel und Knochen werdenangegriffen, deutlich erkennbar an den deformierten Gelenken.
Den aggressiven Zellen rücken neue Immuntherapeutika zu Leibe,sagt Märker-Hermann. Zu dieser Wirkstoffgruppe gehört das seit 2006für den deutschen Markt zugelassene Rituximab. Die Substanz bremstB-Zellen genannte weiße Blutkörperchen. In den USA gibt es bereitsein Mittel, das gegen Oberflächenmoleküle auf den ebenfallsEntzündungen verursachenden T-Zellen wirkt. Märker-Hermann setztgroße Hoffnungen in solche Präparate: Sie seien «prinzipiell in derLage, die Krankheit zu stoppen» und Schmerzen zu lindern.
Den Patienten bringen die Arzneimittel einen weiteren Vorteil: Siehaben nach bisherigen Erkenntnissen weniger Nebenwirkungen alsherkömmliche Wirkstoffe. Andererseits schwächt der Eingriff in dasImmunsystem generell die körpereigene Abwehr; das Infektionsrisikosteigt. Deshalb sind die neuen Medikamente nicht für jeden geeignet.
Vielen Kranken helfen auch TNF-Alpha-Blocker. Sie hemmen denBotenstoff TNF-Alpha und funktionieren ähnlich wie die neuenWirkstoffe. Sie können unter bestimmten Voraussetzung auch bei schwerrheumakranken Kindern angewandt werden. Erfolgreich eingesetzt werdezum Beispiel der TNF-Alpha-Blocker Etanercept, sagt Gisela Westhoffvom Deutschen Rheumaforschungszentrum in Berlin.
Bundesweit gibt es etwas neun Millionen Rheumakranke, 800 000 vonihnen leiden an rheumatoider Arthritis. Bisher bekommen knapp sechsProzent dieser Patienten neue, aber teure Substanzen. Eine Behandlungkostet um die 20 000 Euro pro Jahr, eine herkömmliche Therapie imgünstigsten Fall einige Hundert Euro.
Die Hürden für eine Therapie mit den Neuentwicklungen liegt hoch.Die Deutsche Rheuma-Liga in Bonn macht darauf aufmerksam, dass vorBeginn einer solchen Behandlung «mindestens zwei konventionellebasistherapeutische Medikamente ausprobiert worden sein» müssen.«Dann folgen TNF-Alpha-Blocker, erst am Ende steht Rituximab», sagtdie Geschäftsführerin der Patientenorganisation, Ursula Faubel.
Doch häufig hapert es schon bei der Diagnose. Die vielfältigenAusprägungen des Rheumas erschweren die richtige Bestimmung. Eingroßer Teil der Rheumakranken bekomme nicht einmal eine Basistherapiemit erprobten Mitteln, klagt Faubel. Zu den Klassikern derRheumaherapie gehören Kortison, Methotrexat und Goldpräparate.
Spezialisierte Rheumatologen sind rar. Patienten müssen oft langeWartezeiten in Kauf nehmen. Je eher die Diagnose jedoch gestelltwird, desto besser sind die Chancen, die Entzündung zu stoppen.