So weit die Füße tragen So weit die Füße tragen: Tipps für Marathon-Debütanten
Hamburg/Titisee-Neustadt/dpa. - Marathon ist in. Obgleich ein Klassiker im Sport, ist die Zahl der Läufe und Läufer in den vergangenen Jahren rasant gestiegen. Es vergeht kaum ein Wochenende, an dem nicht irgendwo in Deutschland ein Marathon veranstaltet wird. Bei den kleinsten Rennen sind es weniger als 100 Teilnehmer, der Berlin-Marathon lockte in diesem Jahr rund 32 000 Sportler auf die Straße - darunter auch viele Einsteiger. Dabei gilt für Anfänger wie für alte Hasen: Wer im Frühjahr dabei sein will, muss auch im Winter trainieren. Mindestens sechs Monate vor dem Start sollte die gezielte Marathon-Vorbereitung beginnen.
«Ein Marathonlauf ist kein Sonntagsspaziergang», mahnt Herbert Steffny, Dritter bei der Leichtathletik-EM 1986. Neben einer unrealistischen Zielsetzung sei schlechte Vorbereitung der häufigste Grund für den Abbruch des Wettkampfes, so der Biologe, der in Titisee-Neustadt Laufseminare anbietet.
Die meisten Läufer allerdings bewältigen die 42,195 Kilometer bereits beim ersten Mal: 80 Prozent der Debütanten kommen durch, schätzt Steffny, mit dessen Hilfe auch Joschka Fischer zum Marathon-Mann wurde. Die Weltbestzeit liegt derzeit bei 2:04,55 Stunden. Einsteiger können froh sein, wenn sie unter fünf Stunden bleiben.
«Man sollte bereits zwei Jahre regelmäßig gelaufen sein, bevor man mit dem Marathon-Training beginnt», sagt Marion Krispin, Geschäftsführerin des Laufladens und Sportlertreffs «Laufwerk» in Hamburg. Von einem allzu schnellen Einstieg in die Königsdisziplin der Langläufer - nach dem Motto «von 0 auf 42 Kilometer» - hält Trainerin Krispin nichts: «Die Gefahr, dass Bänder, Sehnen und Gelenke überlastet werden, ist zu groß.»
Während die Muskeln sich den neuen Belastungen schnell anpassen, brauchen Knochen und Gelenke dazu teilweise Jahre, erklärt Steffny. Und nicht jeder ist für einen Marathon geeignet: «Wer zum Beispiel stark übergewichtig ist, schädigt seine Gelenke durch das Training zusätzlich», warnt Professor Klaus Baum, Dozent an der Deutschen Sporthochschule Köln und Leiter eines Unternehmens, das Marathonläufer vorbereitet. Unabhängig vom Alter empfiehlt er jedem Einsteiger, zunächst zum Arzt zu gehen, um prüfen zu lassen, ob der Körper die Belastungen verkraftet.
Wichtig für Läufer seien auch passende Schuhe: «Dabei kommt es auf eine gute Beratung an», so Baum. Nicht die Marke zählt, sondern wie der Schuh sitzt und ob er zum Beispiel ausreichend Dämpfung bietet. Läufer sollten mindestens zwei Paar abwechselnd benutzen, weil durch die verschiedene Machart der Schuhe eine einseitige Belastung der Füße verhindert werde.
Mit gezieltem Marathon-Training muss spätestens ein halbes Jahr vor dem Startschuss begonnen werden. In den ersten beiden Monaten reichen drei Übungseinheiten pro Woche. «Außerdem ist es ratsam, vor dem Marathon noch an ein oder zwei Volksläufen teilzunehmen, um Wettkampfluft zu schnuppern», so Krispin. Dabei sei es auch wichtig, das eigene Tempo zu finden. «Einsteiger machen sonst beim Marathon oft den Fehler, das Tempo der anderen Teilnehmer mitlaufen zu wollen.»
Wer etwa im April einen Marathon laufen möchte, muss von Januar an drei- bis viermal wöchentlich trainieren. Mindestens eine Einheit davon sollte ein so genannter Sauerstofflauf sein. Bei diesen zwei- bis dreistündigen Läufen wird die Fettverbrennung trainiert. Diese ist beim Marathon wichtig, um nicht einzubrechen und den Lauf aufgeben zu müssen. Ungefähr bis Kilometer 30 zieht der Körper die Energie aus den Kohlenhydratreserven, danach ist er von der Fettverbrennung abhängig.
Das Tempo ist langsam. Selbst Topathleten laufen laut Steffny 95 Prozent des Trainings im «grünen Bereich»: also so, dass man sich unterhalten kann. «Marathon-Vorbereitung ist vor allem Kilometer sammeln.» Fast automatisch wird der Sportler dann schneller.
Nach dem Laufen ist Erholung angesagt: ausreichend Schlaf, von Zeit zu Zeit eine Massage und nach anstrengenden Einheiten ein warmes Bad. Die Ernährung sollte der körperlichen Belastung angepasst werden. «Es zählt der gesunde Menschenverstand», so Steffny: wenig Fett und viel Kohlenhydrate, beispielsweise aus Kartoffeln und Nudeln. «Meeresfisch und Soja-Produkte gehören ebenfalls auf den Speiseplan», rät Marion Krispin. Auch müsse viel getrunken werden.
Einsteigern rät Lauftrainer Steffny, einen gut organisierten Stadt-Marathon mittlerer Größe mit flachem Streckenprofil zu wählen: Bei den ganz großen Läufen bestehe die Gefahr, im «Gewühle» seinen eigenen Rhythmus nicht zu finden. Anbieter von Trainings- und Laufseminaren schicken oft auch Tempomacher mit auf die Strecke. An deren Fersen können sich die Einsteiger heften, um die geplante Zeit einzuhalten und das Rennen erfolgreich zu beenden.
Nach dem Marathon ist eine etwa vierwöchige Pause angesagt. In dieser Zeit sollten nur wenige leichte Läufe absolviert werden. Laut Sportwissenschaftler Baum kann man auch einfach gar nichts machen. «Ich rate, auf Kopf und Bauch zu hören. Erst wenn beide "ja" sagen, sollte wieder mit dem Training begonnen werden.» Zwar gebe es Extremsportler, die jede Woche an einem Marathon teilnehmen, für Breitensportler seien zwei Wettkämpfe pro Jahr aber genug - einer im Frühjahr und einer im Herbst.