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Interview Interview: Spritze gegen Allergie

30.04.2006, 20:43

Halle/MZ. - Herr Dr. Lässig, warum liegt Ihnen und anderen Ärzten überhaupt eine Leitlinie am Herzen?

Lässig: Weil eine Leitlinie eine verlässliche Handreichung für den Arzt darstellt und der Qualitätssicherung in Diagnostik und Therapie dient.

Warum sind Leitlinien nötig?

Lässig: Derartige Anleitungen sind nötig, weil für den einzelnen Arzt die Vielzahl medizinischer Fachliteratur nicht mehr überschaubar ist. Außerdem existieren oft voneinander abweichende Empfehlungen. Das macht es Ärzten nicht leicht, immer auf dem neuesten, wissenschaftlich exakten Stand zu bleiben. Bei der Erarbeitung einer Leitlinie wird die medizinische Fachliteratur umfassend gesichtet und bewertet und nur das empfohlen, was wissenschaftlich exakt gesichert ist.

Was ist das Besondere an der neuen Immuntherapie-Leitlinie?

Lässig: Die jetzt vorliegende Leitlinie stellt insofern eine Besonderheit dar, als dass sie von allen Facharztgruppen (HNO-Ärzten, Hautärzten, Lungenärzten und Kinderärzten), die die spezifische Immuntherapie durchführen, gemeinsam erarbeitet wurde und somit umfassender Konsens besteht. Diese Einigkeit ist generell außerordentlich wünschenswert, aber oft schwer erreichbar.

In welcher Hinsicht sind sich die beteiligten Ärzte einig geworden?

Lässig: Dass die spezifische Immuntherapie, auch als Hyposensibilisierung oder "Allergie-Impfung" bekannt, die einzige kausale, das heißt die an den Ursachen angreifende Therapie gegen Allergien darstellt. Empfohlen wird sie bei gesicherten Atemwegsallergien (Heuschnupfen, Asthma) und Bienen- bzw. Wespengiftallergie. Im Kindesalter ist sie besonders gut wirksam und kann eine Zunahme der Allergien sowie die Weiterentwicklung eines Heuschnupfens in ein Asthma bronchiale verhindern.

Wie erfolgt die Immuntherapie?

Lässig: Dem Patienten werden Extrakte der entsprechenden Allergene in ansteigender Dosierung unter die Haut gespritzt. Nach Erreichen der Enddosis wird die Injektion alle vier Wochen über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren fortgeführt.

In welcher Jahreszeit wird die Al- lergie-Impfung empfohlen?

Lässig: Theoretisch kann damit zu jeder Jahreszeit angefangen werden. Es hat sich aber bewährt, die Behandlung von Allergien, die saisonal auftreten (zum Beispiel Heuschnupfen) außerhalb der Pollenzeit, also im Herbst oder im Winter, zu beginnen.

Stimmt es, dass es Alternativen zu der Spritze gibt?

Lässig: Eine wichtige Alternative ist die Karenz, also das Meiden des Allergenkontaktes, zum Beispiel bei einer Katzenallergie. Eine weitere Möglichkeit besteht in der Gabe von Allergentropfen unter die Zunge. Diese Methode ist relativ weit verbreitet, obwohl sie nur bei allergischem Schnupfen, der durch Pollen verursacht wird, und auch nur im Erwachsenenalter wissenschaftlich ausreichend gesichert ist. Bei Kindern und anderen Allergieformen wie Asthma, oder bei anderen Auslösern (Milben, Schimmelpilze) wird sie derzeit nicht empfohlen.

Werden die Plagen von Allergikern dieses Frühjahr geringer sein als nach einem milden Winter?

Lässig: Generell hängt die Pollenbelastung nicht nur von der Länge und Strenge des Winters ab, sondern vielmehr von den örtlichen Bedingungen - vom Birkenhain vor dem Haus, vom Roggenfeld vor der Tür, so dass der lange Winter diesen Jahres nicht unbedingt ein Vorteil für Allergiker sein muss. Allerdings ist mit einer verkürzten Blühzeit zumindest von Bäumen, zum Beispiel der Birke, zu rechnen. Damit würde sich die Zeit der Plage verkürzen.

Mehr im Internet unter

www.patientenleitlinie.de