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Die Lehre von Samuel Hahnemann Die Lehre von Samuel Hahnemann: Homöopathie bleibt eine Glaubensfrage

Von Thomas Kärst 10.05.2005, 11:58

Bonn/Berlin/dpa. - Befürworter preisen die Erfolge der bis zur Flüchtigkeit verdünnten Wirkstoffe. Gegner prangern sie als Scharlatanerie und Pseudoheilkunde an. Über kaum eine alternative Heilmethode wird so vehement diskutiert wie über die Homöopathie.

«Unser Nachweis sind schlicht und einfach die Patienten», sagt der Münchner homöopathische Arzt Wolfgang Springer. «Das System hat sich 200 Jahre lang gehalten und weltweit ausgebreitet. Das wäre nicht passiert, wenn es keine Effekte gäbe.»

Springer ist Präsident des Homöopathischen Weltärztekongresses, der unter der Schirmherrschaft von Kanzlergattin Doris Schröder-Köpf in Berlin tagt. Die Begeisterung der Deutschen für die schwach dosierten Arzneien scheint ungebrochen. «In den Achtzigern brachten die Mütter ihre Kinder. Dann kamen die Frauen allein. Mittlerweile sind auch die Männer da», sagt Springer.

Während das schulmedizinische System Diagnosen häufig nach fünf Minuten stellt, nehmen sich Homöopathen zumindest im Erstgespräch rund zwei Stunden Zeit für ihren Patienten. Spektakuläre Erfolge sagt man der Methode vor allem bei der Behandlung chronischer Leiden wie Heuschnupfen, Neurodermitis, Migräne und Schlafstörungen nach. «Bei Studien unseres Instituts besserten sich die Symptome solcher Krankheiten bei homöopathischer Behandlung innerhalb weniger Wochen um die Hälfte», sagt Stefan Willich vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Berliner Universitätsklinik Charité. «99 Prozent der Patienten waren Chroniker, die schon seit zehn Jahren oder mehr litten.»

Für Springer reichen die Möglichkeiten noch deutlich weiter: «Bis zu 80 Prozent der hausärztlichen Grundversorgung lassen sich homöopathisch leisten.» Oft biete die Methode Ansatzmöglichkeiten, wo die Schulmedizin versage.

Kritiker wie Jürgen Windeler vom Medizinischen Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen in Essen sehen das allerdings ganz anders. «Die Fachwelt hat die Methode nie akzeptiert und das ändert sich auch nicht.» Es gebe mittlerweile mehr als 100 Studien zur Wirkung homöopathischer Mittel, aber keinen einzigen überzeugenden Beweis. «Damit ist der Fall für mich erledigt.»

Ohnehin ist schwer nachzuvollziehen, wie die Heilmittel überhaupt wirken sollen: Die Substanzen werden so hoch verdünnt, dass oft kein einziges Molekül des Wirkstoffs mehr enthalten ist. Homöopathen verweisen auf eine Studie des Schweizer Chemikers Louis Rey, der zufolge Wasser ein «Gedächtnis» für zuvor enthaltene Moleküle hat. Allerdings mit nur wenigen Milliardstel Sekunden kein besonders langlebiges.

Der Mangel an Wirksamkeitsbeweisen ist nicht der einzige Kritikpunkt der Gegner. Wer auch bei schweren Infektionskrankheiten auf die Homöopathie setze, könne das mit seinem Leben bezahlen, sagt Windeler. «Die meisten homöopathischen Ärzte kennen ihre Grenzen. Aber es gibt auch schwarze Schafe.»

Die Frage, ob Homöopathie eine Irrlehre ist, ist so alt wie die Methode selbst. Schon der vor 250 Jahren in Meißen geborene Begründer Samuel Hahnemann hatte mit Anfeindungen zu kämpfen, als er 1796 die Homöopathie schuf und die Lehre 1810 im «Organon der rationellen Heilkunst» darlegte.

In Deutschland gibt es heute rund 5000 Homöopathen. Willich plädiert dafür, sie als berechtigten Teil der medizinischen Versorgung zu sehen. «Wie es wirkt, ist eine interessante Frage, aber letztlich nicht relevant», sagt der Mediziner. «Wenn ein Patient gesund wird, ist mir erst mal herzlich egal, warum das so ist.»