Bewegen ohne zu belasten - Die Gelenke vor Arthrose schützen
Hamburg/Bad Nenndorf/dpa. - Völlig unbemerkt schlummert sie oft über Jahre in den Gelenken - bis die ersten Bewegungen am Morgen Schmerzen verursachen. Sie können ein Anzeichen von Arthrose sein - wie auch Schwellungen und Hitzegefühle im Gelenk.
Patentrezepte zur Vorbeugung gegen die Verschleißerkrankung gibt es keine. Ratsam ist aber Bewegung, die die Gelenke möglichst wenig belastet. Und auch weiche Schuhe helfen, die Knorpel zu entlasten.
«Man kann der Arthrose kaum vorbeugen. Denn meist vergehen viele Jahre, bevor ein Knorpelschaden diagnostiziert werden kann», sagt Prof. Wolfgang Rüther, Direktor der Orthopädie in der Rheumaklinik Bad Bramstedt bei Hamburg. Dabei hat eine Arthrose eine lange Entwicklungsgeschichte: In den Gelenken treffen die Knochen direkt aufeinander. Damit sie sich ohne Widerstände gegeneinander bewegen können, bildet der Gelenkknorpel, der die Knochen im Gelenk überzieht, einen Puffer. Und weil der Knorpel nicht über Blutgefäße versorgt wird, erzeugt die Gelenkinnenhaut eine Flüssigkeit. «Sie umspült den Knorpel, und durch die Bewegung des Gelenks werden Nährstoffe einmassiert.»
«Beim Zusammendrücken des Knorpels nimmt dieser die Flüssigkeit wie ein Schwamm auf und gibt sie dann wieder ab», erläutert Wolfgang Brückle, Rheumatologe aus Bad Nenndorf bei Hannover und Mitglied der Deutschen Rheuma-Liga. «So werden die Nährstoffe ins Gelenk gebracht und die Schlackestoffe wieder rausgewalzt», fügt Rüther hinzu. Auf diesem Weg regeneriert sich der Knorpel regelmäßig. Wird das Gelenk aber nicht ausreichend bewegt, sterben Knorpelzellen ab und setzen chemische Stoffe frei, die den Knorpel aufweichen.
«Weil die Gründe für eine Arthrose vielfältig und frühe Stadien nicht erkennbar sind, kann man der Krankheit nicht vorbeugen», sagt Rüther. «Aber es schadet nicht, das Normalgewicht zu halten, um den Druck auf den Knorpel in den unteren Extremitäten zu verringern», sagt Markus Schöfer, Orthopäde an der Klinik für Orthopädie und Rheumatologie in Marburg. Er rät zudem von übertriebenen oder einseitigen sportlichen Belastungen ab: «Die Devise lautet: Viel bewegen, aber wenig belasten.»
«Eine halbe Stunde tägliche harmonische Bewegung - Spazieren, Schwimmen oder ein wenig Radfahren - reicht schon. Man muss dafür nicht ins Fitness-Studio gehen», sagt Wolfgang Brückle. Er empfiehlt außerdem weiche Schuhe für den Alltag: Harte Ledersohlen oder Stöckelschuhe bringen keine Dämpfung für die Gelenke. Und Rauchen oder übermäßiger Alkoholkonsum können sich negativ auf die Durchblutung des Knochens und damit indirekt auf die Gelenkflüssigkeit auswirken, fügt Schöfer hinzu.
Besonders wichtig bei beginnender Arthrose sei es, die Muskulatur zu stärken. «Analog zur Rückenschule gibt es Knieschulen. Dort werden Übungen zum dosierten Muskelaufbau so vermittelt, dass man sie zu Hause alleine nachmachen kann», sagt Prof. Joachim Grifka, Vorsitzender der Arthrose Liga in Bad Abbach bei Regensburg.
Die gestärkten Muskeln geben dem Gelenk nicht nur Halt. Sie sorgen auch für die Koordination der Leistung. «Allein im Knie muss ein Dutzend Muskeln richtig geführt werden. Sonst unterstützt eine falsche Koordination die Arthrose noch», sagt Wolfgang Rüther. Dagegen halten die Experten nichts von Nahrungsergänzungsprodukten aus dem Drogeriemarkt: «Hier wird den Patienten das Geld aus der Tasche gezogen», sagt Grifka. «Belege für eine Wirkung gibt es nicht.»
Die vier Phasen: Schleichender Verschleiß im Gelenk
Der Verschleiß eines Gelenkknorpels geht in vier Phasen vonstatten: «Die erste Stufe ist die Erweichung des Knorpels, die zweite die Auffaserung und der Abrieb der Knorpeloberfläche», erklärt Prof. Joachim Grifka, Vorsitzender der Arthrose Liga in Bad Abbach bei Regensburg. Abgestorbener Knorpel im Gelenk wirkt wie Sand im Getriebe - und eines Tages reiben die Knochen direkt aufeinander. «In der dritten Stufe zerklüftet der Knorpel, und zuletzt kommt es zum völligen Aufbrauch der Knorpelschicht.»
Es kann aber auch umgekehrt ablaufen: Der Knorpel wird dann durch starke Belastung geschädigt und zerstörte Zellen lösen den Abreibprozess aus. Experten sprechen in diesem Fall von einer sekundären Arthrose - sie wird zum Beispiel durch einen Unfall ausgelöst. «Auch eine entzündliche rheumatische Erkrankung oder eine andere, die Gelenke angreifende Krankheit wie Gicht kann verantwortlich sein», sagt Wolfgang Brückle von der Deutschen Rheuma-Liga in Bonn. Ebenso könne eine Fehlbelastung durch O-Beine das Abreiben hervorrufen.
Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V.: www.rheuma-liga.de
Arthrose Liga e.V.: www.arthroseliga.de